Im Zuge des Wandels von der industriellen zur wissensbasierten Ökonomie hat das Rechtskonstrukt des geistigen Eigentums erheblich an Bedeutung gewonnen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden auf Drängen der Staaten des Globalen Nordens auf internationaler Ebene zunehmend verbindliche Schutzstandards vereinbart. Im Zuge der fortschreitenden Regulierung haben Übereinkommen wie das über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) heftige Kontroversen ausgelöst, da diese Einschränkungen für die Zugänglichkeit essenzieller Wissensgüter mit sich bringen. Allerdings waren in der jüngeren Vergangenheit Koalitionen aus Staaten des Globalen Südens und zivilgesellschaftlicher Organisationen in einer Reihe von Fällen in der Lage, internationale Regeln in ihrem Sinne zu beeinflussen. Wie konnten sich diese materiell schwächeren Akteure durchsetzen? Meine Dissertation nutzt eine breite empirische Grundlage, um diese Frage aus verglei-chender Perspektive zu untersuchen. In zwei Themenfeldern betrachte ich jeweils die Reformbemühungen schwächerer Akteure über Zeit. Zunächst untersuche ich den Konflikt um Zugang zu urheberrechtlich geschützten Druckerzeugnissen für Menschen mit Sehbehinderungen und anderen Leseeinschränkungen. Während ein erster Reformversuch in den 1970er und 80er Jahren nur eine unverbindliche Empfehlung hervorbrachte, war ein zweiter Versuch weit erfolgreicher. Der 2013 von der Weltorganisation für geistiges Eigentum beschlossene Vertrag von Marrakesch etablierte gegen den anfänglichen Widerstand der Industriestaaten und Rechteinhabern eine verbindliche Schrankenregel. In einer zweiten Fallstudie untersuche ich den Konflikt um Zugang zu Saatgut insbesondere für Kleinbauern. Auch hier scheiterte ein erster Reformversuch in den 1980er Jahren weitgehend, während ein späterer im Jahr 2001 den weitreichenderen Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung Landwirtschaft hervorbrachte. Von der Literatur betonte Erklärungsfaktoren wie die Akteurskonstellation sind über beide Fälle weitgehend konstant. Was erklärt also den größeren Erfolg der späteren Reformbemühungen? Das zentrale Argument der Arbeit ist, dass Veränderungen in den institutionellen Kontex-ten der Governance-Felder Möglichkeiten für schwächere Akteure eröffnet haben. Unter Bezug auf die Literatur zu Regimekomplexität und den historischen Institutionalismus zeige ich, dass wettbewerbsförmige Interaktion zwischen internationalen Institutionen Herausforderern Opportunitätsstrukturen eröffnet. Umgekehrt führt die Fragmentierung institutioneller Kontexte zu einer Schließung der Opportunitätsstruktur für schwächere Akteure, da dies eine breite Mobilisierung und kollektives Handeln erschwert. Meine Arbeit knüpft an der Diskussion über die internationale Regulierung von Märkten in der Internationalen Politischen Ökonomie an. Darüber hinaus leistet sie einen Beitrag zur Debatte über Regimekomplexität in den Internationalen Beziehungen.
In the course of the transition from the industrial to the knowledge economy, the legal construct of intellectual property has gained considerably in significance. Since the mid-20th century, countries of the Global North have successfully pushed for authoritative standards of protection at the international level. International treaties, including the Agreement on Trade-related Aspects of Intellectual Property (TRIPS) have caused controversy, as they restrict the accessibility of essential knowledge goods. In recent years, however, coalitions of countries from the Global South and NGOs have been able to influence international rulemaking in a number of cases. How were these materially weaker actors able to achieve change? Drawing on a wealth of empirical material, my dissertation studies this question from a comparative perspective. In a first case study, I analyze the conflict over access to printed material for people who are blind, visually, or otherwise print-disabled. While a first reform attempt in the 1970s and 80s failed to produce a significant outcome, a second one was far more successful. In 2013, the World Intellectual Property Organization adopted the Marrakesh Agreement, which, against the opposition of developed countries and rights holders, established legally binding limitations and exceptions for the benefit of people with disabilities. In a second case study, I look at the conflict over access to crop seeds for smallholder farmers. As in the first case study, in the 1980s, an initial reform attempt was unsuccessful. A second one, however, in 2001, resulted in the conclusion of the far-reaching International Treaty for Plant Genetic Resources for Food and Agriculture. Explanatory factors highlighted by the literature, such as the actor constellation, are largely constant across both cases. What then explains the greater success of later reform attempts? I argue that shifts in the institutional contexts of the governance areas have created opportunities for weaker actors. Combining insights from the literature on regime complexity and historical institutionalist theorizing, I show that competitive relationships among international institutions open up the opportunity structure for challengers of the regulatory status quo. Conversely, a fragmentation of the institutional context leads to a closure of the opportunity structure, as it exacerbates broad mobilization and sustained collective action. My thesis makes a contribution to discussions in International Political Economy on the international regulation of markets. It also contributes to the debate in International Rela-tions on regime complexity.