Eine forschungsrelevante Schwierigkeit hinsichtlich der objektivierten Vergleichbarkeit von klinischen Studien stellen die multimodalen Therapien in der Intensivmedizin dar. Die Variabilität von einzelnen Therapiebestandteilen wie Beatmungsmanagement, Nierenersatzverfahren und Infusionsmanagement ist sowohl im eingeschlossenen Patientengut als auch generell zwischen Kliniken sehr hoch. Bislang wurde darauf jedoch nicht näher eingegangen. Auch die Azidämie im klinisch tolerierten Bereich (bis zu einem arteriellen pH-Wert von 7,2) stellt, als ein potentiell maßgeblich einflussnehmender Parameter für Organversagen und Mortalität, einen noch unzureichend erforschten Aspekt dar. In der hier vorgestellten tierexperimentellen Studie an Schweinen (n=29) zeigten sich in allen Tieren bereits nach wenigen Expositionsstunden prägnante Auffälligkeiten der Lebern mit Leberzellschädigungen in Form histologischer Pathologien und veränderter serumspezifischer Werte. Durch die Unterteilung der möglichen, verschiedenen Interventionskombinationen konnte folgendes untersucht werden: 1. der unter Azidäme potentiell unterschiedliche Einfluss von 6% Hydroxyethylstärke 130 kDa/0,4 (HES) und 4% Gelatine (GEL), 2. die durch die Azidämie potentiell veränderte Biokompatibilitätsreaktion auf eine venovenöse Hämofiltration 3. der Einfluss einer bisweilen zusätzlich zur Azidämie tolerierten Hypoxämie im Rahmen der lungenprotektiven Beatmung Es zeigte sich, dass die Wahl der Infusionslösung einen relevanten Einfluss auf die Lebermorphologie hat. So ließen sich bei der ersten Interventionskombination (Interventionskombination Azidämie und Kolloidtyp HES versus GEL) in der HES-Tierversuchsgruppe zentrolobulär vermehrt Vakuolen und in der GEL-Tierversuchsgruppe, unabhängig von der hepatischen Zonierung, eine signifikant stärkere Ödematisierung feststellen. Die bei mit Gelatine infundierten Tieren auffallende, signifikant stärkere Ödematisierung als 1. Grad der hydrophischen Degeneration, lenkt bei der GEL-Tierversuchsgruppe die Interpretation der Gesamtdaten eher in Richtung einer unzureichenden O2-Versorgung für die unter Azidämie benötigte gesteigerte Stoffwechselleistung um den Erhalt der Säuren-Basen-Homöostase zu ermöglichen. Diese Interpretation wäre deckend mit dem Befund des signifikant geringeren Sauerstoffangebotes mit der Anwendung einer GEL-Infusion (Esche et al., 2008). Die 4. Interventionskombination (Azidämie mit versus ohne Hypoxämie) zeigte ergänzend zu der ersten Interventionskombination, dass mit einem geringeren Energieumsatz (absolut weniger Glucose bei der GEL-Tierversuchsgruppe und/oder absolut weniger O2 bei der Hypoxämie-Tierversuchsgruppe) ein reduzierter Stoffwechsel der Leberzelle einhergeht und somit zu vermuten ist, dass eine hepatozelluläre Schädigung durch die reduzierte Stoffwechsellage verlangsamt wurde. Im Vergleich zwischen keiner, kurzer (4,5-stündiger) und längerer (6,5-stündiger) Azidämieexposition [2. Interventionskombination (Hämofiltration und Azidämie (pH 7,2 versus pH 7,4)) und 3. Interventionskombination (alleinige Azidämie, pH-Wert 7,2 (mit versus ohne continuous venovenous hemofiltration))] zeigten die Tierversuchsgruppen ohne und mit kurzer (4,5-stündiger) Azidämieexposition nur wenig Vakuolen bei gleichzeitig starker Ödematisierung. Die Tierversuchsgruppe, die der längsten (6,5-stündigen) Azidämieexposition ausgesetzt wurde, wies hingegen eine signifikant stärkere Vakuolisierung bei gleichzeitig geringerer Ödematisierung auf. Unter Berücksichtigung der histologischen sowie der serumspezifischen Ergebnisse (insbesondere der zum Versuchende fallenden Kreatinin- und Harnstoffwerte in den hämofiltrierten Tierversuchsgruppen), zeigten die Ergebnisse dieser tierexperimentellen Studie, dass allein die Azidämie zu ersten hepatozellulären Degenerationserscheinungen führen kann. Es zeichnet sich damit ab, dass die Azidämie nicht nur Konsequenz komplexer pathophysiologischer Reaktionen und damit Parallelereignis ist, sondern dass sie selbst Kausalität einer Zustandsverschlechterung und gesteigerten Mortalität sein kann. Den aufgeführten Gefahren einer Organschädigung steht gegenüber, dass bei einer multimodalen Therapie mit lungenprotektiver Beatmungssituation die Notwendigkeit der permissiven Hyperkapnie und tolerierte Azidämie akzeptiert werden, solange die hämodynamische Situation des Patienten stabil ist. Um die nachweislich die Mortalitätsrate senkende, lungenprotektive Beatmung (Network, 2000) nicht aufgeben zu müssen, wären alternative Methoden zur risikoarmen Wiederherstellung der pH-Homöostase erstrebenswert. Bei der Interpretation der Ergebnisse dieser Arbeit ist zu berücksichtigen, dass Schweine im Vergleich zum Menschen eine deutlich höhere Stoffwechselrate aufweisen. Die Veränderungen der stoffwechselrelevanten Parameter in dieser tierexperimentellen Studie sind daher vom Schwein nicht direkt auf den Menschen übertragbar. Es zeigten sich beim Schwein allerdings bereits nach 4,5 Stunden Azidämieexposition erste hepatozelluläre Degenerationserscheinungen, die darauf schließen lassen, dass auch bei einem Menschen bereits nach kurzer Zeit diese Art von Degenerationserscheinungen zu erwarten sind. Unsere tierexperimentellen Befunde und Schlussfolgerungen decken sich mit der neusten Studienlage. In letzter Zeit häufen sich retrospektive Studien und Metaanalysen, die belegen, dass eine Azidämie mit einer erhöhten Rate an Organversagen und Mortalität einhergeht (Curley & Laffey, 2014; Nin et al., 2017). In diesem Sinne erscheint es sinnvoll, zukünftig Studien zum Einfluss eines frühzeitig einsteigenden Regimes zur Korrektur der Azidämie unter dem Aspekt der Organprotektion durchzuführen.
