Hintergrund: Seit August 2010 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), dass schwangere Frauen gegen Influenza geimpft werden sollten. Daten zur Akzeptanz der Impfung in der Zielgruppe und zu möglichen weiteren Barrieren sind unabdingbar, um die Umsetzung der Empfehlung unterstützen zu können. Neben der Schwangerschaft stellt auch die Zeit nach der Geburt eine bedeutende Phase dar, in der sich eine allgemeine Einstellung zum Impfen entwickelt, die wiederum einen Einfluss auf den Entscheidungsprozess zur Impfung des Kindes hat. Bisher fehlt es an Kenntnis über das Impfwissen Schwangerer und es ist unbekannt, wie sich die allgemeine Impfeinstellung bei Müttern über die Zeit entwickelt. Primäre Ziele dieses Promotionsprojektes waren, Erkenntnisse über (i) das Wissen zu Impfungen unter Schwangeren im Allgemeinen, (ii) das Influenza-Impfverhalten unter Schwangeren und (iii) die Entwicklung der mütterlichen Impfeinstellung von der Schwangerschaft bis 14 Monate nach der Geburt des Kindes zu gewinnen. Methodik: Es wurde eine bundesweite Querschnittstudie bei Schwangeren und eine prospektive Kohortenstudie mit querschnittlichen Kontrollgruppen bei Schwangeren und Müttern durchgeführt. Während die Teilnehmerinnen der Querschnittstudie an verschiedenen Orten (z. B. gynäkologische Praxen) rekrutiert wurden, erfolgte die Kohortenstudie online. Ergebnisse: Schwangere und Mütter im ersten Lebensjahr des Kindes hatten ein moderates allgemeines Impfwissen und verfügten über eine positive allgemeine Impfeinstellung. Jedoch ließen sich nur 11% bis 16% der Frauen während der Schwangerschaft in den Influenza Saisons 2011/12 und 2012/13 gegen Influenza impfen. Schwangere Frauen bewerteten das Risiko einer Influenza-Erkrankung niedriger als das möglicher Impfnebenwirkungen. Hingegen wurden sämtliche Kinderkrankheiten riskanter als die entsprechende Impfung im Kindesalter eingestuft. Die aktive Empfehlung durch ärztliches Fachpersonal, Kenntnis der STIKO-Impfempfehlung, ein gutes Influenza-impfspezifisches Wissen sowie das wahrgenommene Risiko, das mit der Erkrankung und der Impfung einhergeht, stellten unabhängige Faktoren im Entscheidungsprozess dar. Waren die ersten Impferfahrungen mit dem Kind negativ, wurden Impfungen als riskanter und mit mehr Sorgen betrachtet, wodurch auch die allgemeine Impfeinstellung negativ beeinflusst wurde. Ein Zuwachs an allgemeinem Impfwissen führte zur Entwicklung einer positiven Impfeinstellung. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse des Promotionsprojektes können als empirische Basis für die Entwicklung zukünftiger zielgruppenspezifischer Interventionen genutzt werden, um die Impfbereitschaft in der Schwangerschaft sowie Impfquoten im Kindesalter zu erhöhen. Insbesondere Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie Hebammen nehmen eine zentrale Rolle ein und müssen in entsprechenden Maßnahmen berücksichtigt werden. Die Erweiterung des Mutterpasses zur Influenza-Impfung in der Schwangerschaft stellt eine einfache Möglichkeit dar, um die Wahrnehmung der Influenza-Impfung bei Gynäkologinnen, Gynäkologen und Schwangeren zu erhöhen. Maßnahmen zum schmerzreduzierten Impfen können sich positiv auf die Impferfahrung mit dem Kind und damit auf die allgemeine Impfeinstellung auswirken.
Background: Since August 2010, the German Standing Committee on Vaccination (STIKO) recommends seasonal influenza vaccination for pregnant women. To support the implementation of this recommendation, data on the vaccine acceptance in this target group and on other potential barriers are crucial. The time during pregnancy but also after childbirth is important for the development of maternal attitudes towards vaccination. As of yet, knowledge about pregnant women’s vaccination knowledge and the process why maternal attitude becomes more pro-vaccine or vaccine-skeptical over time is lacking. The main objectives of this dissertation were (i) to assess general vaccination knowledge during pregnancy, (ii) to explore pregnant women’s influenza vaccination behavior, and (iii) to investigate the development of maternal attitudes towards vaccination from pregnancy to 14 months after childbirth. Methods: We conducted a nationwide cross-sectional study among pregnant women recruited at different sampling points (e.g. gynecologist’s office) and a web-based prospective cohort study with cross-sectional control groups among pregnant women and mothers. Results: Pregnant women and mothers during their child’s first year of life had a moderate general knowledge about vaccinations and an overall positive attitude towards vaccination. However, only 11-16% of women were vaccinated against seasonal influenza during pregnancy in the 2011/12 and 2012/13 seasons. While pregnant women perceived classical childhood diseases to be more risky than the respective vaccinations, the risk of influenza vaccination was perceived higher than the risk of the disease. Especially the recommendation from a physician, knowledge about the official vaccination recommendation for pregnant women, a high level of influenza vaccine-related knowledge, and the perceived risk of influenza infection and vaccination independently determined influenza vaccination uptake. When the first vaccination experience with the baby was negative, mothers perceived vaccinations more risky and had more concerns about vaccine-related risks resulting in a rather negative vaccination attitude. Gaining more general vaccination knowledge over time positively influenced maternal attitude formation. Conclusions: The results of this dissertation can be used to develop tailored strategies to increase vaccination uptake during pregnancy and in infants by positively influencing maternal vaccination attitudes. Gynecologists and midwives should be considered as a major target groups in appropriate activities. Influenza vaccination should be listed as a recommended measure in the maternity record to raise awareness among gynecologists and pregnant women about the vaccination. Pain and stress reducing measures during infant immunization might lead to positive vaccination experiences with their baby, which in turn will positively influence the formation of maternal vaccination attitudes.