Die Bedeutung der Rettungszeit auf das Überleben von polytraumatisierten Patienten und das Konzept der „ golden hour of shock“ sind ein kontrovers diskutiertes Thema. Ziel dieser Dissertation war daher die Untersuchung des Einflusses der Rettungszeit auf das Überleben des Schwerverletzten mit Hilfe des TraumaRegister DGU. Es konnten bei 139 beteiligten deutschen Kliniken im Zeitraum von 1999 bis 2008 Daten von 20.078 Patienten (73% männlich, durchschnittliches Alter 42 ± 21 Jahre, mittlere Verletzungsschwere ISS 26 ± 14 Punkte) eingeschlossen werden. Die Rettungszeit wurde in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl als Surrogatparameter für die Infrastruktur und Krankenhausdichte untersucht. Hierfür erfolgte eine Einteilung der Städte in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl, dabei zeigten sich bezüglich der traumatischen Letalität in den Kliniken deutliche Unterschiede. So lag die Letalität in Millionenstädten (≥ 1.000.000) bei 13,7 %, in Großstädten (500.000-1.000.000) bei 15,8 %, in mittelgroßen Städten (150.000-500.000) bei 18,1 % und in Kleinstädten (< 150.000) bei 14,2 %. Ein linearer Zusammenhang zwischen der Einwohnerzahl und der Klinikletalität konnte jedoch nicht nachgewiesen werden (p 0,96). Die Auswertung der Dauer der Rettungszeit (unterteilt in 4 Gruppen) und der Letalität erbrachte ebenfalls keinen linearen Zusammenhang (p 0,58). So lag die Letalität in Gruppe I (<30 min) bei 14,3 %, Gruppe II (30-60 min) bei 16 %, Gruppe III (61-90 min) bei 15,4 % und Gruppe IV (> 90 min) bei 14,4 %. Durch multivariate Regressionsanalyse wurde die Outcome-Relevanz der Rettungszeit in Bezug zu unten genannten präklinisch verfügbaren Prognosefaktoren gesetzt. Nach Adjustierung der Parameter, initialer Glasgow Coma Scale, Verletzungsschwere, Art der Verletzung (stumpf vs. penetrierend), Reanimation und erster systolischer Blutdruck am Unfallort, konnte kein klinisch relevanter Effekt (OR 0,99) der Dauer der Rettungszeit auf das Überleben nachgewiesen werden. Zusammenfassend scheint die Rettungszeit in Deutschland keinen wesentlichen Einfluss auf das Überleben der Traumapatienten zu haben. Konzepte die kategorisch an der „golden hour of shock“ festhalten sind aus unserer Sicht nicht evidenzbasiert und zulässig. Unsere Daten implizieren vielmehr die differenzierte Betrachtung des Traumapatienten in Abhängigkeit von seiner Verletzung und dem Verletzungsmechanismus. Wir schlagen diesbezüglich eine „golden period of trauma“ als einsatztaktisches Prinzip vor. Dabei steht nicht die Länge der Rettungszeit, sondern deren Anpassung an das jeweilige Verletzungsmuster, die pathophysiologischen Probleme und die Gegebenheiten am Notfallort im Vordergrund. Präklinisch notwendige und durchführbare medizinische Maßnahmen zur Stabilisierung des Patienten vor Ort dürfen nicht zu Gunsten des Faktors Zeit unterlassen werden sollten. Notfallsituationen, welche präklinisch nicht beherrschbar sind, sollten hingegen mit Transportpriorität behandelt werden.
The effect of the rescue time on the survival of polytraumatized patients and the term “golden hour of shock” is a controversy. The aim of this study was to investigate influence of the rescue time on the survival. The rescue time was examined depending on the number of inhabitants as surrogate parameter for infrastructure and hospital density. Relevant outcome parameters and pre- hospital quality markers were analyzed with regard to the in-hospital mortality rate. The TraumaRegister DGU with 139 German hospitals delivered the data for the analyses and 20.078 patients (73 % male, average age 42 ± 21 years, mean ISS 26 ± 14 points) were included. The analyses of infrastructure and number of inhabitants revealed significant differences referring the trauma lethality. The lethality in metropolis (≥ 1,000,000) was 13.7 %, in huge cities (500.000-1.000.000) 15.8 %, in medium-sized towns (150.000-500.000) 18.1 % and in provincial towns (<150,000) 14.2 %. A linear connection between the number of inhabitants and the in-hospital mortality rate could not be proven (p 0.96). The evaluation of the duration of the rescue time (partitioned in 4 groups) and the lethality delivered no linear connection (p 0.58). The lethality in group I (< 30 min) was 14.3 %, group II (30-60 min) 16 %, group III (61-90 min) 15.4 % and group IV (> 90 min) 14.4 %. The outcome relevance of the rescue time was investigated by multivariate regression analysis in relation to the following factors: initial GCS, injury severity score, mechanism of trauma (blunt vs. penetrating), resuscitation and first systolic blood pressure. After adjustment no clinically relevant effect (OR 0.99) of the rescue time on the survival in relation to these parameters could be detected. The rescue time in Germany seems to have no clinical relevant influence on the survival of the trauma patients. The categorically application of "golden hour of shock" is no longer evidence-based and allowed for German conditions. The analysis of our data implies rather the differentiated consideration of the trauma patient depending on the injury pattern and trauma mechanism. We suggest an individual management, based on the recent pathophysiological problems of our patients and called it a new "golden period of trauma". Practicable medical measures, which are necessary for stabilization of the trauma patient have to be performed and should not be delayed in favor of the factor time. Emergencies which are preclinical not controllable should be managed with transport priority.