Einleitung: Deutschland hat 2015 und 2016 über 1,2 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Viele der Flüchtlinge stammten aus Kriegsgebieten, viele haben in ihren Heimatländern und auf ihrer Flucht Hunger, Verfolgung sowie Gewalt erfahren. Mehr als ein Drittel der Flüchtlinge waren Frauen. Die Gesundheit von Frauen ist oft gefährdet durch sexuelle Gewalt oder auch durch mangelhafte Information über die mögliche frauenärztliche Grundversorgung. Diese Studie soll einen Beitrag dafür leisten, die Situation von schwangeren Flüchtlingsfrauen in Deutschland besser zu verstehen und Rückschlüsse auf eine bessere und gezieltere Betreuung dieser Gruppe ziehen zu können. Es soll untersucht werden, ob und wenn ja, welche Implikationen die oft traumatischen Fluchterfahrungen auf den Verlauf und den Ausgang von Schwangerschaften von Flüchtlingsfrauen hatten. Methode: Für die Fragestellung wurde eine vergleichende Querschnittsstudie konstruiert. Die Studie beinhaltet eine Anzahl von 960 Frauen, die schwanger gewesen waren und in den Geburtskliniken der Charité, Campus Mitte und Virchow-Klinikum, zwischen Januar 2016 und August 2017 geboren hatten. Vergleichend gegenübergestellt wurden als Zielgruppe 480 Flüchtlingsfrauen (Definition nach §§4 und 6 AsylbLG) und 480 Frauen ohne Migrationshintergrund, die zum gleichen Zeitpunkt bzw. kurz davor und kurz danach in den genannten Klinikstandorten geboren hatten. Ergebnisse: Bei der Untersuchung fast aller Parameter haben sich gleiche oder ähnliche Ergebnisse bei beiden Gruppen ergeben. Signifikante Unterschiede haben sich bei den Parametern Anzahl der Vorsorgetermine sowie beim Hb-Wert gezeigt. Die Anzahl der wahrgenommenen Vorsorgetermine war bei den Flüchtlingsfrauen geringer als bei der einheimischen Kontrollgruppe. Die Inzidenzrate beträgt 0,7; d.h. jeder Vorsorgetermin einer Patientin der Kontrollgruppe entspricht 0,7 Terminen einer Patientin der Flüchtlingsgruppe. (p=0.000, 95% KI 0.74-0.812). Der durchschnittliche Hb-Wert der Kontrollgruppe lag bei 11,1 g/dl, in der Gruppe der Flüchtlingspatientinnen betrug dieser 10,6 g/dl. So ergab sich ein Unterschied von 0,5 g/dl. Zudem waren in der einheimischen Kontrollgruppe relativ mehr Geburten vor der 37/0 SSW zu verzeichnen als in der Gruppe der Flüchtlingsfrauen. Schlussfolgerung: Die exemplarischen Studienergebnisse zeigen, dass das deutsche Gesundheitssystem offenbar in der Lage ist, Flüchtlingsfrauen adäquat zu betreuen, da wesentliche Perinataldaten sich nicht von einem einheimischen Kollektiv ohne Flüchtlingsstatus unterschieden. Ob ein Selektionsfaktor im Sinne des „healthy migrant“-Effekt hinzukommt, kann auf der Basis dieser Studie nicht entschieden werden. Es wäre sinnvoll, wenn weitere Studien um den Aspekt der individuellen Erfahrung und des ethnischen Hintergrunds der Frauen erweitert werden würden. Geklärt werden sollte, wie sich psychosoziale Belastungen in den ersten Wochen nach der Geburt auf die zugewanderten Patientinnen und Kinder auswirken.
Introduction: In Germany, 2015-2016, 1.2 million asylum seekers have entered the country. Many of them had fled their homeland due to war, hunger, and fear of being persecuted. More than a third of these asylum seekers were women, who comprise the most vulnerable group amongst them. Their health is often compromised due to sexual violence and a lack of awareness of the health care access they are entitled to, specifically obstetrics and gynecological primary care. To understand the situation of asylum seekers’ pregnancies, we examined the primary health care of this particular group to understand what, if anything, needs to improve to make the German health system more accessible to pregnant asylum seekers. Methodology: To answer our research question, we examined 960 cases of pregnant women who delivered in two big maternity clinics in Berlin-Charité, Campus Mitte, and Virchow-Klinikum, between January 2016 - August 2017. In our comparative cross-sectional study, we compared 480 asylum seeking women (as defined in articles §§4 and 6 AsylbLG) with 480 local German women. Results: For most examined parameters, there were no significant differences between the Asylum-seeking women and the local control group. Significant differences were shown in antenatal care and post-partum Hb values. The number of antenatal appointments attended by refugee women during their pregnancy was lower than that of the local group, with an incident rate of 0.7 (p=0.000, 95% KI 0.74-0.812). The mean Hb value in the control group was 11.1 g/dl, while in the asylum-seeking women’s group it was 10.6 g/dl. In addition, there were relatively more births in the native control group before the 37/0 SSW than in the group of refugee women. Conclusions: This study had showed that the German Health Care System is capable of treating asylum seeking women, such that there is almost no difference between their pregnancy outcome and perinatal care when comparing it to that of German women. Nevertheless, it is possible that our results do not necessarily reflect the ability of the health care system but are caused by other selection parameters of the health condition of our subjects, such as the „healthy migrant effect“. Since our study couldn’t differentiate between these possibilities, we suggest a follow-up study designed to focus on the individual experience of the asylum-seeking pregnant women as well as on the ethnicity factor. It will be of importance to observe these women soon after giving birth and to evaluate their health risks.