Im Rahmen dieser Habilitationsschrift werden Pilotstudien zur weiteren Charakterisierung der Computerspielabhängigkeit, unter anderem in Gegenüberstellung zum pathologischen Spielen vorgestellt. Beim pathologischen Spielen (Abhängigkeit von Glücksspielen mit Geldeinsätzen) handelt es sich um eine Störung, die im DSM-5 und ICD-11 erstmalig als eine nicht substanzgebundene Abhängigkeit klassifiziert wurde und deren diagnostische Kriterien der Computerspielabhängigkeit ähneln. Bei der Computerspielabhängigkeit handelt es sich um eine Unterkategorie der kontrovers diskutierten Störung Computerspiel- und Internetabhängigkeit. Das DSM-5, als auch das ICD-11, listen die sogenannte Internet Gaming Disorder bzw. Gaming Disorder, hier als Computerspielabhängigkeit bezeichnet, als eigenständige Diagnose, wobei das ICD-11 die Störung zusammen mit dem pathologischen Spielen als eine nicht substanzgebundene Abhängigkeit kategorisiert. Die Erforschung dieser Störung ist weiterhin von inkonsistentem Studiendesign und schwierig vergleichbaren sowie generalisierbaren Ergebnissen und uneinheitlicher Nomenklatur geprägt. Eine hier vorgestellte Originalarbeit beinhaltet die Ergebnisse unserer Online-Befragung bei einem nicht-klinischen Kampfspielerkollektiv zur Schätzung der Prävalenz der Computerspielabhängigkeit, disponierenden Faktoren wie anderen psychiatrischen Symptomaten sowie dem Persönlichkeitsmerkmal Alexithymie (Gefühlsblindheit). Alle weiteren hier vorgestellten Originalarbeiten beinhalten Ergebnisse einer bisher neuartigen Suche nach laborchemischen Biomarkern der Computerspielabhängigkeit in Gegenüberstellung zum pathologischen Spielen. Diese erfolgte mittels Messungen des appetitregulierenden Polypeptids Leptin, dem neurotrophen Protein BDNF und den Hormonen der HHN-Achse (Kortisol, ACTH und Copeptin als Surrogatmarker für AVP) im Blut aktiv spielender männlicher Patienten mit Computerspielabhängigkeit oder pathologischem Spielen, jeweils im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden. Für die genannten Botenstoffe sind Alterationen ihrer Blutwerte bei Patienten mit substanzgebundener Abhängigkeit vielfach belegt und werden im Sinne einer Beteiligung dieser Botenstoffe an der molekularen Pathophysiologie interpretiert. Die Hypothesen unserer Pilotstudien generierten sich aus der Annahme, dass die Computerspielabhängigkeit und das pathologische Spielen als nicht substanzgebundene Abhängigkeiten ähnliche molekulare Pathomechanismen aufweisen wie substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen und somit signifikant alterierte Blutwerte von BDNF, Leptin und Hormonen der HHN-Achse zu erwarten ließen. Bei den untersuchten männlichen Patienten mit Computerspielabhängigkeit zeigten sich homogene Negativbefunde hinsichtlich aller genannten Botenstoffe. Interessanterweise waren die Befunde bei männlichen Patienten mit pathologischem Spielen jedoch signifikant alteriert. So zeigten sich die BDNF-Serumwerte bei aktiven abhängigen Glücksspielern signifikant erhöht gegenüber gesunden Kontrollprobanden. Die Kortisolplasmawerte korrelierten mit der Erkrankungsschwere und Leptin war mit Copeptin positiv assoziiert. Die Untersuchung zur Prävalenz der Internetabhängigkeit, psychiatrischer Komorbidität und dem Vorliegen einer Alexithymie bei Spieler*innen eines Kampfrollenspiels im sozialen Medium Facebook© ergab signifikant höhere Anteile depressiver Symptome und alexithymer Persönlichkeiten bei den als internetabhängig klassifizierten männlichen Teilnehmern im Vergleich zu den anderen Teilnehmern. Zusammenfassend ließen sich alterierte Befunde der genannten Botenstoffe bei männlichen Patienten mit pathologischem Spielen finden, nicht jedoch bei männlichen Patienten mit Computerspielabhängigkeit. Zudem zeigte die klinische Charakterisierung eine deutliche Assoziation depressiver Symptomatik und alexithymer Persönlichkeit mit dem Vorliegen einer Computerspielabhängigkeit. Hypothetisch stellt sich bei diesem Ergebnis die Frage, ob nicht die psychiatrischen Komorbiditäten ursächlich für das problematische Spielverhalten sein könnten. Eine spekulative Gesamtinterpretation der hier subsummierten Pilotstudien wäre, dass das pathologische Spielen eine höhere Ähnlichkeit zu den substanzgebundenen Abhängigkeitserkrankungen besitzt als die Computerspielabhängigkeit. Da es sich bei den hier gezeigten Arbeiten jedoch um Pilotstudien handelt, deren Aussagekraft durch die geringen Fallzahlen sowie das Einpunktdesign deutlich eingeschränkt ist, werden zukünftige, größer ausgelegte Untersuchungen notwendig sein, um die Wertigkeit der hier vorgestellten Befunde zu überprüfen. Nichtsdestoweniger sind die hier vorgestellten Originalarbeiten aktuell die einzigen in dieser speziellen Fragestellung und ein erster Einstieg in die Suche nach Alterationen molekularer Pathomechanismen bei der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Computerspiel- und Internetabhängigkeit auf laborchemischer Ebene.