Das Selbstverständnis demokratischer Gesellschaften im westlichen Erfahrungsraum ist bis heute stark geprägt von den Normen und Idealen der Aufklärung. Wir leben immer noch – trotz allen Rückschlägen und Anfechtungen – im Erwartungs- und Hoffnungshorizont, den die Aufklärung infolge eines langwierigen und schwierigen Lernprozesses erkämpft und abgesteckt hat. Dem Islam hingegen wird heute in Europa recht pauschal die Problemdiagnose erstellt, keine Aufklärung durchlaufen und erfahren zu haben. Umso wichtiger ist es herauszufinden, ob und wenn ja inwiefern, der islamische Orient zur Entstehung des europäischen politischen Denkens im Zeitalter der Aufklärung beigetragen hat. Mit Erstaunen stellt man aber fest, dass diese Frage in der politischen Ideengeschichtsschreibung Europas bis vor Kurzem kaum gestellt, geschweige denn beantwortet wurde, wenn wir einmal von der maßgeblich von Edward Said entfachten Orientalismusdebatte absehen.