Einleitung: Seit den 1980er Jahren hat sich die Geburtsbegleitung durch den (werdenden) Vater auch in Kreißsälen in deutschen Kliniken zunehmend durchgesetzt. Die Anwesenheit des Partners während der Geburt wurde ohne eine wissenschaftliche Evaluierung etabliert. Primärziel des quantitativen Studienteils war es, die Auswirkungen der Teilnahme an einem relativ kurzen Männervorbereitungskurs (MVK) auf das Geburtserleben des Paares mit der SIL-Ger (Salmon ́s Item List, dt. Fassung n. Stadlmayr) zu untersuchen und sekundär einen möglichen Einfluss des MVK auf die Sectiorate und die Inanspruchnahme einer Periduralanästhesie (PDA) sub partu festzustellen. Mit dem ergänzenden qualitativen Teil sollte die mögliche Bedeutung des Partners für die Geburtsverarbeitung sowie der Effekt folgender Faktoren auf das Geburtserleben erfasst werden: Kontrollverlust, kontinuierliche Betreuung, Entscheidungsteilnahme und Konzentration auf sich selbst.
Material und Methoden: Die Datenerhebung erfolgte 48-96 Stunden postpartal auf der Wochenbettstation mittels Fragebögen (Rücklaufrate: 61%, Dropoutrate: 5%). Im Rahmen des qualitativen Studienteils wurden ca. 6 Wochen postpartum 12 Paare mittels Leitfadeninterview im Anschluss an eine Geburtsnachbesprechung befragt.
Ergebnisse: Entsprechend einer Fallzahlschätzung wurden im Rahmen dieser prospektiven Studie von Mai 2017 bis Januar 2019 70 Paare mit und 73 Paare ohne MVK-Teilnahme in den quantitativen Studienteil eingeschlossen. (1) Primärfragestellung: Die SIL-Ger-Auswertung zeigt für das Geburtserleben keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen (Männer mit vs. ohne MVK: p=0,591 und deren Frauen: p=0,152). (2) Sekundärfragestellung: Die PDA-Rate war in beiden Gruppen ähnlich (p=0,799). Die Sectiorate war mit 21% bei Frauen, deren Partner einen MVK besucht hat, niedriger als bei den Frauen mit einem Partner ohne MVK-Teilnahme (38%; p = 0,027). Frauen wiesen unabhängig vom Bildungsgrad insgesamt ein weniger positives Geburtserleben auf, als die männlichen Befragten (p=0,000). Im qualitativen Teil gaben 12/12 der befragten Frauen an, dass der Partner hilfreich bei der Geburtsverarbeitung war. Alle Frauen mit einem positiven Geburtserleben wiesen eine adäquate Einbindung in Entscheidungen sub partu als gemeinsames Merkmal auf.
Diskussion: Es konnte kein signifikanter Effekt des MVK auf das Geburtserleben oder die PDA-Rate gezeigt werden. Ob die Teilnahme der Männer an einem MVK tatsächlich zu einer Reduktion der Sectiorate führt, sollte in einem größeren Kollektiv untersucht werden, da hier zahlreiche medizinische, aber auch nicht-medizinische Faktoren eine Rolle spielen. Aufgrund der Multidimensionalität des Geburtserlebens muss diskutiert werden, ob ein zweistündiger MVK für einen entsprechenden Einfluss ausreichend ist. Ergänzend scheint die Einbindung der Gebärenden in Entscheidungsprozesse sub partu von Bedeutung zu sein. Bei der Entwicklung zukünftiger Vorbereitungskonzepte sollte dies berücksichtigt werden.
Introduction: The primary objective of the quantitative part of this study was to investigate the impact of a father-specific course on the couple's birth experience and, secondarily, the impact of the course on the cesarean section and the epidural anesthesia rate. The supplementary qualitative part assesses the father’s role during and after birth as well as the impact of the following factors on the birth experience: Loss of control, continuous care, participation in decision-making and concentration on oneself. Material and Methods: Data were collected 48-96 hours postpartum on the ward using questionnaires (response rate: 61%, dropout rate: 5%). In the qualitative part of the study, 12 couples were interviewed about 6 weeks postpartum using a guideline interview following a postnatal debriefing. Results: According to a case number estimate, this prospective study the quantitative part included 70 couples with and 73 couples without participation in the course starting May 2017 to January 2019. (1) Primary questioning: The data evaluation shows no significant difference between the two groups regarding the birth experience (men with vs. without participation: p=0.591 and their women: p=0.152). (2) Secondary questioning: The epidural rate was similar in both groups (p=0.799). With 21%, the cesarean section rate was lower among women whose partners participated in the course than among women whose partners did not participate (38%; p = 0.027). Women, regardless of their education, had a less positive birth experience than the male respondents (p=0.000). In the qualitative part, 12/12 of the interviewed women stated that their partner was helpful processing birth. All women with a positive birth experience felt adequately involved in decision-making during birth. Discussion: No significant impact of the fathers’ course on birth experience or the epidural rate could be shown. Whether such a course can lead to a reduction of the cesarean section rate should be investigated in a larger collective, since numerous medical and non-medical factors are involved. Due to the multidimensionality of the birth experience, it must be discussed whether a two-hour course is sufficient for a corresponding impact. Also, the adequate involvement in decision-making of women giving birth seems to be crucial. This should be taken into account when developing future preparatory concepts.