Hintergrund: Angeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigste angeborene Erkrankung beim Menschen. Über 90 % der Patienten, die heutzutage mit einem AHF geboren werden, erreichen das Erwachsenenalter. Die Lebens- und Behandlungssituation gewinnt daher auch abseits der primär medizinischen Versorgung zunehmend an Bedeutung. Die vorliegende Arbeit fasst insgesamt vier Publikationen zusammen, die die Prävalenz von AHF, die medizinische Behandlung von Patienten mit AHF und die Rolle von Bildung und Erwerbstätigkeit im Leben von Patienten mit AHF zum Thema haben. Methodik: Zur Evaluation der Lebens- und Behandlungssituation von Patienten mit AHF wurden zwei onlinebasierte Patientenbefragungen durchgeführt. Die Patienten wurden über die Datenbank des Nationalen Register für angeborene Herzfehler e. V. (NRAHF) identifiziert und zur Studienteilnahme eingeladen. Das NRAHF ist das größte Register für AHF in Europa und umfasst derzeit 56.475 registrierte AHF-Patienten (Stand: 12.08.2019). Die Studienteilnehmer wurden per E-Mail, Post und über soziale Medien auf die Befragungen aufmerksam gemacht und zur Teilnahme eingeladen. Zur Ermittlung der Prävalenzraten von AHF in Deutschland wurde zusätzlich eine Analyse medizinischer Basisdaten auf Grundlage eines Datenexports des NRAHF durchgeführt. Ergebnisse: Es konnten Hinweise auf eine wachsende Zahl überlebender Patienten mit komplexem AHF im letzten Jahrzehnt in Deutschland gefunden werden. Die Transition von der Kinderkardiologie zur Erwachsenenkardiologie mit einer besonderen Zertifizierung zur Behandlung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) funktioniert derzeit nicht wie ursprünglich geplant. Es zeigte sich, dass viele Patienten beim Erreichen des 18. Lebensjahres nicht zu EMAH-zertifizierten Ärzten wechseln. Weiter fanden sich Hinweise darauf, dass erwachsene Patienten mit einfachem AHF ein eher hohes Bildungsniveau erreichen und auch häufiger einer beruflichen Tätigkeit nachgehen als erwachsene Patienten mit komplexen AHF. Sowohl das weibliche Geschlecht als auch eine geregelte berufliche Tätigkeit zeigen hierbei einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität. Diskussion: Die Zunahme von Patienten mit komplexem AHF wird künftig zu einer wachsenden Nachfrage an intensivmedizinischen Versorgungsangeboten, einer erhöhten fachlich spezialisierten kinderkardiologischen Nachsorge sowie einer steigenden wirtschaftlichen Belastung im Klinikalltag führen. Die Informations- und Wissenslücken bei Patienten und Ärzten deuten darauf hin, dass EMAH in Deutschland keine kontinuierliche und medizinisch adäquate Behandlung erhalten, was sich am Beispiel der bislang noch weitgehend unbekannten EMAH-Zertifizierung zeigt. Bei der Erstellung eines Behandlungsplans sollten Aspekte wie Geschlecht, altersspezifische Bedürfnisse, Sorgen und Ängste sowie ab dem jungen Erwachsenenalter auch der Erwerbsstatus berücksichtigt werden. Zusammenfassung: Die Ergebnisse der durchgeführten Studien sind die Grundlage, um die Behandlung von Patienten mit AHF zu verbessern und unterstreichen die Notwendigkeit einer multidisziplinären Herangehensweise, die speziell auf Patienten mit AHF zugeschnitten ist. Mögliche Unterstützungsangebote sollten sich sowohl an der medizinischen Situation als auch an der Lebenssituation und den individuellen Patientenbedürfnissen orientieren.
Background: Congenital heart defects (CHD) are the most common congenital disorder in humans. Over 90 % of patients born with CHD today are reaching adulthood. The living and treatment situation is therefore becoming more and more important outside primary medical treatment and care. The present work summarizes four publications dealing with the prevalence of CHD, the medical treatment of CHD, and the role of education and employment in the life of patients with CHD. Methods: Two online-based patient surveys were carried out to evaluate the life and treatment situation of patients with CHD. The patients were identified and recruited through the database of the German National Register of Congenital Heart Defects (NRCHD). The NRCHD is the largest register of CHD in Europe and currently has 56,475 registered CHD-patients (as of 12.08.2019). The patients were informed about the surveys and invited to participate by e-mail, post and social media. Additionally, a descriptive analysis of basic medical data based on a data export of the NRCHD was performed to determine the prevalence rates of CHD in Germany. Results: We identified a growing number of patients with severe CHD in Germany in the last decade. The transition from pediatric cardiology to adult cardiology with special certification for the treatment of adults with congenital heart disease (ACHD) is currently not working as originally planned. It turned out that many patients don’t or can’t switch to ACHD-certified specialist clinics at the age of 18. As there is a lack of treatment options for this special patient cohort, patients with simple CHD achieved a higher level of education and were also more likely to work than patients with severe CHD. Both sex (female) and a regular job can have a positive impact on the quality of life. Discussion: The increase in patients with severe CHD will in future lead to a growing demand for intensive care services, an increased importance of specialized pediatric cardiac care also for the growing number of ACHD-patients with an increasing economic burden in everyday clinical practice. The question of whether ACHD in Germany receive a continuous and medically adequate treatment, thus seems at least questionable and point to a large information gap of both, doctors and patients. An optimal treatment plan for patients with CHD should therefore always take into account aspects such as gender, age-specific needs, worries and anxieties, as well as the working status of the patient. Conclusion: The results of the conducted studies can help to improve the treatment of patients with CHD and underline the need to treat and support patients with CHD in a specialized multidisciplinary team approach. The support services should be geared to the medical situation as well as the life situation and individual patient needs.