Migration und Fluchtbewegungen nehmen weltweit zu. Bei Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund werden von einigen Studien hohe psychische Krankheitsprävalenzen sowie höhere oder differierende Symptomausprägungen als bei Einheimischen beschrieben. Die Zusammenhänge zwischen soziodemographischen Faktoren und sozioökonomischen sowie psychosozialen Belastungen, kulturellem Hintergrund und psychischer Symptomatik, Erkrankung und Behandlung sind noch nicht ausreichend untersucht. Unsere Untersuchungen sollen - bezogen auf diese Faktoren - zu einem besseren Verständnis von Unterschieden zwischen Menschen mit und ohne Migrations- und Fluchthintergrund beitragen. Methodik und Ergebnisse Diese Dissertation nimmt Bezug auf drei unterschiedliche Untersuchungen: In der ersten Studie untersuchten wir soziodemographische, diagnostische und behandlungsspezifische Unterschiede zwischen Patient*innen mit und ohne Migrationshintergrund in einer Psychiatrischen Institutsambulanz. Wir konnten erhebliche soziodemographische und klinische Unterschiede zwischen Patient*innen kulturell unterschiedlicher Herkunft belegen. In der zweiten Studie interviewten wir Betroffene in repräsentativ ausgewählten Wohneinrichtungen für Asylsuchende in Berlin mithilfe von Fragebögen, um ihre Wahrnehmung der aufenthaltsrechtlichen Situation, des Asylverfahrens, der Lebensbedingungen sowie der angebotenen Hilfs- und Integrationsmaßnahmen, ihre Wünsche und ihre psychischen Symptombelastungen zu erfassen. Wir konnten testpsychologisch bei 74,6% der Befragten eine krankheitswertige psychische Symptomatik bestätigen. Es bestanden signifikante Zusammenhänge zwischen Krankheitssymptomatik und sowohl Wohnsituation als auch Aufenthaltsstatus einerseits, und andererseits zwischen depressiver Symptomatik und Wahrnehmung des Asylverfahrens sowie bestehender Hilfs- und Integrationsangebote. In der dritten Untersuchung erhoben wir retrospektiv psychiatrische Diagnosen und die Häufigkeit der Behandlungstermine mit und ohne Einsatz eines professionell Dolmetschenden für Geflüchtete im ersten Jahr nach Asylantrag, die im Quartal I/2016 in einer Psychiatrischen Institutsambulanz behandelt wurden, und errechneten daraus Kosten für Übersetzungsleistungen von durchschnittlich 44,99 Euro (21,00 bis 56,82 Euro) pro Patient*in und Quartal. Diskussion Unsere Daten machen die erhebliche psychische Belastung Asylsuchender deutlich und beleuchten die soziodemographischen und klinischen Unterschiede zwischen Patient*innen mit und ohne Migrationshintergrund. Sie verdeutlichen, dass diese Unterschiede in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung berücksichtigt werden sollten. Eine gesetzliche Regelung der Finanzierung des professionellen Dolmetschens als Teil der Krankenbehandlung scheint unabdingbar.
Migration is increasing worldwide. Individuals with a migrant background show a higher prevalence of mental illness as well as differences in psychiatric symptoms, compared to people without a migrant background. Interactions between sociodemographic and socioeconomic factors as well as psychosocial burdens, cultural background, illness and therapy, have not been investigated sufficiently. Our studies seek a better understanding of these factors. Methods and Results The first study measured sociodemographic differences, as well as differences in clinical variables between psychiatric outpatients with and without migration background in a large psychiatric outpatient unit. We found significant sociodemographic and clinical differences. In the second study, we interviewed asylum seekers in selected shelters, assessing their views on their legal situations, asylum procedures, living conditions, supporting and integrative activities, their wishes, and their psychiatric symptom load. 74.6% of asylum-seekers had a high psychiatric symptom load. We showed significant correlations between psychiatric symptoms and housing and legal status, as well as between depressive symptoms and the asylum process, and opportunities for support and integration. The third project investigated diagnoses of mental disorders and treatment frequencies with and without interpreter retrospectively by reviewing archived data of all patients in their first year of applying for asylum in Germany. From this we calculated interpreter costs of 44.99€ (21.00 to 56.82€) per patient over 3 months. Discussion Our results emphasize the relevance of mental health issues among refugees and immigrants. The findings show that these differences should be considered in psychiatric-psychotherapeutic treatment of these patients. A legal framework for regulation of costs for professional interpreters facilitating these therapies is indispensable.