Veränderungen in der Kontrolle und Vermittlung zwischen Top-down- und Bottom- up-Prozessen in der sensorischen Reizverarbeitung sind ebenso wie Disruptionen im dopaminergen System zentrale Bestandteile der Pathogenesemodelle der Schizophrenie und der bipolaren affektiven Störung. Ziel der vorliegenden Publikationsdissertation ist es, in Gesunden einen Zusammenhang zwischen visuellen Wahrnehmungsprozessen mit genetisch bedingten Veränderungen in der dopaminergen Neurotransmission nachzuweisen und Implikationen für die jeweiligen Pathogenesemodelle abzuleiten. In einer ersten Arbeit wurde in Gesunden ein Haplotyp der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) untersucht, der mit einer 11-25-fachen Steigerung des Dopaminspiegels einhergeht, und er wurde mit der Tendenz zu wahnhaften Überzeugungen sowie dem Effekt von Top-down- Prädiktionen auf visuelle Wahrnehmung in Zusammenhang gesetzt. Dabei zeigte sich, dass der COMT-Haplotyp mit dem höchsten resultierenden synaptischen Dopaminspiegel mit einer höheren Tendenz zu unbegründeten, wahnhaften Überzeugungen sowie mit einem stärkeren Einfluss von Vorhersagen auf Wahrnehmung einher ging und dass der Zusammenhang von Genetik und Wahn durch den Einfluss von Vorhersagen auf Wahrnehmung moduliert wird. In einer zweiten Arbeit wurde mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) untersucht a) welche neuronalen Prozesse diese Top-down-Vorhersagen auf Wahrnehmung vermitteln und b) welche Rolle die Neigung zu wahnhaften Überzeugungen dabei spielt. Wahnhafte Überzeugungen gingen mit verringerter perzeptueller Stabilität und einem verstärkten Einfluss von kognitiven Erwartungen auf Wahrnehmung einher, der sich in verstärkter präfrontaler Top-down-Modulation in primären visuellen Hirnregionen widerspiegelte. In einer dritten Arbeit wurden zwei Dopamin-assoziierte Kandidatengene der bipolaren Störung, der Dopamine active transporter (DAT-1) und der Dopaminrezeptor D4 (DRD4), auf einen Zusammenhang mit einem für die Erkrankung typischen Wahrnehmungsmerkmal überprüft. Eine Genvariante in DRD-4, jedoch keine der untersuchten DAT-1-Varianten, war mit diesem Wahrnehmungsmerkmal assoziiert. Die vorliegenden Arbeiten tragen auf mehreren methodischen Ebenen (Genetik, fMRT, Selbstbewertung, visuelle Experimente) zum Theoriemodell des Wahns, einem Hauptsymptom der Schizophrenie, als Folge fehlerhafter Vorhersagen sowie zum Endophänotypenmodell der bipolaren affektiven Störung bei. Sie gehören zu den ersten Arbeiten, die Dopamin-assoziierte genetische Marker für visuelle Wahrnehmungsmerkmale etablieren.
Aberrations in the control and mediation of top-down- and bottom-up-processes in sensory processing, as well as disruptions in the dopamine (DA) system are central features of recent theories on the emergence and persistence of both schizophrenia and bipolar disorder (BPD). The aim of the present dissertation is to show a relationship between visual perception and genetically determined aberrations in the dopaminergic system and to derive implications for the respective aetiological models. In the first study, a haplotype of Catechol-O-methyl transferase (COMT), which leads to an up to 11-25-fold increase in synaptic dopamine levels, was examined in healthy participants. Its relationship with the tendency toward unfounded, delusional beliefs and with the effect of top-down-predictions on visual perception was examined. It was shown that the COMT haplotype associated with the highest synaptic DA- levels was associated with an increased tendency toward unfounded beliefs and with a stronger influence of predictions on perception. Notably, the correlation of the haplotype with the tendency toward delusional convictions was statistically mediated by the effect of predictions on visual perception. In the second study, the neural processes that mediate top-down-predictions on visual perception and the role of the tendency toward unfounded beliefs in this process were examined using functional magnetic resonance imaging (fMRI). It was shown that delusional convictions are associated with attenuated perceptual stability and an increased effect of cognitive predictions on visual perception which reflected in increased prefrontal top-down modulation in primary visual areas. In the third study, two BPD candidate-genes from the dopamine system, namely dopamine active transporter (DAT-1) and dopamine receptor D4 (DRD4) were analysed and their relationship with a disease- specific visual perception trait was examined. It was shown that a genetic variant in DRD-4 (but none of the examined variants in DAT-1) is linked to this perceptual trait. The present studies add, along several methodological lines (genetics, fMRI, self-rating, visual experiments), to the aetiological model of delusions (as the consequence of erroneous predictions) and to the endophenotype of BPD. Crucially, the present studies are among the first that associate dopamine genetics with characteristic traits in visual perception.