Die Relevanz der Dünndarm-Videokapselendoskopie (VKE) in Bezug auf ihre diagnostische Ergiebigkeit, die therapeutische Konsequenz hieraus und der Einfluss auf den weiteren langfristigen klinischen Verlauf sind Gegenstand dieser Arbeit. Komplikationen im Zusammenhang mit der VKE und die Patientenakzeptanz sind weitere untergeordnete Aspekte dieser Studie. Methode Es handelt sich um eine retrospektive doppelzentrische Studie, bei der im Zeitraum 08/2001 bis 06/2004 alle konsekutiv, aus dem klinischen Alltag heraus durchgeführten VKE-Untersuchungen aus den Abteilungen für Gastroenterologie der Charité Campus Mitte, Berlin und des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe, Berlin aufgearbeitet wurden. Das klinische Follow-up wurde ermittelt über Epikrisen und Patientenbefragungen, die sowohl in schriftlicher Form in einem medianen Nachbeobachtungszeitraum von 20 [5-44] Monaten und einer weiteren telefonischen Befragung nach im Median 44 [23-75] Monaten erfolgte. Ergebnisse Es wurden 275 VKE von 242 Patienten analysiert. Insgesamt konnte das klinische Follow-up für 86,8% der Patienten ermittelt werden. Die häufigste Indikation zur VKE war die unklare gastrointestinale „Blutung“ (47,5%), gefolgt von „Morbus Crohn“ (19,4%), „unklare abdominelle Schmerzen mit oder ohne Diarrhoe“ 13,6%, „Tumor / Malignom / Lymphom“ (9,5%) und „andere“ (9,9%). Die diagnostische Ergiebigkeit war in den einzelnen Indikationsklassen (IKL) vergleichbar mit anderen Studien und lag in der IKL „Blutung“ bei 42,8% für sicher krankheitsspezifische Befunde, denen zu 43,5% eine Therapiemaßnahme folgte. Interventionelle Therapiemaßnahmen hatten bei dieser Indikation einen deutlich positiven Einfluss auf den klinischen Verlauf mit 87,5% klinischer Besserung nach endoskopischen Maßnahmen und 80% Besserung nach erfolgter Operation. Für die IKL „Morbus Crohn“ ergab sich mit insgesamt 68,2% sicher krankheitsspezifischer Befunde die höchste diagnostische Ausbeute. Jedoch folgten diesen Befunden in nur 30% eine therapeutische beziehungsweise in 3,3% (n=1) eine weitere diagnostische Maßnahme. Ein positiver Einfluss auf den klinischen Verlauf ließ sich nicht herausarbeiten. In der Indikationsklasse „unklare abdominelle Schmerzen mit oder ohne Diarrhoe“ ergab sich bei dem Symptom „abdominelle Schmerzen“ allein kein einziger wegweisender Befund. Mit zunehmender Anzahl von Begleitsymptomen (Diarrhoe, Gewichtsverlust) stieg jedoch die Rate positiver Kapselbefunde, so dass sich zu 18,2% sicher krankheitsspezifische Befunde vorrangig im Sinne einer Erstdiagnose eines Morbus Crohn eruieren ließen. Allen Befunden folgte eine therapeutische Konsequenz. Bei letztlich nur drei dieser Patienten konnte das klinische Follow-up ermittelt werden, das bei allen Patienten eine klinische Besserung zeigte. Bei der Indikation „Tumor / Malignom / Lymphom“ erbrachte die VKE zu 23,8% sicher krankheitsspezifische Befunde. Bei den Baseline-Untersuchungen traten zu 0,8% (n=2) Kapselretentionen auf. Eine der zwei Retentionen erforderte eine Operation, wodurch ein stenosierender Morbus Crohn erstdiagnostiziert wurde. 25% der Patienten gaben an, wenigstens etwas Angst vor der VKE gehabt und die Untersuchung als belastend erlebt zu haben. Eine Minderheit der Patienten empfand die komplikationsarme Untersuchung als (vorrangig gering) belastend, was mit vorhandenen Ängsten positiv assoziiert war. Schlussfolgerung Die VKE bietet abhängig von der zugrunde liegenden Indikation eine unterschiedlich hohe diagnostische Ausbeute. Bei der Indikation „Blutung“ hatten interventionelle Therapiemaßnahmen einen positiven Einfluss auf den klinischen Verlauf. Hieraus lässt sich die Empfehlung ableiten, dass sicher krankheitsspezifische VKE-Befunde bei der Indikation „Blutung“ möglichst einer interventionellen Therapie zugeführt werden sollten. Bei der Indikation „Morbus Crohn“ ist trotz hoher diagnostischer Ausbeute der therapeutische Nutzen und der Einfluss auf den klinischen Verlauf derzeit als gering einzuschätzen. Die VKE bei „abdominellen Schmerzen“ als Indikation erfordert mindestens ein weiteres Begleit- oder sogenanntes Alarmsymtom, um einen positiven VKE-Befund zu erlangen. Bei multimodaler Diagnostik wird dem Einfluss der VKE bei der Indikation „Tumor“ nur in Einzelfällen eine führende Rolle zuteil, jedoch bietet sie eine minimal invasive Möglichkeit im Rahmen eines Stagings oder V. a. Rezidiv bei Dünndarmtumoren. Durch ein Vorgespräch mit den Patienten, welches mögliche Ängste bezüglich der bevorstehenden Untersuchung einbezieht, ließe sich die bereits gute Akzeptanz der Untersuchung eventuell noch steigern.
