Diese Arbeit untersucht den deutschen kolonialen Diskurs um 1700 anhand eines dreidimensionalen Diskursmodells. Im Zentrum stehen dabei die Texte von Otto Friedrich von der Gröben, die unter anderem die Gründung der brandenburg-preußischen Stützpunktkolonie Groß-Friedrichsburg im heutigen Ghana thematisieren. Sie waren bisher noch nicht Gegenstand einer umfassenden literaturwissenschaftlichen Untersuchung. Neben den drei umfangreichen Werken Gröbens, der „Orientalischen Reise-Beschreibung“, deren Anhang, der „Guineischen Reise-Beschreibung“, und dem Versepos „Bergone“, konnten auch einige seiner Briefe und Gedichte in die Betrachtung einbezogen werden, die zuvor von der Forschung über Gröben wenig Beachtung gefunden haben. Dazu zählt ein Epicedium, das ihm erstmals zugeschrieben werden konnte. Zusätzlich stützt sich die Diskursanalyse auf weitere zeitgenössische Texte, die Teil des deutschen kolonialen Diskurses um 1700 sind, sowie auf ausgewählte Prätexte und Rezeptionszeugnisse. Gröbens Biographie wurde ausführlich nachgezeichnet, wodurch autobiographische Angaben in seinen Texten mit konkreten Daten versehen und teilweise korrigiert werden konnten. Erkenntnisse über die produktive Dimension des Diskurses konnten durch die Beschäftigung mit dem Paratext und den materiellen Aspekten der einzelnen Fassungen der Reiseberichte und des Versepos gewonnen werden. So zählen die Widmungen ebenso wie die Ausstattung der einzelnen Exemplare zu denjenigen Praktiken des Diskurses, mit denen sich Gröben in der sozialen Dimension des Diskurses als adliger Kavalier nach dem Vorbild von Baldassare Castigliones „Il Libro del Cortegiano“ entwirft. Diesem Selbstbild dienen auch die Verwendung von Marginalien in der „Orientalischen Reise-Beschreibung“, das Motto der „Guineischen Reise-Beschreibung“ und weitere intertextuelle Bezüge. Anhand dieser Ergebnisse und weiterer Überlegungen zur produktiven Dimension des Diskurses konnte erwiesen werden, daß es sich bei Gröbens Texten um komplexe literarische Arbeiten handelt, die somit neu bewertet werden müssen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Produktion von Wissenssystemen über Westafrika durch die Texte Gröbens und anderer europäischer Reisender, wie dem Schiffschirurgen Johann Peter Oettinger. Dazu wurden die dargestellten Interaktionen der brandenburgischen Akteure mit den anderen europäischen Akteuren, die im Kolonialhandel an der Westküste Afrikas aktiv waren, sowie mit den westafrikanischen Akteuren untersucht. Es konnte festgestellt werden, daß die Brandenburger an der westafrikanischen Küste soziale Praktiken vorfanden, die die anderen europäischen Akteure vor dem Eintreffen der Brandenburger dort mit ihren westafrikanischen Handelspartnern ausgehandelt hatten und an die sich die Brandenburger anpassen mußten. Dennoch gelang es Gröben auf der sozialen Ebene des Diskurses, die Brandenburger als gleichberechtigt mit den europäischen Akteuren und als überlegen gegenüber den westafrikanischen Akteuren zu inszenieren. Es konnten die textuellen Strategien aufgezeigt werden, mit denen Gröbens Texte dieses Wissen über die kolonialen Akteure im Westafrikahandel produzieren.
This thesis investigates the German colonial discourse around 1700 by applying a three-dimensional discourse model. The focus is on texts by Otto Friedrich von der Gröben, which deal inter alia with the foundation of the Brandenburg-Prussian colonial fort Groß-Friedrichsburg in today's Ghana. To date these texts have not been subjected to literary criticism. In addition to Gröben's „Orientalische Reise-Beschreibung“, its appendix, „Guineische Reise-Beschreibung“, and the epic poem „Bergone“, some of his letters and poems were analysed. Hitherto research on Gröben has hardly paid any attention to these shorter texts, which also include an epicedium which could be attributed to him for the first time. Furthermore the discourse analysis is underpinned by other contemporary texts that are part of the German colonial discourse around 1700 as well as by selected pre-texts and documents of reception. Gröben's biography was extensively traced, some of the autobiographical statements in his texts could be dated and partially corrected. Insights into the productive dimension of discourse were gained by analysing paratextual as well as physical aspects of the different versions of the travel reports and the epic poem. As to the paratext, the dedications are pertinent, regarding the physical aspects, the varying features of the individual copies are significant as these aspects allow Gröben to construct his identity as a noble cavalier in the social discourse dimension, following the ideal of the noble cavalier in Baldassare Castiglione's „Il Libro del Cortegiano”. The usage of marginalia in „Orientalische Reise-Beschreibung“, the motto of „Guineische Reise-Beschreibung“ and other intertextual references also contribute to Gröben's self-construction as a noble cavalier. These findings as well as further investigations into the productive discourse dimension ascertain that Gröben's texts have to be regarded as complex works of literature and therefore need to be reassessed. Furthermore the thesis investigated how knowledge systems about West Africa were generated by Gröben's texts and those of other European travellers such as the texts of the navel surgeon Johann Peter Oettinger. It analysed how the interactions between the Brandenburg traders and their European counterparts in colonial trade at the West African coast as well as between the Brandenburgers and the West African protagonists are represented in these texts. It could be shown that the Brandenburgers faced social practices, to which they had to adapt as these had been negotiated between other European traders and their respective West African partners prior to the arrival of the Brandenburgers in West Africa. Yet Gröben succeeded in portraying the Brandenburgers on the social discourse level as equal with the other Europeans and superior to the West Africans. The thesis traces the textual strategies Gröben uses to create this knowledge about the colonial traders in West Africa.