Hintergrund: Das Corvis ST der Firma Oculus misst kontaktlos mittels eines Luftstoßes und unter Verwendung der Scheimpflug-Technologie Parameter der Hornhautverformung, die Rückschlüsse auf die individuelle Biomechanik der Hornhaut zulassen. Aufgabenstellung: Aufgabe der vorliegenden Arbeit war es, Parameter zu identifizieren, die auf das Vorliegen einer Glaukomerkrankung hindeuten, bevor Spätfolgen der Erkrankung eingetreten sind. Auch sollte untersucht werden, ob bestimmte Parameter einen schwereren Verlauf einer Glaukomerkrankung vorhersagen lassen, um Personen zu identifizieren, die eine besondere Therapiekontrolle und Therapieeskalation benötigen. Material, Methoden: Die vorliegende Studie wurde als retrospektive monozentrische Studie geplant. Es wurden Corvis ST-Messdaten ausgewertet, die tabellarisch um weitere klinische Angaben ergänzt wurden. Statistische Methoden: Die Daten wurden in SPSS überführt und statistisch ausgewertet. Auswertbar waren 847 Datensätze. Pro Proband wurde ein Auge für die Auswertung randomisiert. Für die Analyse wurden nur drei Untergruppen herangezogen, die eine auswertbar hohe Anzahl an Datensätzen aufzeigten (= PCOWG, NDG, Gesunde). Es erfolgte eine Altersanpassung. Die verbliebenen Datensätze wurden mittels einer linearen multiplen Regressionsanalyse ausgewertet. Um die Variablen zu untersuchen, die tatsächlich einen direkten Einfluss haben, wurde noch eine schrittweise lineare multiple Regressionsanalyse angeschlossen. Die Analyse mit der abhängigen Variable MD wurde für die Corvis-Parameter, das Geschlecht und die ophthalmologischen Parameter Refraktion, IOD, Pachymetrie, PSD und CDR und drei definierte Allgemeinerkrankungen (=Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, Hyperlipidämie) durchgeführt. Im Anschluss wurden ROC-Kurven für alle Variablen für das PCOWG und das NDG berechnet. Für die bei den Regressionsanalysen zusammenhängende Variable (Appl1-Length) wurde eine Korrelation nach Pearson berechnet, um herauszufinden, ob ein linearer Zusammenhang zwischen der Variable und der Tiefe des Gesichtsfeldschadens (MD bzw. PSD) besteht. Ergebnisse: Es zeigte sich ein hoher Einfluss des biomechanischen Parameters Appl1-Length auf die Progression des Glaukomschadens vor allem beim Normaldruckglaukom. Die erhaltenen Regressionsformeln können nach weiteren diesbezüglichen Untersuchungen in der klinischen Anwendung genutzt werden, um prädiktiv die Tiefe des Glaukomschadens zu ermitteln und ggfs. mittels Therapieoptimierung und –eskalation tiefere Folgeschäden der glaukomatösen Optikusatrophie zu minimieren. Es zeigte sich kein Einfluss der untersuchten Allgemeinerkrankungen. Ein direkter Zusammenhang von Appl1-Length zur Erkrankung PCOWG und NDG konnte nicht hergestellt werden. Ein linearer Zusammenhang zwischen dem Parameter Appl1-Length und der MD bzw. PSD bestand in der vorliegenden Analyse nicht. Schlussfolgerung: Eine geringere Appl1-Length deutet insgesamt auf eine schwächere Verformbarkeit der Hornhaut. Folglich verschlechtert eine geringere Appl1-Length eine glaukomatöse Optikusatrophie im Verlauf. Diese Aussage trifft am ehesten für das NDG zu, geringer für das PCOWG. Bei Gesunden zeigen sich nur schwache unspezifische Effekte der biomechanischen Hornhautparameter.
Background: The Corvis ST measures parameters of corneal deformation which allows conclusions to be drawn about the individual biomechanics of the cornea. Purpose: The purpose was to identify parameters that indicate the presence of a glaucoma disease before long-term effects of the disease occurred. It should also be investigated whether certain parameters can predict a more severe course of glaucoma in order to identify people who need special therapy control and therapy escalation. Material, methods: The study was planned as a retrospective single-center study. Corvis ST data were evaluated and supplemented in a table with further clinical information. Statistical methods: 847 records were transferred to SPSS and statistically evaluated. One eye per test person was randomized for the evaluation. Only three subgroups were used for the analysis, which showed a high number of records that could be evaluated (= PCOAG, NPG, healthy individuals). An age adjustment was made. The remaining data sets were evaluated using a linear multiple regression analysis. Stepwise linear multiple regression analysis was added. The analysis with the dependent variable MD was carried out for the Corvis parameters, gender and the ophthalmological parameters refraction, IOP, pachymetry, PSD and CDR and three diseases (= diabetes mellitus, thyroid diseases, hyperlipidaemia). ROC-curves were calculated for all variables for the PCOAG and the NPG. A Pearson correlation was calculated for the variable associated in the regression analyzes (Appl1-Length) to see whether there is a linear relationship between the variable and the depth of the visual field damage (MD or PSD). Results: Appl1-Length had a high influence on the progression of glaucoma damage, especially in NPG. The regression formulas obtained can be used in clinical application to predictively determine the depth of the glaucoma damage and, if necessary, to minimize the deeper consequential damage of glaucomatous optic atrophy by means of therapy optimization and escalation. The internistic diseases examined did not show any influence. A direct connection between Appl1-Length and the disease PCOAG and NPG could not be seen. There was no linear relationship between Appl1-Length and MD or PSD. Conclusion: A lower Appl1-Length indicates overall a weaker deformability of the cornea. Consequently, a shorter Appl1-Length worsens glaucomatous optic atrophy over time. This statement is most likely to apply to the NPG, less so to the PCOAG. There are only weak, unspecific effects of the biomechanical corneal parameters in healthy individuals.