Hintergrund Zur Diagnostik von Hörstörungen sowie zur Evaluation einer Hörsystem-Versorgung werden ton- und sprachaudiometrische Verfahren angewendet. Insbesondere sprachaudiometrische Verfahren haben einen hohen Stellenwert. Sie sind jedoch bei nicht deutsch muttersprachlichen Patienten in vielen Fällen schwer zu bewerten. Im Vorfeld dieser Arbeit wurde nach dem Vorbild des Freiburger Sprachverständlichkeitstests und orientiert an der DIN EN ISO 8253-1-3 von 2010 und 2012 ein russischer Sprachverständlichkeitstest (RSIT) entwickelt. Jeweils zehn RSIT-Testlisten russischer Zahlen (Mehrsilber) und Einsilber wurden in einer prospektiven Studie mit normalhörenden russischsprachigen Erwachsenen evaluiert. Ziele der Studie waren, • die RSIT-Testlisten hinsichtlich ihrer phonemischen und perzeptiven Ausgewogenheit zu evaluieren, • die Sprachverständlichkeitsschwellen in Ruhe (L50) für die russischen Zahlen und Einsilber zu ermitteln, • die Bezugskurven des Sprachverstehens bei unterschiedlichen Sprachpegeln zu bestimmen, • die Test-Retest-Reliabilität zu untersuchen und • diese Ergebnisse mit den Eigenschaften des Freiburger Sprachverständlichkeitstests zu vergleichen. Material und Methoden An der Untersuchung nahmen 45 normalhörende russische Muttersprachler im Alter von 15,8 bis 53,1 Jahren teil. Alle RSIT-Zahlen- und Einsilberlisten wurden ihnen in unterschiedlicher Reihenfolge mit adaptiver Pegelsteuerung im offenen Antwortmodus über Kopfhörer auf dem besseren Ohr dargeboten. Jede Testliste wurde jedem Probanden nur einmal angeboten, um Trainingseffekte auszuschließen. Die Antworten der Probanden wurden protokolliert und in Bezug auf die phonemische und perzeptive Ausgewogenheit der Testlisten wie beispielsweise Laut-Ersetzungen, Einfügungen und Auslassungen, falsch verstandene Einer- oder Zehner-Zahlen, Einfluss der Wort-Position auf die Verständlichkeit analysiert. In der Studie wurden die phonemische und perzeptive Ausgewogenheit der Testlisten sowie die Test-Retest-Reliabilität untersucht. Es wurden Bezugskurven des Sprachverstehens erstellt sowie Diskriminationsfunktionen angepasst und die Sprachverständlichkeitsschwellen in Ruhe (L50) mit dazugehöriger Steigung bestimmt. Ergebnisse Die RSIT-Zahlen- und Einsilberlisten können mit wenigen Ausnahmen als phonemisch und perzeptiv ausgewogen gelten. Bei den russischen Einsilber-Listen wurden die geringsten perzeptiven Abweichungen für 40 bis 60 % Sprachverständlichkeit gefunden (0,0 bis 1,0 dB). Die L50-Schwellen für die RSIT-Zahlenlisten (20,0 dB SPL) und die Einsilberlisten (28,5 dB SPL) liegen nah bei den entsprechenden L50 des Freiburger Sprachverständlichkeitstests. Die Steigungen der angepassten Diskriminationsfunktionen liegen bei 7,1 % / dB SPL respektive 5,8 % / dB SPL für die Zahlen- und Einsilberlisten. Die Ergebnisse zur Test-Retest-Reliabilität des RSIT zeigen im Mittel eine Abweichung von ± 5 dB zwischen Test und Retest. Schlussfolgerung Die Ergebnisse der Evaluation des RSIT legen nahe, dass dieser Test zuverlässig und genauso leicht durchzuführen ist wie der Freiburger Sprachverständlichkeitstest. Er kann als Schwellentest zur Diagnostik von Hörschädigungen und bei der Evaluation einer Hörrehabilitation russischer Muttersprachler helfen.
Background Pure tone and speech audiometry are basic diagnostic means for evaluation of hearing impairment and hearing system benefits. In not German native speakers especially speech audiometry is hardly possible in every case. According to the Freiburg Speech Intelligibility Test (FSIT) a Russian Speech Intelligibility Test (RSIT) has been generated for native Russian speakers living in Germany with hearing impairment. In a prospective study 10 RSIT lists each with Russian two-digit numbers and monosyllables were tested in adult and normal hearing native Russian speakers. The objectives of the study were the • evaluation of the RSIT lists regarding their phonemical and perceptual balance, • determination of speech recognition thresholds in silence (L50) for Russian numbers and monosyllables, • analysis of the reference speech recognition curves in silence for different sound pressure levels, • investigation of the test-retest reliability and • comparison of these results with the characteristics of the FSIT. Methods 45 normal hearing native Russian speakers, aged 15.8 to 53.1 years, were enrolled in this study. Each of the 20 RSIT lists were presented through headphones on the better ear presenting the lists always in different sequences and presentation levels. This presentation was once avoiding training effects. The answers of the subjects were recorded and analyzed to evaluate phonemical and perceptual balance. Difficult-to-understand digits and monosyllables were identified. The study examined the phonemical and perceptual balance of the RSIT lists as well as the test-retest reliability. The reference speech recognition curves were determined, discrimination functions were adjusted and the speech recognition thresholds in silence (L50) with the associated slope were determined. Results The RSIT can be considered to be phonemically and perceptually balanced with only a few exceptions. For Russian monosyllables, the smallest deviations were found for 40-60% speech recognition (0.0 bis 1.0 dB). The L50 for the RSIT numbers (20.0 dB SPL) and monosyllables (28.5 dB SPL) are close to the corresponding L50 of the FSIT. The slopes of the adapted discrimination functions are 7.1% / dB SPL respectively 5.8% / dB SPL for the numbers and monosyllables. The test-retest reliability of the RSIT shows on average a deviation of ± 5 dB. Conclusion The results of our evaluation of the RSIT suggest that this audiometric tool is as easy to perform as the well known FSIT. Concerning diagnostical hearing threshold evaluation and the beneficial effect of hearing rehabilitation this tool is more than helpful in Russian native speakers.