Die aus der Humanmedizin bekannte BRAF-Variante V595E wurde erstmals 2015 von MOCHIZUKI et al. (2015a) in Übergangszellkarzinomen (ÜZCa) und Prostatakarzinomen (PCa) des Hundes nachgewiesen. Ziele der vorliegenden Arbeit waren, zum ersten Mal auch für zytologische Ausstriche von Harnsedimenten und Feinnadelaspiraten ein Nachweisverfahren zu etablieren, die diagnostische Relevanz der BRAF-Mutation in den beiden genannten kaninen Neoplasien erstmals auch in der europäischen Hundepopulation zu untersuchen sowie den Zusammenhang zwischen der BRAF-Mutation, den histologischen Befunden und der immunhistologischen COX-2-Expression im ÜZCa zu erforschen. Dazu wurden aus den Routineeinsendungen an die Firma LABOKLIN GmbH & Co. KG und an das Institut für Tierpathologie der Universität Berlin in den Studien 1 und 2 insgesamt 101 Bioptate (Studie 1: n = 36; Studie 2: n = 65), 48 Urinproben und/oder 31 zytologische Ausstriche der Harnblase von Hunden mit ÜZCa (n = 98; Studie 1: n = 33; Studie 2: n = 65), Zystitis (Studie 1: n = 23), Harnblasenpolypen (Studie 1: n = 7) oder ohne pathologische Veränderungen (Studie 1: n = 3) histologisch, immunhistologisch und molekulargenetisch untersucht. In Studie 3 wurden 70 Biopsien und 17 zytologische Ausstriche der Prostata mit PCa (n = 46, davon zytologisch: n = 11), benigner Prostatahyperplasie (n = 22), Prostatitis (n = 14), Plattenepithelmetaplasie (n = 2) und Atrophie der Prostata (n = 3) ebenfalls aus den Routineeinsendungen an die Firma LABOKLIN GmbH & Co. KG histologisch und molekulargenetisch untersucht. Das Verfahren des Nachweises der BRAF-Mutation konnte erfolgreich für zytologische Ausstriche etabliert werden (Studie 1: ÜZCa, Studie 3: PCa) und die Mutation auch in den ÜZCa und PCa der europäischen Hundepopulation nachgewiesen werden (Studien 1 und 2 (ÜZCa): Terrier: 88 bzw. 73 %, Nicht-Terrier: 65 bzw. 36 %; Studie 3 (PCa): 61 %). Da in keiner der untersuchten Proben mit den genannten anderen Erkrankungen die BRAF-Mutation nachgewiesen werden konnte, handelt es sich um ein hochspezifisches (100 %) Verfahren, das eine sehr gute Ergänzung in der Diagnostik beider Neoplasien des Hundes darstellt. Durch die BRAF-Mutation bedingte PCa wiesen einen signifikant höheren Gleason-Score (schlechter differenziertes vorherrschendes Wachstumsmuster) auf als PCa ohne diese Mutation. Im Gegensatz dazu konnte in Studie 2 kein Zusammenhang zwischen der BRAF-Mutation und dem histologischen Grad (low- vs. high-grade) der ÜZCa gezeigt werden. Immunhistologisch konnte im kaninen ÜZCa ebenfalls kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem histologischen Grad und der Intensität der COX-2-Expression festgestellt werden. Bei durch die BRAF-Mutation verursachten ÜZCa von Hunden der Nicht-Terrier-Rassen konnte jedoch eine höhere Intensität der COX-2-Expression detektiert werden als in ÜZCa ohne diese Mutation. Dieser Zusammenhang ließ sich aber nicht auf ÜZCa von Terriern übertragen. Letztere zeigten unabhängig vom Vorliegen der BRAF-Mutation eine stärkere COX-2- Expression als ÜZCa anderer Rassen. Die klinische, therapeutische und prognostische Relevanz dieser Befunde ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Der Nachweis der BRAF-Mutation stellt in der Tiermedizin jedoch ein innovatives molekulargenetisches Verfahren dar, welches in Zukunft eine personalisierte Therapie von kaninen ÜZCa und PCa mit COX- und RAF-Inhibitoren ermöglichen könnte. Studien zum Einsatz von RAF-Inhibitoren in der Behandlung BRAF-positiver Neoplasien des Hundes sollten deshalb unbedingt forciert werden.