Strophasterol A, der erste Vertreter einer bislang beispiellosen Klasse von 15(14→22)-abeo-Steroiden, wurde 2012 aus dem essbaren Pilz Stropharia rugosoannulata isoliert. Es konnte gezeigt werden, dass es den Stress des endoplasmatischen Retikulums reduziert und bietet damit eine Möglichkeit neurodegenerative Krankheiten, wie die Alzheimersche Krankheit, auf molekularer Ebene zu behandeln. Die einzigartige Struktur der Klasse der Strophasterole gepaart mit ihrer vielversprechenden biologischen Aktivität begründete das Interesse zur synthetischen Erschließung dieser Naturstoffe. Beginnend mit kommerziell erhältlichem Ergosterol wurde eine neuartige Synthese eines α-Chlor-γ-hydroxy-δ-ketoenons entwickelt. Die Analyse dieses Intermediats auf dessen inhärente Reaktivität hin ermöglichte die Entdeckung einer vinylogen α-Ketolumlagerung unter einhergehender C14–C15-Bindungsspaltung zu einer δ-Ketocarbonsäure. Anschließende radikalische Cyclisierung, ein Schritt der ebenfalls in der Biosynthese vorgeschlagen wurde, erlaubte den Aufbau der trisubstituierten Cyclopentaneinheit und die Synthese von Strophasterol A konnte durch oxidative Modifikationen des B-Rings abgeschlossen werden. Das zweite Projekt dieser Arbeit strebte die Synthese von Aplysiasecosterol A an, dem ersten Vertreter einer strukturell beispiellosen Klasse von 9,11-Secosteroiden, welches 2015 aus dem japanischen Seehasen Aplysia kurodai isoliert wurde. Kurze Zeit später wurde mit Pinnigorgiol A–D die Isolation weiterer Metaboliten beschrieben, die das gleiche hochoxidierte und umgelagerte Käfigmotiv aufzeigen. All diese Naturstoffe besitzen interessante biologische Eigenschaften, wie cytotoxische und entzündungshemmende Aktivität. Zur Biosynthese des charakteristischen Grundgerüsts dieser Naturstoffe wurde eine Kaskade aus Ketol- und vinyloger Ketolumlagerung ausgehend von einem chinoiden 9,11-Secosteroid vorgeschlagen. Dieser Vorläufer wurde synthetisiert durch eine effiziente radikalische Oxidation unserer 9,11-Secosteroidplattform, einem definierten 1,4-Dien, unter Einführung von drei Sauerstoffatomen in einer Transformation. Die Synthese dieser Plattform erfolgte durch die folgenden drei Schlüsselschritte: a) 9,11-Desaturierung mit 2-Iodoxybenzoesäure; b) stufenweise „Dihydroxylierung“ und c) oxidative C–C-Bindungsspaltung mit Diacetoxyiodbenzol. Dieser neuartige synthetische Zugang zu 9,11-Secosteroiden vermeidet die Verwendung stöchiometrischer Mengen von toxischem Quecksilber(II)-acetat, Osmium(VIII)-oxid und Blei(IV)-acetat, klassischerweise zur Realisierung dieser Transformationen eingesetzt, und kulminiert in der ersten Synthese von Leptosterol A, Ganoderin A und Pinnisterol D, wobei der biomimetische Schlüsselschritt zum Aufbau von Pinnigorgiol A misslang.