Abstrakt (dt.)
Einleitung Das acute respiratory distress syndrome (ARDS) ist mit hoher Mortalität und bekannten Langzeitfolgen behaftet. Die Langzeitfolgen schwerer Verläufe ambulant erworbener Pneumonien (sCAP) mit ARDS, insbesondere Unterschiede zwischen viralen und bakteriellen Pneumonien, sind bisher unzureichend untersucht1,2. Einzelne Aspekte der Langzeitergebnisse bei Patienten mit sCAP und ARDS, insbesondere infolge einer Influenza A(H1N1)-Infektion, wurden nach der Pandemie 2009-A(H1N1)pdm09 berichtet1. Es gibt außerdem Hinweise, dass die antivirale Therapie mit Oseltamivir zu einem verstärkten Auftreten von Delir führt, wobei das Auftreten von deliranten Zuständen bei intensivmedizinischen Patienten mit Langzeitfolgen in Verbindung gebracht wird3–5.
Methodik Für die retrospektive Analyse der Delir-Inzidenz und Delir-Dauer schlossen wir 42 überlebende Patienten, nach sCAP und schwerem ARDS, in die Untersuchung ein (N=42 (H1N1-Patienten=15, non-H1N1-Patienten=27)). Das Langzeitergebnis wurde prospektiv vier Jahre nach Entlassung mittels neurokognitiver Testungen, sowie Erhebungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, Lungenfunktion und Beschäftigungsstatus untersucht (N=23).
Ergebnisse Ein Delir, während der intensivmedizinischen Therapie, trat bei 88% der Patienten auf. Zwischen H1N1-Patienten und non-H1N1-Patienten zeigte sich kein signifikanter Unterschied der Delir-Inzidenz (80% vs. 93%, p = 1.00) sowie der Delir-Dauer (4 [1;6] vs. 7 [2;10] Tage, Median [Perzentile25/75], p = .147). Kognitive Dysfunktion zeigte sich bei den Patienten in den Dimensionen motorische Reaktionsgeschwindigkeit, visuelles Kurzzeitgedächtnis, verbal-deklaratives Kurzzeitgedächtnis sowie der Lese- bzw. Wortverarbeitungsgeschwindigkeit. H1N1- und non-H1N1-Patienten wiesen im kognitiven Langzeitergebnis keine signifikanten Unterschiede auf. Die Dauer des Delirs korrelierte negativ mit der motorischen Reaktionsgeschwindigkeit, dem räumlichen Gedächtnis sowie dem verbal-deklarativen Kurzzeitgedächtnis. Patienten nahmen Einschränkungen des körperlichen Gesundheitsstatus in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wahr. Kognitive Dysfunktion der Patienten spiegelte sich nicht in subjektiv wahrgenommener Einschränkung der eigenen psychischen Lebensqualität wieder. Die Lungenfunktion war lediglich leicht eingeschränkt. Vier Jahre nach Entlassung waren 26% der Patienten nicht mehr in der Lage, einen Beruf auszuüben. 30% der Patienten gingen einer Beschäftigung nach. Kognitive Dysfunktion hatte keinen Einfluss auf den Beschäftigungsstatus.
Schlussfolgerung Delir stellt bei sCAP-ARDS-Patienten eine häufige neuropsychiatrische Komplikation dar. Im Langzeitergebnis zeigen sich bei sCAP-ARDS-Patienten auch vier Jahre nach Entlassung kognitive Einschränkungen, verminderte gesundheitsbezogene Lebensqualität und leicht verminderte Lungenfunktion. Es gibt bei dieser Patientengruppe Hinweise darauf, dass Komorbiditäten einen Faktor für eine geringere Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit darstellen. Sozioökonomisch scheinen diese Langzeitergebnisse als Folge einer häufigen Infektionskrankheit eine hohe gesellschaftliche Krankheitslast darzustellen. Zukünftige Studiendesigns sollten daher methodisch auf die Identifizierung von Risikofaktoren für die Entwicklung eines Delirs, eine Reduktion der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sowie eine geringe Wiederaufnahme beruflicher Tätigkeiten von Patienten mit sCAP und ARDS ausgerichtet und auf Interventionsmöglichkeiten während der intensivmedizinischen Therapie zur Reduktion der Einschränkungen im Langzeitergebnis fokussiert werden.
Abstract (engl.)
Introduction Acute respiratory distress syndrome (ARDS) is associated with high mortality and multiple long-term effects. Yet, for long-term outcomes of severe community acquired pneumonia (sCAP) associated with ARDS insufficient research exists, particularly concerning differences in bacterial versus viral pneumonia1,2. Only some aspects of long-term outcomes of influenza A(H1N1)-infection associated ARDS, caused by the 2009 A(H1N1)pdm09 pandemic, have been evaluated1. Several studies have suggested elevated rates of delirium in patients with severe H1N1-infections treated with Oseltamivir, but the data is inconsistent3–5. Delirium is considered a risk factor for long-time consequences.
Methods We enrolled 42 patients who had survived sCAP with severe ARDS caused by either H1N1-infection or non-H1N1-infection and analyzed the incidence and duration of delirium during their hospitalization. Four years after discharge from ICU we enrolled a subgroup (N=23) to assess long-term outcomes. Therefore, we performed neurocognitive testing and collected data on health-related quality of life, lung function and employment status.
Results Delirium occurred in 88% patients during ICU-treatment. There was no significant difference in the incidence of delirium in H1N1-patients and non-H1N1-patients (80% vs. 93%), nor in the duration of delirium (4 [1;6] vs. 7 [2;10] days, median [percentile25/75]). Regardless of the etiology of their ARDS, cognitive performance was reduced in the subdomains of motor responsiveness, visual memory, verbal-declarative learning and memory, as well as word processing speed. Furthermore, the duration of the delirium in ARDS patients correlated with a worse cognitive long-term outcome in the subdomains: motor response speed, spatial memory, and verbal-declarative learning and memory. Cognitive long-term outcomes did not differ between H1N1-patients and non- H1N1-patients. Cognitive dysfunction did not lead to a reduction in the mental dimension of health-related quality of life. Parameters of lung function were only reduced slightly. Four years after ICU-discharge, 26% of patients were no longer able to work. 30% of the patients were employed. Cognitive dysfunction had no impact on employment status.
Conclusion The occurrence of delirium in sCAP-ARDS patients is a common neuropsychiatric complication. In survivors of sCAP with ARDS, 4 years after discharge, cognitive impairment, lowered subjective health-related quality of life, reduced lung function, and low employment rates are seen. This study also provides some evidence that the low employment rate of sCAP-ARDS patients may be caused by comorbidities. Further research, aimed at the identification of risk factors for delirium, reduced health-related quality of life and low return to work rate of patients with sCAP and ARDS, is needed to better guide methods of intervention during ICU treatment.