Alternative Gesundheitsvorstellungen und ‐praktiken sowie deren Stellung werden gesundheitspolitisch kontrovers diskutiert. Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung erstellte dieses Projekt im Jahr 2019 eine Literaturübersicht zur soziokulturellen Vielfalt im Gesundheitswesen in Deutschland. Hierzu wurden sozialwissenschaftliche Studien zu diversen Traditionen und Praktiken (wie z.B. Homöopathie, anthroposophische Medizin, Akupunktur, Ayurveda, schamanistische und christliche Geistheilung) systematisch gesichtet und Erkenntnisse sowohl zu alternativmedizinischen Patienten als auch Praktizierenden präsentiert. Fokussiert wurden zum einen historisch bereits länger existierende Angebote der Alternativ- und Komplementärmedizin sowie deren rechtliche Verankerung in Deutschland. Zum anderen betrachtet die Studie Heilungsverständnisse und praktiken, die in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten über Dynamiken von Migration und Globalisierung in Deutschland an Popularität gewonnen haben. Zudem wurden systematisch Parallelen zu vergleichbaren Phänomenen im europäischen Ausland hergestellt und Studien miteinbezogen, die sich mit kritischen Einstellungen zur Bio- bzw. Schulmedizin befassen. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass der Umfang alternativmedizinischer Praktiken aufgrund von uneinheitlichen Begrifflichkeiten und Konzeptualisierungen in der sozialwissenschaftlichen Literatur nur schwer zu bestimmen ist. Nichtsdestoweniger nimmt die Alternativ- und Komplementärmedizin eine zentrale gesellschaftliche Rolle in Deutschland ein. Sowohl in der sozialwissenschaftlichen Forschung als auch bei gesundheitspolitischen Maßnahmen bedarf es deshalb eines integrativen Blicks auf eine historisch verankerte und aktuell sukzessive weiter zunehmende Vielfalt im deutschen Gesundheitswesen.