Zellzykluskontrolle und DNA-Reparatur sind Schlüsselfunktionen, um die Integrität von Zellen und Organismen dauerhaft zu erhalten. Das Nijmegen Breakage Syndrome, verursacht durch eine Mutation im Nibringen, ist ein Beispiel für die weit reichenden Folgen, die eine Beeinträchtigung dieser Funktionen mit sich bringt. Während eine Nullmutation für Nibrin in Mäusen embryonal letal ist, sind menschliche NBS Patienten lebensfähig, da sie alle Träger einer hypomorphen Mutation sind, bei der sie ein 70kDa-Nibrinfragment exprimieren. Es wurde gezeigt, dass dieses Fragment Teilfunktionen Nibrins kompensiert und das Zellüberleben sichert. Um welche Funktionen es sich dabei im Einzelnen handelt, ist jedoch bisher noch nicht vollständig geklärt. Um die embryonale Letalität eines vollständigen Funktionsverlustes Nibrins zu umgehen, wurde in dieser Arbeit ein Mausmodell mit konditionalem Knockout für Nibrin in adulten Mäusen mit Hilfe des loxP/Cre-Rekombinasesystems verwendet. Das Überleben nibrindefizienter Zellen in vivo wurde mit Hilfe einer semiquantitativen PCR in verschiedenen Organen bestimmt. In nichtproliferativen Organen war das Überleben der Zellen durch einen Nibrinverlust nicht beeinträchtigt. Nullmutante Zellen proliferativer Organe überlebten hingegen nicht oder wurden durch nibrinkompetente Zellen ersetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass Nibrin eine entscheidende Funktion bei der Zellteilung hat, nicht jedoch in ruhenden Zellen. Dies korreliert mit den klinischen Symptomen von NBS-Patienten, bei denen Leitsymptome wie Immundefizienz, Lymphome und Infertilität ebenfalls in proliferativen Organen auftreten. Um weitere, bisher unbekannte Funktionen Nibrins zu entdecken, führten wir außerdem eine Proteomanalyse mittels 2D-PAGE in Lebergewebe durch, wobei das Proteinmuster von Nbn-nullmutanten und heterozygoten Mäusen verglichen wurde. Zunächst untersuchten wir unbestrahlte Mäuse, wo keine signifikanten Unterschiede der Proteinmuster gefunden werden konnten. Danach setzten wir die Mäuse durch ionisierende Strahlen unter Stress, woraufhin deutliche Veränderungen des Proteoms in nullmutanten Mäusen gefunden werden konnten. Insgesamt wurden 266 unterschiedlich exprimierte Proteine gefunden, was den ausgeprägten zellulären Stress in nullmutanten Mäusen deutlich macht. Besonders interessant war die hohe Anzahl an Proteinen, die mit oxidativem Stress in Zusammenhang stehen, was erstmals eine Funktion Nibrins bei der Entfernung freier Sauerstoffradikale nahe legt. Nibrin wurde bisher nicht mit der Regulation des oxdativen Stresses assoziiert. Interessanterweise konnte bei ATM, das bei Ataxia teleangiectasia (AT) mutierte Protein, bereits vor längerer Zeit eine Rolle bei der ROS-Regulation gezeigt werden. Jedoch sind auch hier die genauen pathophysiologischen Mechanismen noch nicht ausreichend geklärt. Nibrin und ATM agieren in denselben Pathways der Zellzykluskontrolle und aktivieren sich dabei auch gegenseitig. Folglich haben AT- und NBS- Patienten sehr ähnliche Merkmale, zeigen aber auch Unterschiede. Möglicherweise kommen die klinischen Variationen zwischen den beiden Syndromen durch die erhaltene ROS-Regulation durch das p70 Fragment bei NBS-Patienten zustande. Der individuelle ROS-Level wird durch viele verschiedene endogene und exogene Faktoren bestimmt. So basiert die klinische Variabilität zwischen NBS-Patienten unter Umständen auch auf unterschiedlich hohen ROS-Leveln und ROS-regulierende Gene sind somit Kandidaten für NBS-modifizierende Gene. Die Daten dieser Studie weisen daraufhin, dass die Funktion Nibrins bei der Regulation des oxidativen Stresses ein wichtiger Faktor in der Pathogenese des NBS ist. Außerdem scheinen Zellzykluskontrolle, DNA-Reparatur und Regulation des oxidativen Stresses deutlich enger verknüpft zu sein, als bisher angenommen und dieses Phänomen sollte weiter untersucht werden.
Cell cycle control and DNA repair are pivotal cell functions for longterm integrity of cells and organisms. Nijmegen Breakage Syndrome, caused by a mutation in nibrin, is an example of the extensive consequences that a disturbance of these key functions causes. While a null mutation for nibrin in mice is embryonically lethal, NBS patients are viable. This is due to a hypomorphic mutation where patients express a truncated 70kDa protein. It has been shown that this p70 fragment partially restores nibrin’s functions, although the functions that sustain cell survival are not fully understood yet. To circumvent embryonic lethality after complete nibrin loss, we used a conditional knockout mouse model where a null mutation for nibrin was induced in adult mice using the loxP/cre-recombinase system. Survival of null mutant cells in vivo was then investigated in different tissues by semi-quantitative PCR. Cell survival in nonproliferative tissues was not affected by the absence of nibrin. Proliferating cells however, did not survive without nibrin and were replaced by nibrin-competent cells. These findings show an essential function of nibrin for cell proliferation that is not required in resting cells. This is in accordance with the clinical symptoms of NBS patients where most problems such as immunodeficiency, lymphomas and infertility arise in proliferative tissues. To further elucidate the functions of nibrin we used a proteomic approach with 2D-PAGE of liver proteins comparing protein patterns from null mutant and heterozygous mice. Firstly we looked at unirradiated mice, where there was essentially no difference in the protein expression pattern. This again indicates that nibrin has no crucial function in untreated resting cells. Secondly we put the mice under stress using ionizing radiation. Protein expression patterns were altered significantly compared to controls. About 180 proteins were differently expressed altogether indicating the severe stress in these null mutant mice. Particularly interesting was the increased number of proteins related to oxidative stress indicating, for the first time, a role for nibrin in ROS removal. Nibrin has not previously been described to be involved in the cellular response to oxidative stress. Interestingly ATM, the protein mutated in Ataxia teleangiectasia (AT), has been associated to oxidative stress before, although the precise functions still remain unknown. Nibrin and ATM operate in the same pathways of cell cycle control and activate each other. Consequently AT and NBS patients share many features but also show differences. Possibly differences between the two syndromes may be attributed to the remaining function of the p70 fragment in ROS removal. The individual ROS-Level is determined by many different endogenous and exogenous factors. Thus the interindividual differences in symptoms of NBS patients may be attributed to differing oxidative stress levels. ROS-regulating genes may therefore be candidate genes for modifying the clinical course in NBS patients. The data from this study certainly suggest that Nibrin’s function in ROS-regulation plays an important role in the pathogenesis of NBS and it seems that cell cycle control, DNA repair and ROS-regulation are much more closely connected than assumed so far. Further evidence for this should be obtained.