Verzögerte Knochenheilung, aber besonders die ausbleibende Heilung, die in einer Pseudarthrose enden kann, bedeuten für den Patienten nicht nur große Schmerzen und Funktionsverlust der betroffenen Gliedmaße, sondern auch starke Einschränkung der Lebensqualität (Victoria et al. 2009, Garcia et al. 2013). Knochenheilung ist ein komplexer Vorgang, an dem viele Faktoren beteiligt sind. Neben einer guten vaskulären Versorgung entscheiden systemische Regulationsfaktoren, mechanische Einflüsse und deren Zusammenspiel über Erfolg oder Misserfolg der Heilung (Augat et al. 2005). Dabei heilen etwa 5-10 % der Frakturen nicht vollständig und gehen in eine verzögerte oder ausbleibende Heilung über (Kloen et al. 2002, Claes 2017). Es gibt viele Ansätze Pseudarthrosen bzw. Non-Unions zu behandeln. Nichtsdestotrotz sind alle Strategien bisher noch mit Nachteilen behaftet, darunter der bisherige Goldstandard, das Autotransplantat. Es ist verbunden mit geringem verfügbarem Knochenvolumen und erhöhter Spendermorbidität (Rihn et al. 2010, Boerckel et al. 2011a). Auch der viel versprechende Wachstumsfaktor BMP-2, der ähnliche Effekte auf die Knochenheilung wie das Autotransplantat erzielt (Jones et al. 2006, Axelrad und Einhorn 2009), ist durch seine hohen Dosierungen mit Nebenwirkungen wie Tumorbildung (Lad et al. 2013), Infektionen, Osteolyse (Carragee et al. 2011) und heterotoper Knochenbildung (Axelrad et al. 2008) verbunden. Dadurch besteht weiterhin die Notwendigkeit, neue Behandlungsstrategien zu entwickeln.
Diese Promotion untersucht das Zusammenspiel von mechanischer und biologischer Stimulation in einem etablierten Pseudarthrose-Rattenmodell (Mehta et al. 2011a) anhand der Expressionsanalyse ausgewählter Gene, die an der Knochenheilung beteiligt sind. Ein kritischer 5 mm Defekt wurde dazu mit 5 µg rhBMP-2 (beladen auf einem Kollagenvlies) behandelt und einem Fixateur externe unterschiedlicher Steifigkeit stabilisiert. Anhand der Fixateur–Steifigkeiten: 1) rigide (100 %), 2) semi-rigide (40 %) und 3) flexibel (10 %), wurden die Ratten in drei Versuchsgruppen eingeteilt und auf ihre Unterschiede in der Genexpression mittels quantitativer real-time PCR an Tag 3, 7, und 14 nach der Operation analysiert. Begleitet wurden diese Gruppen von einer Positivkontrolle (1 mm Osteotomie), die eine physiologische Heilung darstellen soll, und einer Negativkontrolle (unbehandelte 5 mm Osteotomie), die eine Knochendefektheilung widerspiegelt. Zum einen wurden Expressionsunterschiede zwischen der physiologischen Heilung und der gestörten Heilung deutlich. Zum anderen konnte festgestellt werden, dass die Knochenheilungskaskade durch BMP-2 alleine und in Kombination mit der Steifigkeit des Fixators beeinflusst wird. In den Steifigkeitsgruppen zeigte sich vor allem für die flexible Gruppe eine erhöhte Expression an Tag 14 für alle untersuchten Gene. Wohingegen die Expressionswerte der semi-rigiden Gruppe darauf hindeuteten, dass sie bereits an Tag 3 alle Gene (außer c-Fos und Noggin) höher exprimierte als die rigide und flexible Gruppe. Der Einfluss von BMP-2 auf die Expression der ausgewählten Gene wurde durch den Vergleich der rigiden Gruppe mit der Negativkontrolle untersucht. Die BMP-2-Gabe bewirkte bei BMPR II, BMPR IB und c-Fos an Tag 3 (BMPR IB auch Tag 7) ein signifikant niedrigeres Expressionsniveau als in der Negativkontrolle, wohingegen die rigide Gruppe an Tag 14 Kollagen Typ I verglichen mit der NK höher exprimierte. Noggin und c-Fos wiesen an Tag 14 in der rigiden Gruppe und NK eine ähnliche Expression auf. Weiterhin zeigte die flexible Gruppe bei allen Genen eine starke Tendenz der Expressionshochregulierung. Die BMP-Rezeptoren BMPR II und BMPR 1A, Kollagen Typ I, Noggin und ID-1 wurden in der Positivkontrolle signifikant höher als in der Negativkontrolle exprimiert. C-Fos und BMPR 1B wurden dagegen an Tag 3 von der Negativkontrolle deutlich stärker hochreguliert. An Tag 14 erreichten die beiden Kontrollgruppen für c-Fos und BMPR 1B ein ähnliches Expressionsniveau.
Zwar wurden die Wirkung von BMP-2 und der Einfluss des vorherrschenden interfragmentären mechanischen Milieus in der Literatur schon analysiert, aber bisher gibt es noch keine Studie, die sich mit den Auswirkungen des Zusammenspiels von biologischen und mechanischen Stimuli in Form von BMP-2 und unterschiedlichen Fixationssteifigkeiten im Knochendefektmodell auf die Expression ausgewählter Gene auseinandergesetzt hat.
