Große Knochendefekte oder systemische Erkrankungen können dazu führen, dass die Anforderungen an die Knochenheilung das dem Knochen innewohnende Heilungspotential übersteigen. In solchen Fällen wird als aktueller Goldstandard autologe Spongiosa in die Defekte eingebracht, um die Knochenheilung zu unterstützen. Aufgrund der mit einer zusätzlichen Operation verbundenen Komplikationen und Kosten sollten neue Methoden zur Unterstützung der Knochenheilung entwickelt werden. Diese Studie nutzt ein ovines Bohrlochdefektmodell, mit dessen Hilfe gleichzeitig das Heilungsverhalten in kortikalem (diaphysär) Knochen von Metakarpus und Metatarsus sowie in trabekulären (metaphysär) Knochen des Humerus und Femur evaluiert werden kann. Das Heilungsverhalten wurde dabei nach 3 Wochen sowie nach 9 Wochen Heilungszeit untersucht. Durch die Untersuchung von 16 Bohrlochdefekten pro Schaf ist eine deutliche Reduktion der Versuchstierzahl bei geringer Belastung des Einzeltieres gegeben. Die Studie dient der Untersuchung des Einflusses des Gelatine Scaffold G10_LNCO3 und dessen Kombination mit dem Prostacyclinanalogon Iloprost auf die Knochenheilung. Erstmals wird Iloprost dabei lokal mit Hilfe eines Gelatine-Scaffolds in den ovinen Knochen eingebracht. Als Vergleichsmaterial wurde dem Beckenkamm entnommene autologe Spongiosa verwendet. Diese gilt aufgrund ihrer osteogenetischen, osteoinduktiven und osteokonduktiven Eigenschaften weiter als Goldstandard unter den Knochenersatz¬materialien. Leerdefekte wurden als Negativkontrolle und zur näheren Evaluation der Knochenheilung untersucht. Der Gelatine-Scaffold überzeugte durch leichte Handhabung während der Operationen. Das Implantat erwies sich als gewebeverträglich. Hinsichtlich der Knochenheilung konnte der Gelatine-Scaffold allerdings keine Unterstützung der Osteogenese bewirken, hemmte diese aber auch nicht. Die Gefäßbild in Defekten mit Scaffold ist der in Leerdefekten vergleichbar. Die lokale Applikation von Iloprost durch Implantation mit dem Gelatine-Scaffold verlief ebenso problemlos und zeigte gute Gewebeverträglichkeit. Eine Förderung der Knochenheilung oder Angiogenese durch das Einbringen des Prostacyclinanalogons wurde nicht erreicht. Ebenso wenig scheint die lokale Applikation von Iloprost den Heilungsprozess zu behindern. Im weiteren zeigt diese Arbeit Unterschiede in der Defektheilung zwischen diaphysär kortikalem und metaphysär trabekulärem Knochen auf. Beide Knochenarten heilen zentripetal. Diaphysärer Knochen schreitet innerhalb von 9 Wochen durch einen verstärkten seitlichen Knocheneinwuchs zu einem fortgeschrittenen Defektschluss voran, während sich insbeson-dere die seitliche Knochenumgebung auflockert. Metaphysärer Knochen entwickelt geringere Knochenmengen innerhalb der ersten 9 Wochen. Sowohl die Knochenbildung im Bohrlochdefekt als auch eine um die Bohrlochdefekte auftretende Verdichtung der trabekulären Knochenstruktur verteilen sich gleichmäßig um die Bohrlochdefekte. Zusammenfassend erweisen sich der Gelatine-Scaffold und auch die Kombination mit Iloprost im Großtiermodell als leicht handhabbar und gewebeverträglich. Beide Implantate bewirken weder eine Förderung der Knochenheilung, noch hemmen sie die Bildung neuen knöchernen Gewebes. Hinsichtlich des Gelatine-Scaffold ist besonders die weitere Erprobung in Großtiermodellen von Interesse für zukünftige Studien. Die Inkorporation von Iloprost in Implantate mit kontrollierter Freisetzungskinetik, wie sie bereits im Kleintiermodell erfolgreich erprobt werden konnte, gibt auch für die präklinische Untersuchung im Großtier Anlass für weitere Studien. Die dargelegten Unterschiede diaphysärer und metaphysärer Knochen¬heilung unterstreichen die zukünftige separate Erprobung vielversprechender Biomaterialien in kortikalem und trabekulärem Knochen.