In order to compare clinical studies, objective criteria are necessary. Multimodal therapy in intensive care is a widely discussed issue. Therapy modules such as ventilation management, renal replacement therapy and infusion management differ between clinics as well as among patient population. Yet scientific knowledge about interactions between therapy modules is rare. Under clinical circumstances, physicians tolerate acidaemia in their patients usually to pH-values of 7.2 or simply as long as haemodynamics are still stable. Unfortunately, the impact of acidaemia on organ failure and mortality is random subject focused on this still undefined pathophysiology. In the present thesis all pigs (n=29) show significant hepatocyte impairment as shown by the pathohistological scores and some altered serum markers. Due to the subdivision of the possible opportunities for intervention, subsequent aspects could be investigated: the potentially varying effect of 6% hydroxyethyl starch (HES) 130 kDa/0,4 and 4% gelatin (GEL) under acidaemia the potentially varying biocompatibility reaction on venovenous hemofiltration due to acidaemia the influence of an occasional - additionally to the acidaemia - tolerated hypoxaemia within the framework of lung protective ventilation First, the choice of infusion solution has a relevant influence on the morphology of the liver. In the first intervention combination (acidaemia and colloid type HES vs. GEL) for HES we found, that centrolobular have an increased score for vacuoles. For GEL - regardless of the hepatic zoning - a significantly higher oedematisation occurred. In the overall context of the results presented here as well as found and cited from further investigations out of this experiment the rather generalized oedematisation of hepatocyte was assumed and discussed in detail to be related to a first degree of degeneration. In contrast, the higher score for vacuolization of HES treated animals seems to be more likely to be a sum of partly HES storage and ongoing degenerative progress in consequence of metabolically more active hepatocytes under acidaemia. This interpretation would be consistent with the finding of the significantly lower oxygen supply under GEL infusion (Esche et al., 2008). In addition to the first intervention combination the fourth intervention combination (acidaemia with vs. without additional tolerated hypoxia) shows, that less energy turnover (less total glucose in the GEL group and/or less total O2 in the hypoxia group) is accompanied by a reduced metabolism of the liver cell. Therefore, it can be assumed that a hepatocellular impairment has been delayed by this. In the comparison of no treatment, short (4.5 hours) and longer (6.5 hours) acidaemia exposition [second intervention combination (hemofiltration and acidaemia (pH 7.2 vs. pH 7.4)) and third intervention combination (influence of acidaemia per se (pH 7.2 vs. with continuous venovenous hemofiltration))], the animal groups with no treatment and short (4.5 hours) acidaemia exposition showed only few vacuoles with concurrent strong odematisation. The animal group with the longest acidaemia exposition (6.5 hours) showed a significantly stronger vacuolisation with concurrent low oedematisation. Taking the histological and serum specific results into account our research shows that solely acidaemia may lead to first hepatocellular signs of degeneration especially regarding the decreasing creatinine and urea values in the hemofiltration groups. Acidaemia is thus not only the consequence of complex pathophysiologies and therefore a collateral process but furthermore causality of a deterioration and even mortality. Despite the outlined risk of organ damage, it is nevertheless acceptable in multimodal therapy with a lung protective ventilatory situation, where permissive hypercapnia and tolerated acidaemia are a necessity. However, this is only valid as long as the hemodynamic situation of the patient is steady. Declining mortality rate is verifiably linked to lung protective ventilation (Network, 2000). In order to maintain this artificial respiration, alternative low risk methods to recover pH- homeostasis are desirable. Concerning the findings in this thesis, it has to be considered that pigs have a significantly higher metabolic rate compared to humans. The parameters with an impact of metabolic rate can not directely be compared between humans and pigs. In pigs however, first hepatocellular degeneration after 4.5 hours of acidaemia exposition becomes evident. It has to be assumed that this degeneration also applies to humans with acidaemia exposition with a similar timescale. Our experimental veterinary findings and conclusions meet the results of recent scientific publications and findings: retrospective studies and meta- analysis showed that acidaemia is linked to a higher rate of organ failure and even mortality (Curley & Laffey, 2014; Nin et al., 2017). Considering this, future research focusing on early influence of regime to correct acidaemia considering organ protection is necessary.