Einleitung: Zur Senkung der neonatalen Morbidität und Mortalität durch Frühgeburtlichkeit wird die antenatale Steroidgabe mit Betamethason (BET) zwischen der 24+0 und 34+0 Schwangerschaftswoche (SSW) empfohlen. Eine Ausweitung auf späte Frühgeburten nach der 34+0 SSW wird diskutiert. Allerdings gibt es Hinweise, dass insbesondere hohe Dosen antenatal verabreichter Glukokortikoide zu einer bleibenden Dysregulation der fetalen Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) führen und somit Auswirkungen auf die Entwicklung von adulten Erkrankungen haben könnten. Bei der Transmission dieses Glukokortikoid-Effektes könnten die plazentaren 11β-Hydroxysteroidhydrogenasen (11β-HSD) von Bedeutung sein. Methoden: An 86 mit einem antenatalen Zyklus BET (2x12 mg i.m. im Abstand von 24 Stunden) behandelten Schwangeren wurden die Auswirkungen auf die neonatale und plazentare Anthropometrie sowie auf das neonatale Outcome (pH, APGAR) im Vergleich zu 92 nach Gestationsalter gepaarten Kontrollen untersucht. Mittels ELISA wurden maternale und umbilikale ACTH- und Cortisolkonzentrationen bestimmt. Die plazentaren 11β-HSD1/2-Proteinlevel wurden mittels Western Blot gemessen. Darüber hinaus wurde durch einen radioaktiven Assay die 11β-HSD2-Enzymaktivität analysiert. Untergruppen wurden nach Gestationsalter und Geschlecht getrennt untersucht. Ergebnisse: Bei weiblichen Reifgeborenen war der Kopfumfang nach BET-Behandlung verringert. In dieser Subgruppe war auch die plazentare 11β-HSD2-Proteinmenge und -Aktivität im Vergleich zur Kontrollgruppe reduziert. Bei männlichen mit BET-behandelten Frühgeborenen zeigten sich eine verringerte Körperlänge und erhöhte plazentare 11β-HSD2-Proteinwerte. Es ließen sich keine signifikanten Veränderungen bei den plazentaren Maßen, den 11β-HSD1-Proteinmengen oder den venösen ACTH- und Cortisolkonzentrationen feststellen. Diskussion: Bereits ein antenataler Zyklus BET war mit geschlechtsspezifischen Veränderungen der 11β-HSD2-Proteinmenge und der neonatalen Anthropometrie assoziiert. Die verminderte 11β-HSD2-Proteinmenge und -Aktivität bei weiblichen Reifgeborenen könnte zu einer Dysregulation der fetalen HPA-Achse mit einem erhöhten Morbiditätsrisiko im Alter beitragen. Die potenziellen Konsequenzen einer erhöhten 11β-HSD2-Proteinmenge bei männlichen Neugeborenen sind unerforscht. Als mögliche Ursache der geschlechtsspezifischen BET-Effekte wird eine unterschiedliche epigenetische Regulation von 11β-HSD2 diskutiert. In Anbetracht dieser offenen Fragen und den potenziellen negativen Langzeitauswirkungen ist die aktuelle Diskussion um eine BET-Gabe nach der 34+0 SSW mit Vorsicht zu führen.
Introduction: Antenatal administration of betamethasone (BET) is recommended between 24+0 and 34+0 weeks of gestation (wks) to reduce neonatal morbidity and mortality in preterm birth. Because of the documented benefits, using antenatal glucocorticoid-treatment for late preterm birth after 34+0 wks is currently being considered. However, antenatal administration of BET could lead to a persisting dysregulation of the fetal hypothalamic-pituitary-adrenal axis (HPA axis) and affect morbidity risk in later life. The placental 11β-hydroxysteroid hydrogenases (11β-HSD) could play a decisive role in transmitting this BET effect. Methods: The effects of one antenatal BET cycle (2x12 mg i.m. in 24 h) on outcome parameters (pH, APGAR), neonatal and placental anthropometry were investigated in 86 BET-exposed pregnancies and 92 gestational age-matched controls. Maternal and umbilical ACTH- and cortisol-levels were determined by ELISA. 11β-HSD1/2 protein levels were measured by Western blot and a radiometric conversion assay was used to examine 11β-HSD2 enzyme activity. Subgroups were analyzed according to gestational age and prematurity. Results: Head circumference and placental 11β-HSD2 protein level and activity were reduced in BET-treated term born females. Preterm males treated with BET showed reduced body length and increased placental 11β-HSD2 protein levels. We found no differences in placental dimensions, 11β-HSD1 protein level or venous ACTH and cortisol levels between groups. Discussion: We observed sex-specific alterations of placental 11β-HSD2-levels and neonatal anthropometry after one antenatal cycle of BET. The reduced 11β-HSD2 protein amount and activity in term born females could contribute to a dysregulation of the fetal HPA axis with increased morbidity and mortality risk in later life. The consequences of increased 11β-HSD2 protein levels in males are unknown. A potential mediator of this sex-specific BET-effect could be the epigenetic regulation of 11β-HSD2. Considering the remaining gaps of knowledge and the potential long-term effects, the current discussion on antenatal BET-treatment after 34+0 wks should be viewed with caution.