Einleitung: Jeder dritte Mensch in Deutschland ist von einer Form des Kindesmissbrauchs betroffen. Seit der Pionierarbeit der Adverse Childhood Experiences Study ist erwiesen, dass frühe traumatische Erlebnisse (early life stress, ELS) bis ins Erwachsenenalter wirken und die Entstehung von somatischen und psychischen Erkrankungen begünstigen. Aktuelle Studien weisen auch auf einen Zusammenhang zwischen frühen Traumata und Diabetes mellitus Typ 2 im Erwachsenenalter hin, welcher unabhängig von Adipositas und psychischen Komorbiditäten bestehen könnte. Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, ob bei somatisch und psychisch gesunden Frauen mit ELS Veränderungen im Glukosemetabolismus und eine erhöhte Prävalenz weiterer Risikofaktoren des metabolischen Syndroms vorliegen.
Material und Methoden: Insgesamt wurden 21 Frauen mit frühen traumatischen Erlebnissen und 36 Frauen ohne Traumatisierung in die Studie eingeschlossen. Alle Probandinnen wurden mittels klinischer Interviews auf Traumata und psychische Erkrankungen untersucht. Daraufhin erfolgte die Durchführung eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT), die Bestimmung laborchemischer Parameter und weiterer Risikofaktoren für das metabolische Syndrom. Die Datenauswertung erfolgte mittels des statistischen Bearbeitungssystems Statistical Package for Social Sciences (SPSS) Version 23. Die Glukose- und Insulinkonzentration im oGTT wurde durch Varianzanalysen mit Messwiederholung analysiert. Es wurde ein alpha-Niveau von .05 gewählt. Für die Analyse von Korrelationen wurde die Fläche unter der Kurve für die Glukose- und Insulinkonzentration im oGTT berechnet und mit der Schwere des Kindheitstraumas und den metabolischen Risikofaktoren korreliert. Die Berechnung soziodemographischer und klinischer Daten erfolgte mit dem t-Test für unabhängige Stichproben und dem Chi-Quadrat-Test für kategoriale Daten.
Ergebnisse: Probandinnen mit frühen traumatischen Erlebnissen wiesen einen signifikant höheren BMI auf als die Kontrollgruppe. Im oGTT zeigte sich jedoch für die Glukose- und Insulinkonzentration kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Auch bei Kontrolle für den BMI änderte sich dieses Ergebnis nicht. Frauen mit ELS wiesen signifikant häufiger erhöhte Triglyzeride auf, während für weitere Risikofaktoren des metabolischen Syndroms kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen bestand. Es zeigte sich keine signifikante Korrelation zwischen der Schwere des Traumas und der Glukose- und Insulinkonzentration im oGTT. Der BMI war positiv korreliert mit der Gesamtsumme des Childhood Trauma Questionnaire, für weitere Diagnosekriterien des metabolischen Syndroms zeigten sich jedoch keine Korrelationen. Schlussfolgerungen: In der vorliegenden Arbeit zeigte sich kein Anhalt für eine gestörte Glukosetoleranz oder eine erhöhte Prävalenz des metabolischen Syndroms bei somatisch und psychisch gesunden Frauen mit frühen traumatischen Erlebnissen. Es lässt sich vermuten, dass es keinen vom Gewicht und psychischen Komorbiditäten unabhängigen Zusammenhang zwischen ELS und Diabetes mellitus Typ 2 und dem metabolischen Syndrom gibt.
Introduction: Every third person in Germany is affected by one kind of child abuse. Since the pioneering work of the Adverse Childhood Experiences Study, it has been shown that early life stress (ELS) effects the individual into adulthood and promotes the development of somatic and mental illnesses. Recent studies suggest an association between early trauma and type 2 diabetes mellitus (DM2), which may be independent of obesity and psychological comorbidities. Aim of this study is to investigate whether there is a change in glucose metabolism and a higher prevalence for risk factors of the metabolic syndrome in somatically and mentally healthy women with ELS.
Material and Methods: A total of 21 women with ELS and 36 women without trauma were enrolled in the study. All subjects were interviewed for traumatic experiences and mental illnesses. Followed by an oral glucose tolerance test (oGTT), examination of laboratory parameters and physical examination for the risk factors of the metabolic syndrome. Data was analyzed using Statistical Package for Social Sciences (SPSS) version 23. Concentration of Glucose and insulin during oGTT was analyzed by repeated measures of variance analysis. An alpha level of .05 was chosen. For the analysis of correlations the area under the curve for glucose and insulin concentration in oGTT was calculated and correlated with severity of childhood trauma and prevalence of metabolic risk factors. Sociodemographic and clinical data were calculated using the t-test for independent samples and the chi-square test for categorical data.
Results: Subjects with ELS had a significantly higher BMI than the controls. In the oGTT, however, there was no significant difference for the concentrations of glucose and insulin. Even after controlling for BMI, this result did not change. Women with ELS were significantly more likely to have elevated triglycerides, while there was no significant difference between the groups for other risk factors of the metabolic syndrome. There was no significant correlation between severity of the trauma and concentration of glucose and insulin in the oGTT. BMI was positively correlated with the sum in the Childhood Trauma Questionnaire, but further diagnostic criteria for the metabolic syndrome showed no positive correlation.
Conclusion: Somatically and psychologically healthy women with ELS showed no evidence of impaired glucose tolerance or higher prevalence of the metabolic syndrome. It can be assumed that there is no relationship between ELS and DM2 and the metabolic syndrome, which is independent from weight and psychological comorbidities.