Trotz steigender Studierendenzahlen entscheidet noch immer die soziale Herkunft darüber, ob Schüler nach dem Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufnehmen oder nicht. In der Forschung besteht Einigkeit darüber, dass soziale Ungleichheiten beim Hochschulzugang weniger auf Leistungsunterschiede (primäre Disparitäten), sondern vielmehr auf die zwischen sozialen Herkunftsgruppen variierenden Kosten-Nutzen-Abwägungen (sekundäre Disparitäten) zurückzuführen sind (z.B. Schindler & Reimer, 2010). Unter Rückgriff auf die in der Bildungssoziologie prominenten Rational-Choice-Modelle (Erikson & Jonsson, 1996; Breen & Goldthorpe, 1997; Esser, 1999) weisen bisherige Studien zur Erklärung sekundärer Disparitäten vor allem auf die Bedeutung der wahrgenommenen Erträge, Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeiten eines Studiums (z.B. Lörz, 2012). Diese stellen somit zentrale Ansatzpunkte für Interventionen zur Verringerung sozialer Ungleichheiten dar. Die vorliegende Arbeit untersucht auf Grundlage von quasi-experimentell sowie im Längsschnitt erhobener Daten die Veränderung und Beeinflussung der von einem Studium wahrgenommenen Erträge, Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeiten. Studie I ging zunächst der Frage nach, inwiefern die Bewertung der einzelnen Rational-Choice-Variablen ursächlich für die Veränderung der Studienintention ist. Die Ergebnisse des faktoriellen Surveys zeigten, dass sich mit einem Anstieg der wahrgenommenen Erträge und der subjektiven Erfolgswahrscheinlichkeit die Studienintention erhöhte, während sich ein Anstieg der wahrgenommenen Kosten negativ auswirkte. Kontrafaktisch konnte zudem gezeigt werden, dass durch eine Nivellierung der Herkunftsunterschiede in der subjektiven Bewertung der Rational-Choice-Variablen sekundäre Disparitäten beim Hochschulzugang verringert werden können. Die experimentelle Validierung des Rational-Choice-Ansatzes bildete die Grundlage für die weiteren Studien, da sie Bemühungen zur Veränderung sekundärer Disparitäten überhaupt erst legimitiert. Studie II untersuchte, wie stabil bzw. veränderbar die subjektiv wahrgenommenen Erträge und Kosten eines Studiums sowie die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit im letzten Schuljahr vor dem Hochschulübergang sind. Die Analyse der Change Score Modelle ergab mit Ausnahme für die wahrgenommenen Kosten eine hohe Mittelwertstabilität der Rational-Choice-Variablen und ein bedeutsames Ausmaß an interindividuellen Unterschieden in den intraindividuellen Veränderungen, die durch die Explorationsaktivitäten der Schüler teilweise erklärt werden konnten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Schülern der unteren sozialen Herkunftsgruppe einem Anstieg der wahrgenommenen Kosten durch eine gezielte Informationsbeschaffung vorgebeugt werden kann. Studie III schließlich überprüfte mittels eines Kontrollgruppendesigns, inwieweit die subjektive Bewertung studienbezogener Erträge, Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeiten durch eine schulische Intervention beeinflussbar ist. Während sich die wahrgenommenen Kosten und die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit als wenig änderungssensitiv erwiesen, zeigte sich ein positiver, wenn auch kurzzeitiger Interventionseffekt auf die Bewertung der Erträge. Differentielle Effekte in Abhängigkeit der sozialen Herkunft konnten allerdings nicht nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der drei Studien verdeutlichen, dass die von einem Studium wahrgenommenen Erträge, Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeiten mit Herannahen des Hochschulübergangs zeitlichen Veränderungen unterliegen. Die bestehenden Herkunftsunterschiede erwiesen sich in den Analysen zwar als weitgehend konstant, es werden dennoch Möglichkeiten der Verringerung diskutiert.
Despite increasing student numbers, access to higher education still depends on students’ social origin. There is scientific consensus that social inequality in higher education enrolment is not only due to social differences in school performance (primary effects), but rather a consequence of cost-benefit considerations (secondary effects). Drawing on rational choice theory as a dominant model in the field of sociology of education (Erikson & Jonsson, 1996; Breen & Goldthorpe, 1997; Esser, 1999), previous research explaining secondary effects has stressed the role of students’ perceived benefits and costs of higher education as well as the probability of success (e.g., Lörz, 2012). Thus, these variables represent central starting points for interventions aiming to reduce social inequality. Based on quasi-experimental research designs and longitudinal data, the dissertation empirically tests hypotheses on changes and manipulations of students’ perception of benefits, costs and probability of success. Study I examined to what extent these rational choice variables were causally related to students’ intention to enrol in higher education. Using a factorial survey, it was found that benefits and probability of success were positive predictors, while costs were negatively related to students’ intention to enrol in higher education. Moreover, in a counterfactual scenario it has been shown that levelling out social differences in students’ perception of these rational choice variables may help to decrease secondary effects substantially. Results of the experimental validation of rational choice theory justify efforts on changing secondary effects in the first place and therefore constitute the basis for study II and study III. Study II was conducted to test stability and change in students’ perceptions of benefits, costs and probability of success across their final year in school. Change score analyses on the one hand indicated high level stability for benefits and probability of success but on the other hand a mean-level increase in costs associated to higher education enrolment. Furthermore, significant differences in individual variation of rational choice variables were partly explained by students’ exploration behavior. It was shown that an increase in costs was particularly lower for students from lower social origins who explored more in-depth. Based on a control group design, Study III examined to what extent students’ perceptions of benefits, costs and probability of success are alterable by a school based information treatment. While cost considerations and students’ probability of success have proved to be less sensitive to change, results indicated a positive but short-term treatment effect on students’ perception of benefits associated with higher education enrolment. However, there was no evidence for differential treatment effects related to students’ social origin. Taken together, findings illustrate that students’ perceptions of benefits, costs and probability of success are susceptible to change when approaching the transition from school to higher education. Although social differences proved to be almost stable, possibilities to reduce social inequality are discussed.