Einleitung: Das Verständnis davon, wie Lern- und Verhaltensmechanismen sowie deren Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen bei psychischen Erkrankungen modifiziert sind und auf welche Weise sie so zur Entstehung und Aufrechterhaltung jener Erkrankungen beitragen, gewinnt in der Forschung zunehmend an Interesse. Diesbezüglich werden zwei dichotome Systeme unterschieden, wobei sich zwei unterschiedliche Konzepte mit jeweils eigenen Begrifflichkeiten und Operationalisierungen entwickelt haben: habituelles vs. zielgerichtetes und modellfreies vs. modellbasiertes Verhalten. In der Forschung werden beide Konzepte mit ihrer jeweiligen Terminologie oft synonym verwendet, ohne dass bisher die Konstruktvalidität der Operationalisierungen dieser Konzepte durch entsprechende Paradigmen überprüft wurde. Das heißt, bislang erfolgten keine Untersuchungen mit der Fragestellung, inwieweit diese Operationalisierungen möglicherweise dasselbe theoretische Konstrukt abbilden und ob demnach zielgerichtetes mit modellbasiertem und habituelles mit modellfreiem Verhalten gleichzusetzen ist. Ziel dieser Studie war es daher, erstmals die Konstruktvalidität zu überprüfen und mögliche veränderte Mechanismen bei Alkoholabhängigkeit herauszuarbeiten. Methodik: Zunächst erfolgte eine Pilotstudie mit 21 Probanden. Dabei stellte sich heraus, dass die Rekrutierung abstinenter, alkoholabhängiger Patienten deutlich erschwert war. So wurden letztlich 18 gesunde Probanden in die Hauptstudie eingeschlossen. Diese absolvierten sowohl ein Devaluationsparadigma, als auch eine sequentielle Entscheidungsaufgabe. Für beide Aufgaben wurden jeweils Parameter ermittelt (Devaluationssensitivität, p-Interaktion, p-Belohnung), die das individuelle Ausmaß der Verhaltensstrategien eines jeden Probanden abbildeten. Mittels Korrelationsanalyse wurde getestet, ob eine positive Korrelation zwischen diesen Parametern besteht, was wiederum für das Vorliegen einer Konstruktvalidität sprechen würde. Ergebnisse: Die Korrelationsanalysen ergaben einen positiven Zusammenhang zwischen dem individuellen Ausmaß von Devaluationssensitivität (Interaktionsterm Devaluationsparadigma) und modellbasierten Verhalten (p-Interaktion) in der sequentiellen Entscheidungsaufgabe (Spearman Rangkorrelation r = 0.698, p = 0.008). Interessanterweise zeigte sich keine signifikante Korrelation (p > 0,6) zwischen dem Ausmaß an modellfreiem Verhalten (Haupteffekt Belohnung bei sequentieller Entscheidungsaufgabe, p-Belohnung) und der Devaluationssensitivität. Schlussfolgerung: Es konnte gezeigt werden, dass zielgerichtetes und modellbasiertes Verhalten miteinander assoziiert sind und folglich auf ähnlichen Mechanismen bzw. einem gemeinsamen Konstrukt zu beruhen scheinen. Zwischen dem Ausmaß an modellfreiem Verhalten und der Devaluationssensitivität konnte hingegen kein Zusammenhang gezeigt werden. Die vorliegende Arbeit war die erste Studie, die die Konstruktvalidität der beiden Konzepte überprüft hat. Folgestudien konnten die Ergebnisse an größeren Stichproben replizieren. Die Konstruktvalidität ist nach den bisherigen Erkenntnissen nicht vollständig bestätigt. Mit Hinblick auf die Limitationen dieser Arbeit, sollten weiteren Studie folgen, wobei die Paradigmen derart angepasst werden müssten, dass sie im experimentellen Design für klinische Populationen geeignet sind und habituelles bzw. modellfreies Verhalten besser erfassen. Zudem sollte eine möglichst große und heterogene Probandenstichprobe herangezogen werden.
Introduction: The scientific understanding of learning and decision making and the adaption of behavior to altered conditions are gaining increasing interest – especially the influence of altered behavior mechanisms on the development and maintenance of psychiatric diseases. By now, there is a broad agreement that two dichotomous systems of possible decision-making strategies exist. Referring to this, there has been developed two different concepts with proper terms, definitions and paradigms: habitual vs. goal-directed behavior and model-free vs. model-based decision-making. In research, these different concepts have been so far treated almost equivalently, without even knowing whether these different measurements reflect the same theoretical construct. In the present study, we therefore addressed the question of construct validity and altered behavior mechanisms involved in alcohol dependence. Methods: First, pilot study was undertaken. Since the recruitment of alcohol dependent patients turned out to be difficult, we included only healthy participants in the main study (N = 18). Here, the participants performed two paradigms: a devaluation paradigm and a sequential decision-making task. To assess the individual degree of the different decision-making strategies, interaction score from both paradigms were computed for each participant. To verify the construct validity, a correlation analysis was used to assess an assumed positive correlation between these interaction scores. Results: Our analysis showed a significant correlation between the interaction score derived from the devaluation task (devaluation sensitivity) with the interaction score (p-interaction, degree model-based behavior) from the sequential decision-making task (Spearman’s rho = 0.698, p = 0.008). Interestingly, the degree of model-free behavior in the sequential decision-making task (main effect of reward, p-reward) did not correlate with the degree of devaluation sensitivity (p > 0,6). Conclusion: We were able to prove that goal-directed and model-based strategies are associated with each other. Hence, these two strategies of decision-making might rely on similar mechanisms suggesting a single framework underlying both paradigms. Such an association was not found between the degree of model-free behavior and devaluation sensitivity. Therefore, construct validity is not completely verified, yet. The present study was the first one assessing the construct validity of the two different paradigms. These results are in line with later studies. With regard to the limitation of this work, further studies should develop and use paradigms which are able to determine habitual and model-free behavior as well. The experimental design should also be more suitable for patients. Furthermore, a larger and more heterogeneous sample of subjects is recommended.