Mit dem Hauptstadtentscheid 1991 wird Berlin für Deutschland wie auch für diejenigen Staaten, zu denen Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält, ein Ort staatlicher Repräsentation. Diese seltene Chance der Neuentstehung einer Hauptstadt bietet dabei die Möglichkeit staatlicher Selbstinszenierungen in Form von Botschaften, speziell von Botschaftsneubauten. In dieser Arbeit werden Botschaften als Repräsentationsbauten par excellence verstanden, die mehrere Repräsentationsebenen in sich vereinen: Als Staatsrepräsentanzen nehmen Botschaften Aufgaben diplomatischer Vertretung wahr, die ihnen per Völkerrecht zugeschrieben werden. Als Staatsrepräsentationen sind sie Versinnbildlichungen von Staaten bzw. Ländern mit unterschiedlichen Aussagegehalten. Botschaftsneubauten stehen nicht nur für das jeweilige Land im Sinne eines Symbols, sondern stellen es (häufig) in seiner Materialität dar, knüpfen an bestehende Vorstellungen zu dem jeweiligen Land an und/oder prägen neue Länderbilder. Repräsentation wird dabei als ein komplexer Prozess von Produktion, Zuweisung und Rezeption bzw. Reproduktion von Länderbildern verstanden.
Anhand der Botschaftsneubauten der Republik Indien und der Republik Südafrika werden folgende forschungsleitende Fragen untersucht: Zum einen, welche Länderbilder auf welche Weise durch Botschaftsgebäude vermittelt werden sollen; zum anderen wie diese intendierten, materialisierten Länderbilder rezipiert werden. Für den ersten Fragenkomplex werden die Vorgaben der Regierungen bezüglich eines zu vermittelnde Länderbildes bearbeitet und deren Umsetzung in Architektur und Materialien durch die beauftragten Architekturbüros untersucht. Der zweite Fragenkomplex zur Rezeption von Botschaften als materialisierte Länderbilder im Straßenraum wird bearbeitet, indem Passanten und Passantinnen vor den Botschaftsgebäuden befragt werden. Dabei werden Wirkungsweisen und Lesarten der Gebäude wie auch Imaginationen zu den repräsentierenden Ländern eruiert und zueinander in Beziehung gesetzt. Eine Gegenüberstellung dieser zwei Seiten des Länderbildes Botschaft zeigt, ob und wie die jeweilige Botschaft der Botschaft angekommen ist.
Die exemplarische Untersuchung der Länderbilder-Produktion durch Botschaftsneubauten dient der erstmaligen Vorstellung des Ansatzes einer Neuen Länderkunde. Basierend auf (den theoretischen Zugängen) Neuer Kulturgeographie nimmt eine Neue Länderkunde - anders als die bisherige klassische Länderkunde - nicht primär Realräume, sondern Repräsentationen von Realräumen in den Blick. Solche Vorstellungswelten oder Länderbilder werden vor allem in populärkulturellen Medien, aber auch in hochkulturellen und wissenschaftlichen Zusammenhängen produziert und rezipiert. In ihrer Rezeption und Weiterverarbeitung tragen derartige Raumbilder wesentlich zur Konstruktion von Räumen bei und können räumliches und raumwirksames Handeln beeinflussen. Somit legt die Untersuchung von Länderbildern nicht nur deren bedeutungsvolle Aussagen offen, sondern zeigt auch ihre Wirkungsmacht für Realräume auf. Neue Länderkunde, die als eine Ergänzung klassischer Länderkunde zu sehen ist, trägt damit einen wesentlichen Teil zur Beschreibung von Ländern bei. Gleichzeitig bietet sie für die Geographie die Chance, Raum anders als bisher üblich zu denken und auch in Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen - aufs Neue für das Fach zu erschließen.
With the decision for Berlin as capital of the united Germany in 1991, not only most of the institutions of the federal government but also many nations maintaing diplomatic relations with Germany settled down in Berlin. The city became the focal point of national representation in Germany. In this context, the newly constructed embassy buildings depict a highly visible instrument of representation. But in addition to the embassy-building as a representative itself, one can assume that there are more levels of representation within an embassy building.
This is where the work starts from: embassies are interpreted as buildings, which unite different levels of representation: First of all and the most obvious, embassies as national representative offices administrate national duties according to international law. In addition, they can be read as national representations in the sense of symbols of nations or rather countries with different messages. Fixed in specific forms and architectural design, new built embassy buildings thus reproduce existing images and/ or produce new images on countries and nations. In this case the function of representation is seen as a complex process of production, specification and perception or rather reproduction of images for countries.
On the example of the new built embassies of India and South Africa the following questions are examined: Which images are intended to communicate by the two embassy buildings and in which way are these intended images perceived by passers-by? For answering the first question the work focuses on governmental intentions regarding a nation image communicated by the embassy and their translations in architecture and materials by the designing architects.For the second question on the perception of the two embassy buildings as built nation images passers-by are interviewed in front of the embassy buildings. The effects and the different ways of reading the buildings as well as imaginations of the represented nations are examined. A comparison of the intented and perceived nation image shows if and how the intendended messages of the embassies are delivered.
This explorative examination of the production of nation or rather spatial images by embassy buildings is also the first presentation of a Neue Länderkunde . Based on the approach of a New Cultural Geography a Neue Länderkunde does not - as traditional Länderkunde does - primarily focus on real space but on representations and images of real space . These worlds of imagination or rather nation images are steadily produced and reproduced by massmedia of popular culture as well as by so called high cultur and science. In their consumption and processing these spatial images are essential for the social construction of space and place and have an influence on spatial acting. Therefore working on spatial or nation images does not only disclose their meaningful contents but does also show their powerful effects on real space . So a Neue Länderkunde , which is to be seen as an addition to traditional Länderkunde , is an important contribution for the description of cities, regions, nations etc. Also, Neue Länderkunde offers an opportunity for geography to conceptualize space in a different way as usual and to develop space also in an interdisciplinary discourse - in a new way.