Es ist weithin bekannt, dass Cortisol zu einer Verschlechterung des deklarativen Gedächtnisabrufs führt. Cortisol bindet im Gehirn an zwei Rezeptortypen, den Mineralocorticoidrezeptor (MR) und den Glucocorticoidrezeptor (GR). Bisher wurden Cortisoleffekte vor allem auf den GR attribuiert. Mittlerweile konnte aber gezeigt werden, dass auch der MR eine wichtige Rolle im deklarativen Gedächtnis spielt. Zudem scheint Cortisol während des deklarativen Gedächtnisabrufs zu einer Deaktivierung in dafür wichtigen Hirnarealen, wie beispielsweise dem Hippocampus, zu führen, was eine Ursache für den verschlechterten Abruf zu sein scheint. Wie sich Cortisol im autobiographischen Gedächtnis auswirkt, ist wenig untersucht worden. Bisher weiß man, dass Cortisol auch den autobiographischen Abruf verschlechtert, indem Erinnerungen weniger spezifisch abgerufen werden. Dies scheint jedoch vor allem bei neutralen Erinnerungen und in Abhängigkeit des Cortisolanstiegs zu geschehen. Diese Dissertation hatte daher das Ziel, den Einfluss von Cortisol auf das autobiographische Gedächtnis in Abhängigkeit des Mineralocorticoidrezeptors, des Alters und der Valenz der Erinnerung und der zugrundliegenden neuronalen Korrelate genauer zu untersuchen. Dazu wurden drei unabhängige Studien durchgeführt. In der ersten Studie wurde bei Gesunden, Patienten mit Depression und Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung untersucht, wie sich die Stimulation des MR auf den autobiographischen Gedächtnisabruf auswirkt. In der zweiten Studie wurde in einer gesunden Stichprobe überprüft, ob der Einfluss von Cortisol vom Alter und der Valenz der abgerufenen Erinnerung abhängig ist. Die dritte Studie widmete sich der Frage, welche Auswirkung Cortisol auf die neuronale Aktivierung während des autobiographischen Gedächtnisabrufs hat. Die Hauptergebnisse dieser Dissertation sind folgende: 1) Weder bei Gesunden noch bei Depression oder Borderline-Persönlichkeitsstörung führt die Stimulation des MR zu einer Verbesserung der autobiographischen Gedächtnisleistung. Der MR scheint daher eher eine untergeordnete Rolle im autobiographischen Gedächtnis zu spielen. 2) Im autobiographischen Gedächtnis gibt es einen Neuheits- und Valenzeffekt. Neuere und neutrale Erinnerungen werden mit höherer Spezifität abgerufen. Cortisol beeinflusst das autobiographische Gedächtnis in Abhängigkeit von Valenz und Alter der Erinnerung. 3) Cortisol führt während des autobiographischen Gedächtnisabrufs zu einer Deaktivierung im amPFC. Diese Deaktivierung könnte das Bindeglied zwischen erhöhten Cortisolwerten und einer verringerten Spezifität autobiographischer Erinnerungen darstellen. Die Ergebnisse werfen neues Licht darauf, wie sich Cortisol auf den autobiographischen Gedächtnisabruf auswirkt. Während die Ergebnisse zeigen, dass der MR eine untergeordnete Rolle im autobiographischen Gedächtnis zu spielen scheint, betonen sie die Wichtigkeit verschiedener Charakteristika der abgerufenen Erinnerungen. Zudem bietet sich mit der Deaktivierung im amPFC ein erster Hinweis darauf, wie unter erhöhten Cortisolwerten eine Verschlechterung des autobiographischen Gedächtnisses zustande kommt.