Einleitung: Menschen mit geistiger Behinderung (MmgB) haben ein erhöhtes Risiko an einer Schwerhörigkeit zu erkranken. Ein gutes Gehör trägt maßgeblich zur Kommunikation, der sozialen Teilhabe und somit zur Lebensqualität bei. Special Olympics® (SO), die größte internationale Sportgesellschaft für MmgB, bietet Vorsorgeuntersuchungen an, welche während Sportwettkämpfen und auf speziell dazu ausgelegten Veranstaltungen stattfinden. Bei dem Healthy Hearing Programm von SO werden Hörprüfungen durchgeführt. Eine Auswertung der Ergebnisse erlaubt ein präziseres Bild des aktuellen Hörstatus von MmgB in Deutschland. Methodik: Im Rahmen dieser retrospektiv-deskriptiven Studie wurden die Ergebnisse von 1014 MmgB im Alter von 18-59 Jahren analysiert, welche an Untersuchungen während der deutschen SO Sommerspiele 2016 bzw. Vorsorgeveranstaltungen in Werkstätten für MmgB in den Jahren 2015, 2016 und 2017 teilnahmen. Die Untersuchungen wurden von professionell ausgebildeten Helfern nach international festgelegten Standards durchgeführt. Die erhobenen Daten bezogen sich auf die Selbsteinschätzung des eigenen Gehörs, auf otoskopische Befunde, sowie auf objektive (DPOAE, Tympanometrie) und subjektive (Screening Audiometrie) audiologische Messungen. Eine Stratifizierung erlaubte den Vergleich innerhalb von vier Altersgruppen. Neben den Vergleichen aller Probanden mit der Allgemeinbevölkerung wurde auch das Hörvermögen von Athleten mit dem von Werkstattmitarbeitern (WM) verglichen. Ergebnisse: Bei 33,4% aller Probanden zeigte sich eine Hörstörung. Bei 55,4% aller Probanden wurde eine partielle oder totale Verlegung des Gehörgangs mit Cerumen festgestellt, welche in vielen Fällen schon vor der Untersuchung beseitigt werden konnte. Im direkten Vergleich zeigte sich, dass die Prävalenz einer Hörminderung je nach Alter bei den MmgB 7% bis 18% höher war als bei der Allgemeinbevölkerung. Die Ergebnisse der Selbsteinschätzung belegten, dass ein Großteil der Probanden sich ihrer Hörstörung nicht bewusst war. Dies war bei Athleten stärker ausgeprägt als bei WM. Signifikante Unterschiede der Hörleistung lagen zwischen den Athleten und den WM nicht vor. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse liefern eine Aktualisierung des Wissensstandes über die Hörfähigkeit von MmgB und belegen deutliche Diskrepanzen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Ein großes Problem bei MmgB stellen vor allem Gehörgangsverlegungen und Hörminderungen dar. Sowohl eine nicht adäquate medizinische Versorgung als auch deren fehlende Inanspruchnahme können Ursachen sein. Zur Verbesserung dieses Zustandes sind Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen der MmgB in Bezug auf ihr Gehör, sowie Schulungen von medizinischem Personal und Betreuern notwendig. Darüber hinaus bedarf es eines systematischen Gesundheits-Vorsorgeprogramms für MmgB.
People with intellectual disabilities (ID) are prone to suffer from hearing impairment. A good hearing ability contributes considerably to communication, to social participation, and to a good quality of life. Special Olympics® (SO) is the largest international Sports program for people with ID and offers preventive healthcare during sports events and events especially designed for the healthcare program. The Special Olympics Healthy Hearing program offers audiological screening examinations. The analysis of data collected during these screening examinations allows a more precise impression of the actual hearing status of people with ID in Germany. Methods In this retrospective descriptive study, the data of 1014 people with ID aged 18 to 59 years who participated in the SO Summer games 2016 or in the healthcare events in factories for people with ID in 2015, 2016, and 2017 were analyzed. The examination was conducted by a trained team of professional volunteers, following an international and standardized protocol. The collected data related to the self-assessed hearing ability, the otoscopic status as well as objective (distortion product otoacoustic emissions and tympanometry) and subjective (screening audiometry) audiological measures. A stratification of the probands allowed to contrast four age groups. Besides the comparison of the probands with the general population, the data of the athletes were also compared to those of the employees of the factories for people with ID. Results In 33,4% of all probands a hearing disorder was detected. In 55,4% of all probands a partial or total obstruction of the external ear canal was revealed, which had been removed before the checkup. The comparison with the general population showed—depending on age—an increased prevalence of hearing impairment of 7 to 18%. The self-assessment revealed that most of the probands were not aware of their hearing impairment. This lack of awareness was more common in athletes of the sports events than for employees of the factories for people with ID. Significant differences in hearing ability between athletes and employees were not found. Conclusions These results provide an insight into the actual state of knowledge of the hearing ability of people with ID and reveal major disparities compared to the general population. A severe problem for people with ID is an obstruction of the external ear canal and hearing disorders. Reasons for this might be that healthcare services are either unavailable or not sufficiently utilized. To improve this state, increased sensitization of people with IDs regarding their hearing ability as well as specialized education of medical employees and caregivers are necessary. Furthermore, a systematic healthcare screening program for people with ID is needed.