Diese Dissertation ist Teil einer umfangreichen Studie, welche mit nachfolgenden Methoden den Heilungsverlauf in den Steifigkeitsgruppen bzw. Kontrollgruppen untersucht hat: I) die hier vorgestellte Expressionsanalyse mittels quantitativer real-time PCR, II) MicroArray- Analyse, III) Histologie IV) Mikrocomputertomografie und V) biomechanische in vitro-Testung.
Im Gesamtbild der angewandten Methoden in der Studie (Schwarz et al. 2018) zeigte der semi-rigide Fixateur externe in Kombination mit BMP-2 tendenziell eine bessere Knochenheilung in einem 5 mm Defekt der Ratte im Vergleich zu einer rigiden und flexiblen Fixation. Für die klinische Anwendung könnte dies eine vielversprechende Tendenz in Bezug auf eine schnellere Aktivierung der Heilungskaskade und damit verbundene kürzere Regenerationsphase, durch frühzeitige Hochregulation der an der Knochenheilung beteiligten Gene bedeuten. Weitere Untersuchungen hinsichtlich kombinierter Behandlung mit einem moderat mechanischen Stimulus und BMP-2, stellen die Möglichkeit in den Raum, die BMP-2 Dosierung, die damit verbundene Patientenmorbidität, die Behandlungskosten sowie -zeit zu minimieren.
Delayed unions and especially non-unions, which may lead to Pseudarthrosis, cause not only pain and loss of limb function, but also significantly limited quality of life (Victoria et al. 2009, Garcia et al. 2013). Bone healing is a complex process, in which many factors are involved: a sufficient vascular supply, systemic regulatory factors, the mechanical environment and interaction between these factors are crucial for a positive healing outcome (Augat, Simon et al. 2005). Between 5-10 % of fractures fail to heal properly and end in delayed union or a non-union (Kloen et al. 2002, Claes 2017). There are numerous approaches in the treatment of non-unions, but all strategies to date are associated with side-effects. For example, the Autograft (known as the Gold Standard for defect treatment) is associated with a small availability of bone mass and increased donor site morbidity (Rihn et al. 2010, Boerckel et al. 2011a). Even the promising growth factor BMP-2, which in relation to bone healing achieves similiar effects to Autografts (Jones et al. 2006, Axelrad und Einhorn 2009) may, as a consequence of required high dosages also be accompanied by adverse effects, including cancer (Lad et al. 2013), infections, osteolysis (Carragee et al. 2011) and heterotopic bone formation (Axelrad et al. 2008). The need for further research into new treatment strategies therefore continues. The specific aim of this work was to investigate the interplay of mechanical and biological stimulation in an established non-union rat model (Mehta et al. 2011a) on the basis of gene expression analysis. A 5 mm critical-sized defect was treated with 5 µg rhBMP-2 loaded on an absorbable collagen sponge and stabilised with three different external fixator stiffness. Rats were randomly divided into three groups: 1) rigid (100 %), 2) semi-rigid (40 %) and 3) flexible (10 %). An additional positive control group (1 mm osteotomy) was created evidencing physiological bone healing alongside a negative control (untreated 5 mm defect) group representing a case of a non-union. Analysis of the differences in the expression of several genes playing a part in bone healing was undertaken with quantitative real-time PCR. There were significant differences in the expression of genes between the positive and the negative control group. It could also been seen that the bone healing cascade is influenced by BMP-2-administration as well as by the combination with differential fixation stiffness. Especially the flexible group showed at day 14 a increased expression of all genes. Whilst there was a noticeable trend that at day 3, the semi-rigid group already expressed all genes (except c-Fos and Noggin) higher than the rigid and flexible group. The influence of BMP-2 on gene expression was analysed by the comparison of the rigid group and the negative control group. BMPR II, BMPR IB and c-Fos showed with BMP-2-treatment at day 3 (BMPR IB also at day 7) significant lower levels of expression than the negative control group, while Collagen Type 1 was higher expressed in the rigid group at day 14. The rigid group expressed Noggin and c-Fos similar to the negative control group at day 14. The flexible group showed the trend to a strong upregulation of all genes. The positive control group expressed BMPR II, BMPR IA, Collagen Type 1, Noggin, ID-1 significantly higher than the negative control group. At day 3 the negative control showed a higher expression of c-Fos and BMPR 1B than the positive control. Until day 14 both reached a similiar level of expression for C-fos and BMPR IB. Research to date has not dealt with the effect of the specific interaction of biological and mechanical stimuli in bone healing in the form of BMP-2 and differential fixation stiffness on gene expression, despite the existence of considerable research literature in relation to the influence of BMP-2 and the interfragmentary environment.
This work is part of an extensive study comprising following methods: I) quantitative real-time PCR analysis of the expression pattern of specific genes influencing the process of bone healing, II) MicroArray analysis III) histological examination IV) micro-computed tomography and V) biomechanical in vitro testing.
In consideration of all findings, the use of the semi-rigid fixateur externe in combination with BMP-2 tended to result in a better bone healing in a 5 mm critical-sized-defect in rats compared to the rigid and flexible fixation (Schwarz et al. 2018). These trends are promising indications for future clinical use. These are related to a faster activation of the bone healing cascade and therefore a shorter time required for regeneration due to earlier upregulation of involved genes specific to the process. Further research in relation to a combination of a moderate mechanical stimulation and BMP-2 could lead to reduction of BMP-2 dosages with implications both for reduced donor site morbidity alongside a concomitant reduction in both time and costs for the treatment of fractures.