Die Alterung von Gesellschaften stellt neben Klimawandel und Infektionserkrankungen mit mikrobieller Resistenzentwicklung eine der größten Herausforderungen der Neuzeit dar. Komplementärmedizinische Therapieverfahren (KAM), insbesondere auch die nichtmedikamentösen Verfahren, könnten hier eine sinnvolle Anwendung in Prävention, Therapie und Rehabilitation erfahren, wurden bisher jedoch nur unzureichend wissenschaftlich auf Wirksamkeit, Nutzen und Sicherheit hin untersucht. Die Inanspruchnahme von KAM durch Senioren ist in Deutschland mit 61 % hoch, eine Mehrzahl der Senioren befürworten eine Kombination von konventioneller Medizin mit KAM. Evaluationen erster Integrationsprojekte, wie Seniorenheime, in denen die Kneipp-Therapie integriert wurde, zeigen, dass KAM integrierbar ist und die Zufriedenheit von Bewohnern und Therapeuten hoch ist. Im Rahmen von Stakeholder-Engagement und Pilotstudien mit explorativen Mixed Methods-Evaluationen können Interventionen Setting-gerecht und gemeinsam mit Patienten, Angehörigen und Therapeuten entwickelt und geprüft werden. Dies macht insbesondere für multimorbide und pflegebedürftige Senioren Sinn, um pragmatische alltagsrelevante Interventionen zu entwickeln, was in zwei Studien zur Intentionalen Berührung und zur Musiktherapie im Hospiz gezeigt werden konnte. In einer Cluster-randomisierten pragmatischen Pilotstudie mit Patienten in Senioren-Wohngemeinschaften zeigten sich Hinweise, dass eine komplexe KAM Therapie, bestehend aus Sport und Bewegungstraining, Modifikation der Arzneitherapie, naturheilkundlicher Pflege und Ergänzung der Ernährung durch Säfte die Alltagsfähigkeit und Lebensqualität erhöht. Komplexe KAM Interventionsstrategien, die auf Alltagsfähigkeit und Lebensqualitätssteigerung ausgerichtet sind, könnten eine sinnvolle Intervention in Senioreneinrichtungen darstellen und sollten weiter in pragmatischen randomisierten Studien untersucht werden. Letztlich zeigt sich die Evidenz und der Nutzen von KAM am besten in großen randomisierten prospektiven Studien mit konfirmatorischem Design. In einer randomisierten Studie konnte eine Yoga- und Qi Gong Intervention bei Senioren mit chronischen Rückenschmerzen der LWS keine Überlegenheit gegenüber einer Kontrollgruppe ohne diese zusätzliche Therapie belegen. KAM Therapien könnten einen Beitrag zum „erfolgreichen Altern“ liefern und sollten in größerem Umfang wissenschaftlich auf ihren Nutzen, ihre Wirksamkeit und ihre Sicherheit hin bei Senioren untersucht werden.