Einleitung: Die bei Schwerverletzten bekannte, ausgeprägte Kallusbildung bei gleichzeitig vorliegendem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) wurde bereits von verschiedenen Studien analysiert und auf mögliche Ursachen hin untersucht. Trotzdem blieb eine Erklärung dabei bislang aus. Gleichzeitig stieg mit Entdeckung der Hormone Leptin und Osteocalcin (OCN) das Interesse an der endokrinen Regulation des Knochenumbaus und dessen Einfluss auf den Hormonund Energiehaushalt. Die vorliegende Forschungsarbeit versucht, neuste Kenntnisse über den Knochenstoffwechsel in der Hormon- und Energiehomöostase auf die spezifische Situation des kombinierten zentralen und Extremitätentraumas zu übertragen und so Erkenntnisse auf dem Gebiet der Frakturheilung (Fx-Heilung) herauszuarbeiten.
Material und Methoden: 132 weibliche C57BL/6NCrl Wildtyp (WT)-Mäuse (Charles Rivers Labors) und 134 weibliche B6.V-Lep-ob/JRj Leptin-Defizienz-Mäuse (Janvier) wurden in die Gruppen: isolierte Fraktur, isoliertes SHT, Kombitrauma und Kontrolle, aufgeteilt und entsprechend einer Femurosteotomie und/oder einem Controled-Cortical-Impact-Injury (CCII) unterzogen. Postoperativ erfolgten wöchentliche Blutentnahmen. Die so gewonnenen Proben mit Maus-Elisa Systemen auf ihren Gehalt an Insulin (Mouse Ultrasensitive Insulin ELISA, Alpco Diagnostics) und OCN (Mouse Osteocalcin ELISA, Immunotopics International) untersucht. Die statistische Auswertung erfolgte durch SPSS 22 (SPSS 22, IBM).
Ergebnisse: Postoperativ zeigte sich bei WT-Tieren der Fx-Gruppe sowie der Kombinationstraumagruppe ein zweiwöchiger signifikanter Plasmaspiegelanstieg von Insulin bei gleichzeitigem Abfall der OCN-Plasmaspiegel. Hierbei zeigten Tiere mit Femurosteotomie und insbesondere Kombitraumatiere deutlich stärkere OCN-Abfälle als Tiere mit isoliertem SHT. Innerhalb der Leptin-Defizienz-Tiere zeigte sich bei Tieren dieser Gruppen innerhalb der ersten zwei Wochen ebenfalls ein traumaspezifischer Anstieg der Seruminsulinspiegel. Hier kam es entsprechend auch zu einem parallelen Abfall des Plasma-OCN-Spiegels, wo bei sich bei Leptin-Defizienz kein traumaspezifischer OCN-Verlauf nachweisen ließ. Vier Wochen postoperativ näherten sich bei beiden Tierstämmen Insulin- und OCN-Spiegel den Ausgangswerten an.
Diskussion: Im posttraumatischen Hormonspiegel von WT- und Leptin-Defizienz-Mäusen zeigt sich eine initiale, stressbedingte Hyperinsulinämie im Sinne einer zentral induzierten Insulinresistenz, die über das ausbleibende Insulin-Signaling im Osteoblasten zu einer geringeren Synthese und Freisetzung von OCN führt. Diese Prozesse sind in WT-Tieren traumaspezifisch und führen über eine Unterschreitung eines OCN-Grenzwerts in der Gruppe der Kombitraumatiere zu einer enthemmten Fx-Heilung mit akzellerierter Kallusbildung. Bei Leptin-Defizienz kommt es trotz deutlicherem OCN-Abfall über alle Traumagruppen zu einer gestörten Fx-Heilung, was die übergeordnete Funktion des Sättigungshormons verdeutlicht.
Schlussfolgerungen: Die vorliegende Studie zeigt die Interdependenz der Hormone Insulin, OCN und Leptin bei der Regulation des Energiehaushalts. Dabei übernimmt das Skelettsystem keine statisch-speichernde, sondern eine dynamisch regulierende Funktion. Im Traumafall kommt es zu einer akuten Energiedysbalance mit zentralen, hormonellen und zellulären Anpassungsreaktionen, die bei Kombinationstrauma zu einer akzellerierten Fx-Heilung führen.
Introduction: In severely injured patients accelerated fracture healing after traumatic brain injury (TBI) is well-known. Studies which investigated its causes have been without any success. Parallel, the discovery of leptin and osteocalcin (OCN) has evoked interest in the endocrine regulation of bone turnover and its influence on hormone and energy homeostasis. This study attempts to transfer these insights on to the situation of a combined trauma to further investigate fracture healing. Materialandmethods: 132 female C57BL/6NCrl wild type (WT) mice (Charles Rivers) and 134 female B6.V-Lep-ob/JRj leptin-deficient mice (Janvier) were divided into the groups: isolated fracture, isolated TBI, combination trauma and control. They underwent femur osteotomy and / or controlled cortical impact injury (CCII). Postoperatively, blood was drawn weekly and analyzed for insulin and OCN via mouse ELISA systems (Mouse Ultrasensitive Insulin ELISA, Alpco and Diagnostics and Mouse Osteocalcin ELISA, Immunotopics International). Statistics were done using SPSS 22 (SPSS 22, IBM).
Results: Within two weeks, WT-mice with isolated fracture and combined trauma showed a significant increase in insulin and a drop in OCN. Animals with isolated femur osteotomy and moreover with combined trauma showed a more distinct OCN variation than animals with isolated TBI. In leptin-deficiency, despite a preknown hyperinsulinemia, there was also a specific rise in insulinlevels during the first two weeks postoperatively in mice with extremity or combined trauma. As in WT-mice, without leptin there was a drop in OCN levels, too, but without any trauma specificity. After four weeks insulin and OCN content recovered to initial levels in both mouse strains.
Discussion: Trauma specific hormone levels of WT- and leptin-deficient mice show an initial hyperinsulinemic stress reaction in terms of a centrally induced insulin resistance. In consequence, missing insulin signalling in osteoblasts leads to a drop in OCN synthesis and release below a threshold that causes the disinhibition of fracture healing and accelerated callus formation after combined trauma. In leptin deficiency, despite a more distinct drop in OCN, fracture healing is impaired, which shows the superordinate role of leptin on the interaction of insulin and OCN after trauma.
Conclusion: This study shows the interdependence of insulin, OCN and leptin in the establishment and maintenance of an energy balance. Herein, the skeleton is not in a static storing, but in a dynamic regulating function. In trauma induced acute energy imbalance there are central, endocrine and cellular adaptive responses, which lead to an accelerated fracture healing in combined trauma.