Hintergrund: Versuchen wir zwei Reize gleichzeitig zu verarbeiten und auf sie zu reagieren, sind wir in der Regel langsamer in unseren Reaktionen und machen mehr Fehler. Im experimentellen Rahmen wird ein solcher Zusammenhang mit dem Doppelaufgabenparadigma untersucht. Bei der Bewältigung dieser Doppelaufgaben spielen exekutive Funktionen eine Rolle und sind in bildgebenden Studien mit einer Aktivierung im inferioren frontalen Kreuzungsareal (engl. inferior frontal junction, IFJ) im Bereich des lateralen präfrontalen Cortex assoziiert. Dabei zeigten sich unterschiedliche Aktivierungsmuster zwischen linker und rechter Hemisphäre. Durch ein nicht-invasives Hirnstimulationsverfahren, der sog. transkraniellen Gleichstromstimulation (engl. transcranial direct current stimulation, tDCS), lassen sich neuronale Aktivitäten stimulierter Areale modulieren und entsprechende Verhaltenseffekte messen. Hierüber lassen sich kausale Zusammenhänge zwischen Hirnarealen und kognitiven Funktionen aufstellen. Vorangegangene Arbeiten zeigten, dass die Applikation von tDCS über der linken IFJ Leistungen in Doppelaufgaben verbessert. Erstmalig untersuchten wir in der vorliegenden Studie die Rolle der rechten IFJ in der Bewältigung von Doppelaufgaben.
Methoden: In einer placebokontrollierten Studie an 30 jungen, gesunden Probanden untersuchten wir den Effekt von tDCS über der rechten IFJ in gemixten Doppelaufgaben. Die Doppelaufgaben waren kombinierte Wahlreaktionsaufgaben mit je einem visuellen und einem auditorischen Reiz, welche in ihrer Reihenfolge und ihrem Zeitabstand (200ms/400ms) variierten. Während der Aufgabendurchführung applizierten wir in zwei getrennten Sitzungen jeweils anodale tDCS (1mA, 20min) bzw. Placebostimulation (1mA, 30s) über der rechten IFJ. Reaktionszeiten und Fehlerraten wurden mittels mehrfaktorieller Varianzanalysen mit Messwiederholungen evaluiert.
Ergebnisse: Unter dem Einfluss anodaler tDCS zeigten sich im Vergleich zur Placebostimulation signifikant niedrigere Fehlerraten in gemixten Doppelaufgaben (p<.05). Die Effekte traten jedoch nur unter Bedingungen gleichbleibender Reizreihenfolge und kurzen zeitlichen Reizabständen auf. Ein Stimulationseffekt auf die Reaktionszeiten war nicht festzustellen. Der leistungssteigernde Effekt auf die Fehlerraten war umso größer, je schlechter die Ausgangsperformanz vor Stimulationsbeginn war (p<.01).
Schlussfolgerung: Die signifikant niedrigere Fehlerrate unter dem Einfluss anodaler tDCS über der rechten IFJ deutet auf einen kausalen Zusammenhang dieses Hirnareals und exekutiven Funktionen in Doppelaufgaben hin. Dass die Probanden mit der schlechtesten Ausgangsperformanz am meisten von der Stimulation profitierten, ist vereinbar mit der in vielen Studien bestätigten Annahme, dass tDCS Effekte positiv mit dem Schwierigkeitslevel der Aufgabe korrelieren. Die Leistungsverbesserung könnte durch gesteigerte Koordinations- oder Arbeitsgedächtnisprozesse bedingt sein. Welche kognitiven Prozesse moduliert wurden, um die beobachteten Verhaltenseffekte hervorzurufen, lässt sich aus dieser Untersuchung nicht schließen. Zukünftige Studien sollten spezifischere Doppelaufgabenparadigmen anwenden, um einzelne kognitive Funktionen gezielter zu untersuchen.
Background: Processing and reacting to two stimuli simultaneously makes our reactions slower and more prone to errors. In an experimental design this phenomenon is investigated in dual-task paradigms. Executive functions are essential when processing dual tasks. Functional imaging studies show a related activation in the lateral prefrontal cortex, especially of the inferior frontal junction (IFJ), revealing different activation patterns between the left and right hemisphere. Transcranial direct current stimulation (tDCS), a non-invasive brain stimulation technique, modulates neuronal activities of stimulated brain areas. The evaluation of tDCS-induced behavioral effects facilitates conclusions about causal relations between stimulated brain areas and cognitive functions. Previous studies have reported that tDCS over the left IFJ improves performance in dual-task situations. In the present study, we investigated the functional role of the right IFJ in dual-task processing for the first time.
Methods: In a placebo-controlled trial with 30 young, healthy patients we evaluated the effects of tDCS over the right IFJ in dual tasks with a random task order. The dual tasks were combined choice reaction tasks consisting of a visual and an auditory stimulus, which varied in their task order and time interval (200ms/400ms). In two separate sessions subjects received anodal tDCS (1mA, 20min) in contrast to placebo stimulation (1mA, 30s) during task execution. Reaction times and error rates were evaluated in multifactorial analyses of variance with repeated measurements.
Results: Anodal tDCS reduced error rates significantly in random order dual tasks in comparison to placebo stimulation (p<.05). However, the effects occurred exclusively in trials with repeated task order and a short time interval (200ms) between stimuli. No effect on reaction times could be observed. The baseline performance correlated with tDCS-induced performance improvement in error rates (p<.01).
Conclusions: Anodal tDCS over the right IFJ reduced error rates significantly implicating its causal relation to executive functioning in dual-task processing. The fact that the subjects with the worst initial performance benefited most from the stimulation is consistent with the findings of precedent studies that the level of task difficulty correlates with tDCS-induced effects positively. The performance improvement could be due to coordination or working memory processes. It is not possible to determine exactly which cognitive processes lead to the observed behavioral effects. Future studies should apply more specific dual-task paradigms to investigate separate cognitive functions in a more targeted manner.