Einleitung: Das Prader-Willi-Syndrom ist eine seltene genetische Erkrankung. Sie wird verursacht durch das Fehlen der Expression von väterlicherseits vererbten Genen auf Chromosom 15q11.2-q13. Patienten mit Prader-Willi-Syndrom haben mit circa 3% eine erhöhte Mortalität, einerseits im Rahmen der mit Adipositas einhergehenden Erkrankungen, andererseits im Rahmen von Infekten. In den letzten Jahren wurde mit einer Diagnostik mittels Metapyron-Test eine hohe Rate (60%) zentraler Nebennierenrindeninsuffizienz bei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom vermutet. Andere Nebennierenrindenfunktions-Testungen konnten diese hohe Zahl nicht bestätigen. Patienten mit Prader-Willi-Syndrom haben häufig eine Prämature Adrenarche. Dies kann ebenfalls ein Hinweis für eine Störung der Nebennierenrindenfunktion sein. Methodik: Wir führten eine Nebennierenrindenfunktionstestung mittels Cortisol-Tagesprofil aus dem Speichel und Metapyron-Test bei 11 Kindern mit Prader-Willi-Syndrom durch. Zudem erfolgte eine Mulitsteroidanalyse aus dem kapillären und venösen Vollblut bei 13 Kindern. Ergebnisse: Im Cortisol-Tagesprofil aus dem Speichel war bei 8 von 11 Kindern eine Tagesrhythmik im Cortisol-Tagesprofil erkennbar, jedoch hatten insgesamt 7 von 11 Kindern trotzdem zu hohe nächtliche Cortisolspiegel. Keines der 11 Kinder, bei denen der Metapyron-Test durchgeführt wurde, zeigte eine inadäquate ACTH-Antwort. In der Multisteroidanalyse für 17-OH-Pregnenolon liegen bei 11 von 13 Kindern (84,6%) die Werte deutlich oberhalb des Referenzbereichs und zwar sowohl in der jeweiligen Altersgruppe, als auch bezogen auf das jeweilige Tanner Stadium. Alle Mädchen unserer Gruppe zeigten deutlich erhöhte Dihydrotestosteron-Werte, sowohl auf das Alter, als auch auf das Tanner-Stadium bezogen. Auch die Jungen haben größtenteils erhöhte Dihydrotestosteron-Werte, sowohl auf ihr Alter (4 von 6 = 66,7%), als auch auf ihr Tanner-Stadium (5 von 6 = 83,3%) bezogen. Die Umwandlung von 17-OH-Pregnenolon und Dihydrotestosteron wird von der 3ß- Hydroxysteroid Dehydrogenase katalysiert. Schlussfolgerung: Die zu hohen nächtlichen Cortisol-Werte im Speichel könnten ein Hinweis darauf sein, dass die circadiane Rhythmik bei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom gestört ist. Die hohe Rate an zentraler Nebennierenrindeninsuffizienz konnte in unserer Kohorte auch mittels Metapyron-Test nicht bestätigt werden. Die hohe Rate positiver Ergebnisse in früheren Studien könnte daran liegen, dass der Metapyron-Test ein sehr störanfälliger Nebennierenrinden-Funktionstest ist. Die jeweilige Relation von 17-OH-Pregnenolon zu 17-OH-Progesteron und von 17-OH-Pregnenolon zu Cortisol spiegelt die Enzymaktivität der 3ß-Hydroxysteroiddehydrogenase wieder. Sie entspricht bei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom ungefähr der Enzymaktiviät von Kindern mit einem genetischen Defekt der 3ß-Hydroxysteroid Dehydrogenase. Auch die erhöhten Dihydrotestosteron-Werte können ein Hinweis auf eine gestörte Funktion der 3ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase sein. Eine verminderte Aktivität der 3ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase würde das häufige Auftreten einer prämaturen Adrenarche bei Kindern mit Prader-Willi-Syndrom erklären. Ob ein wirklicher Funktionsverlust des Enzyms (z.B. durch einen fehlerhaften Aufbau des Enzyms) bei Prader-Willi-Syndrom vorliegt, oder ob die Aktivität des Enzyms herunterreguliert ist, sollte in weiteren Studien evaluiert werden.
Introduction: Prader-Willi syndrome is a rare genetic disorder in which the region q11.2-q13 of paternal chromosome 15 is deleted or unexpressed. It has a high annual death rate (3%). In the last years a high rate of central adrenal insufficiency (60%) in children with Prader-Willi syndrome has been detected by metyrapone test. Other tests of the adrenal axis did not confirm such a high rate of central adrenal insufficiency. Another sign of disturbance of the function of the adrenal cortex in children with Prader-Willi syndrome is the high rate of premature pubarche. Methods: We performed salivary cortisol profiles and metyrapone tests in 11 children and analysis of adrenal steroids in capillary and venous blood in 13 children to analyse and describe the function of adrenal glands in children with Prader-Willi syndrome. Results: The diurnal salivary cortisol profile showed in 8 of 11 cases a circadian rhythm, but in 7 of 11 cases to high levels of cortisol in the night. All of the 11 children with metyrapone test had a normal ACTH-response. In the analysis of steroids 11 of 13 children (=84,6%) had elevated levels of 17-OH- pregnenolon. All female patients had elevated levels of dihydrotestosterone for age and Tanner stage. Male patients also had elevated levels of dihydrotestosteron for age (4 of 6 = 66,7%), and also for Tanner stage (5 of 6 = 83,3%). Both steroids are substrates of 3ß-hydroxysteroid dehydrogenase. Conclusions: Elevated cortisol levels in the night might be a result of a disturbed circadian rhythm in children with Prader-Wille syndrome. We could not confirm the high rate of central adrenal insufficiency in children with Prader-Willi syndrome with metyrapone test. The metyrapone test is very susceptible, which might be an explanation for the high rate of positive tests in previous reports. The ratio of 17-OH-pregnenolone to 17-OH-progesterone and cortisol is a scale for the enzymatic activity of 3ß-hydroxysteroid dehydrogenase. The ratio in children with Prader-Willi syndrome is almost as high as in children with genetic 3ß-hydroxysteroid dehydrogenase deficiency. The high levels of dihydrotestosterone could also be a result of decreased activity of 3ß-hydroxysteroid dehydrogenase. This could be an explanation for the high rate of premature adrenarche in children with Prader-Willi syndrome. Further studies should analyse if a genetic loss of function or a down regulation of 3ß-hydroxysteroid dehydrogenase can be the reason for decreased activity.