This study deals with the importance of video capsule endoscopy (VCE) with respect to its diagnostic yield, therapeutic consequences and its influence on the long-term clinical course. Complications in relation to VCE and its acceptance by patients are further topics of this study. Methods This retrospective, double-centre study reviews all VCE-examinations performed consecutively during clinical routine from 08/2001 to 06/2004 in the Department for Gastroenterology of Charité Campus Mitte, Berlin and in the Gemeinschaftskrankenhaus Havelhoehe, Berlin. The clinical follow-up was recorded by discharge summaries and patient interviews in written form with a median follow-up time of 20 [5-44] months and additional telephone-interwies after a median of 44 [23-75] months. Results A total of 275 VCE of 242 patients was analyzed. Clinical follow-up was determinend in 86.8% of patients. The most frequent indication for VCE was ”obscure gastrointestinal bleeding“ (47.5%), followed by ”Crohn`s disease“ (19.4%), „obscure abdominal pain with or without diarrhea“ (13.6%), ”tumor / malignancies / lymphoma“ (9.5%) and ”others“ (9.9%). The diagnostic yield of the different indications was similar to that of other studies. It was 42.8% for the indication ”bleeding“ for unambiguous disease-specific findings, which were followed by a therapeutic procedure in 43.5% of the cases. Therapeutic interventional procedures had a positive influence on the clinical course, with a clinical improvement of 87.5% after endoscopic procedures and an 80.0% clinical improvement after surgery. The highest diagnostic yield was achieved for the indication ”Crohn`s disease“ with a total of 68.2% within the group of unambiguous disease-specific findings. Despite this, these diagnostic findings were followed by therapeutic procedures in only 30% of the cases, by diagnostic procedures in 3.3% (n=1) of the cases. A positive influence on the clinical course could not be evaluated. The indication ”obscure abdominal pain with or without diarrhea“ accompanied by the sole symptom ”abdominal pain“ was insufficient for diagnosis. However, the number of positive capsule findings increased with higher numbers of attendant symptoms (diarrhea, weight losts). This resulted in an initial diagnosis specifically of Crohn’s disease in 18.2% of unambiguous disease-specific findings. All diagnostic findings were followed by therapeutic consequences. Ultimately the clinical course could only be ascertained in three of the participating patients. All three showed a clinical improvement. In the indication group ”tumor / malignancies / lymphoma“ the VCE determined unambiguous disease-specific findings in 23.8% of the cases. Capsule retention occured in 0.8% (n=2) of the baseline- examinations. One of them required surgery, by which a stenosizing Crohn’s disease was initially determined. 25% of the patients stated, that they were at least ”slightly afraid“ of the VCE and that they perceived the examination as a strain. A minority of the patients perceived the low-risk examination as mostly marginally strenuous, which was positively associated with anxiety. Conclusions The diagnostic yield of the VCE depends on the underlying indication. For the indication ”bleeding“ interventional therapeutic measures had a positive influence on the clinical course. It is thus suggested, that interventional therapy should be carried out after the unambiguous disease- specific findings of the indiaction ”bleeding“. Despite of a high diagnostic yield for the indication ”Crohn’s disease“, the therapeutic effect and the influence on the clinical course seem to be marginal. ”Abdominal pain“ as indication for VCE requires at least one accompanying or so-called alarm symptom to obtain a positive VCE-finding. In multimodal diagnostics for the indication ”tumor“ VCE is only important in some cases, however it offers a minimal-invasive diagnostic tool for staging or suspected relapse of small- bowel-tumors. Preliminary talks with patients that include their existing anxiety about the upcoming examination might enhance the already positive acceptance.