Kurzzusammenfassung
Einleitung: Anatomische Unterschiede zwischen Männern und Frauen spielen in der chirurgischen Therapie des kolorektalen Karzinoms eine große Rolle. Aufgrund des engeren Beckens ist die Identifikation wichtiger anatomischer Strukturen und damit auch die Gewährleistung der onkologischen Radikalität bei Männern erschwert. Verschiedene Studien legen nahe, dass bei Männern signifikant häufiger eine Anastomoseninsuffizienz auftritt. Dies hat nicht nur Einfluss auf den direkten postoperativen Verlauf, sondern auch auf die Anschlusstherapie, da eine eventuell notwendige adjuvante Therapie durch nachfolgende Operationen verzögert werden kann. Zum Thema Anastomoseninsuffizienz findet man viele wissenschaftliche Arbeiten. Jedoch mangelt es an Studien, welche einen Überblick über Genderaspekte in der Therapie des kolorektalen Karzinoms geben. In dieser Arbeit sollen genderspezifische Unterschiede in Therapie und Outcome bei Männern und Frauen mit einem kolorektalen Adenokarzinom der UICC-Stadien I-III untersucht werden. Der Fokus soll auf der chirurgischen Therapie und deren Komplikationen liegen.
Methoden: Es handelt sich um eine retrospektive Analyse. Eingeschlossen wurden alle Patienten mit einem primären Adenokarzinom des Zökums, Kolons oder Rektums der UICC-Stadien I-III, welche in den Jahren 2010-2014 an der Charité kurativ behandelt wurden. Neben dem Geschlecht wurden andere Variablen mit Einfluss auf das Therapieergebnis (Alter, ASA, BMI,…) erhoben. Komplikationen wurden in verschiedene Kategorien (Anastomoseninsuffizienz, infektiologisch, Wundheilungsstörungen…) eingeteilt. Dabei wurde zwischen postoperativen Komplikationen und Komplikationen im Verlauf differenziert. Anhand der Clavien-Dindo-Klassifikation wurde der Schweregrad der Komplikationen bestimmt. Zur statistischen Auswertung wurden die Programme SPSS Version 22 und 23 verwendet. Die statistische Signifikanz wurde bei den kategorialen Variablen mit dem Chi-Quadrat-Test oder dem exakten Fisher Test ausgewertet. Hierbei war ein p-Wert <0,05 statistisch signifikant.
Ergebnisse: Das Kollektiv bestand aus 409 Männern und 278 Frauen. Männer waren präoperativ signifikant häufiger einer höheren ASA-Klassifikation zuzuordnen. Aufgrund von Komplikationen war bei Männern eine sekundäre Stomaanlage signifikant häufiger notwendig (p=0,029). Männer wiesen eine höhere Rate an chirurgischen Komplikationen (Blutungen, Nahtinsuffizienzen…) auf (p=0,021). Es bestand kein signifikanter Geschlechtsunterschied im Auftreten einer Anastomoseninsuffizienz. Revisionseingriffe (Clavien-Dindo IIIb) waren bei Männern häufiger notwendig (p=0,022). Frauen wiesen ein signifikant längeres Gesamtüberleben auf (p=0,011).
Schlussfolgerung: Die höhere Rate an Reinterventionen mit Stomaanlage bei den Männern weist auf chirurgische Schwierigkeiten bei der Primäroperation hin. Diese sind vermutlich in der Anatomie des männlichen Beckens begründet. Frauen weisen einen prognostisch günstigeren Verlauf, welcher sich in einem längeren Gesamtüberleben widerspiegelt, auf. Dies kann unter anderem auf die höhere Komorbidität der Männer zurückgeführt werden.
Abstract Introduction: Anatomic differences between men and women are important in colorectal cancer surgery. The identification of anatomic structures and the realization of adequate oncologic resection in men appears difficult due to the male narrow pelvis. Several studies consider male gender as a significant risk factor of anastomotic leakage. Surgical complications do not only influence postoperative course but also may delay adjuvant tumour therapy. There are many studies analyzing the effect of gender on anastomotic leakage. Yet there is a lack of investigations giving an overview on gender differences in colorectal cancer therapy. Hence, primary endpoint of this study was to detect gender differences in therapy and outcome in patients with a colorectal adenocarcinoma in UICC-stages I-III. It was mainly focussed on surgical therapy and its complications.
Methods: Data collection was performed in a retrospective setting. In this study the data of patients with a colorectal adenocarcinoma of the caecum, colon or rectum in UICC stages I-III, treated with curative intention at the Charité between 2010-2014, were analyzed. Apart from gender other variables influencing therapeutic outcome (age, ASA, BMI….) were collected. Complications were grouped into several subcategories (anastomotic leakage, infection, wound healing disorder…). Postoperative complications were distinguished from complications appearing during course of time. In order to determine the grade of complications, Clavien-Dindo classification was used. For statistical analysis SPSS versions 22 and 23 were used. Chi-Square-test or Fisher’s exact test were used to determine independence of the nominal variables. Statistical significance was defined by a p-value <0,05.
Results: The analyzed group consisted of 409 men and 278 women. Male sex was associated with a higher ASA degree. Postoperative complications required a stoma implantation in men more frequently (p=0,029). The rate of surgical complications (bleeding, suture insufficiency…) was higher in men than in women (p=0,025). There were no significant differences between men and women concerning anastomotic leakage. Reinterventions (Clavien-Dindo IIIb) were more frequent in men (p=0,022). Women lived significantly longer than men (p=0,011).
Conclusions : Men required more frequently reinterventions with secondary stoma implantation, which may be attributed to surgical difficulties during primary tumour resection. Women have a better prognosis, which is reflected in a longer overall survival. This can be led back to the higher comorbidity of the men.