Halluzinationen sind ein Beispiel dafür, dass Wahrnehmung eine aktive, konstruktive Leistung des Gehirns ist, da sie unabhängig von externen Reizen allein aufgrund intrinsischer Hirnaktivität auftreten. Um dem neurobiologischen Verständnis von Halluzinationen näher zu kommen, wurden Untersuchungen über die neuronalen Mechanismen bistabiler visueller Wahrnehmung bei Gesunden durchgeführt. Bistabile Wahrnehmung tritt auf, wenn die sensorische Information zweideutig ist, und ist durch einen spontanes Hin- und Herwechseln zwischen zwei möglichen Interpretationen charakterisiert. Die Parallele zu Halluzinationen besteht darin, dass Änderungen der Wahrnehmung in Abwesenheit von Änderungen der sensorischen Information zustande kommen. In einer Reihe von Verhaltens- und fMRT-Untersuchungen konnten neue Erkenntnisse über die neuronalen Grundlagen spontaner visueller Wahrnehmungsänderungen und illusorischer Wahrnehmung bei Gesunden gewonnen werden. Spontane Wahrnehmungsänderungen sind mit transienten fMRT-Signalerhöhungen in extrastriären visuellen Arealen assoziiert, die eine funktionelle Spezialisierung für die sich ändernden Wahrnehmungsinhalte aufweisen. Dies zeigt eine zentrale Rolle des extrastriären visuellen Kortex bei der Repräsentation spontaner Änderungen phänomenaler Bewusstseinsinhalte an. Der Einfluss kontextueller Information bei der Disambiguierung zweideutiger Information wird über neuronale Aktivität in extrastriären Arealen vermittelt, die diese kontextuelle Information repräsentieren. Kontextuelle Information, die mit der aktuellen perzeptuellen Interpretation in Widerspruch steht, wird auf frühen kortikalen Verarbeitungsebenen unterdrückt. Umgekehrt ist auch das perzeptuelle Auffüllen fehlender Information mit Aktivität im primären visuellen Kortex assoziiert, was durch Feedback aus extrastriären visuellen Arealen vermittelt wird. Werden spontane mit stimulus-induzierten Wahrnehmungsänderungen verglichen, so zeigen sich in visuellen Arealen keine Unterschiede im fMRT-Signal. Dagegen sind in präfrontalen Regionen stärkere und frühere Antworten bei spontanen Wahrnehmungsänderungen zu beobachten. Die zeitliche Präzedenz kann als Hinweis auf eine kausale Rolle präfrontaler Aktivierungen bei der Auslösung spontaner Wahrnehmungsänderungen interpretiert werden. Untersuchungen zur Stabilisierung der Wahrnehmung zeigten, dass dabei sowohl visuelle Areale, die das aktuelle Perzept repräsentieren, als auch präfrontale und parietale Regionen eine Rolle spielen. Zusammenfassend sind extrastriäre visuelle Areale von zentraler Bedeutung für das Zustandekommen bewusster Wahrnehmung, indem sie sowohl in zur Repräsentation von Wahrnehmungsinhalten und spontanen Wahrnehmungsänderungen als auch zur Perzeptstabilisierung beitragen. Zusätzlich spielen Interaktionen zwischen visuellen Arealen und Verarbeitungsebenen und die Kontrolle durch übergeordnete Prozesse in frontalen und parietalen Hirnregionen eine wichtige Rolle beim Zustandekommen von Wahrnehmungsänderungen in Abwesenheit von Änderungen der sensorischen Information. Daraus lassen sich neue Ansätze für das theoretische Verständnis und für die empirische Untersuchung der neuronalen Grundlagen pathologischer Wahrnehmungszustände wie Halluzinationen ableiten.
Hallucinations show that perception is an active, constructive process, because they occur independently of external sensory stimulation merely on the basis of spontaneous neural activity. To further the understanding of brain mechanisms that underlie the formation of hallucinations, the neural mechanisms of bistable visual perception were investigated in healthy individuals. Bistable perception occurs when the visual input is ambiguous, and is characterized by spontaneous alternations between two mutually exclusive perceptual interpretations of the visual input. The similarity to hallucinations is that changes in perception occur without any changes in the sensory input. A number of behavioural and fMRI studies revealed new insights into the neural mechanisms of spontaneous changes in perception and of illusory perception. Spontaneous perceptual changes are associated with transient fMRI-signal increases in extrastriate visual areas that are functionally specialized for the visual attributes that are perceived to change. This supports the notion of an important role of extrastriate visual cortex in conscious perception. The influence of contextual information on the disambiguation of ambiguous sensory information is also mediated through activity in extrastriate areas that represent this information. Contextual information that contradicts the current interpretation of the sensory information is suppressed in early visual cortex. Conversely, the filling-in of missing information is assosciated with increased activity in early visual cortex, which is mediated by feedback from higher-level extrastriate visual areas. The comparison of spontaneous with stimulus-induced perceptual changes showed that the associated neural activity is similar during the two types of changes. In contrast, prefrontal brain regions exhibit stronger and earlier activations in association with spontaneous perceptual changes. Especially the temporal precedence of prefrontal activations suggests that these brain regions participate in the initiation of spontaneous perceptual reorganizations. Investigations into the stabilization of perception indicated that activity in extrastriate visual areas as well as in frontal and parietal brain regions helps to stabilize perception in situations of perceptual ambiguity. In conclusion, extrastriate visual areas play a central role in conscious visual perception by being crucially involved in the neural representation of the contents and of spontaneous changes of visual perception as well as in its stabilization. Moreover, interactions between visual areas and the control by higher-order brain processes located in frontal and parietal cortices contribute to dynamic changes in perception in the absence of changes in sensory stimulation. These findings can help to further the theoretical understanding of pathological perceptual phenomena such as hallucinations and to develop new empirical approaches for their neuroscientific investigation.