Ziel der vorliegenden Arbeit war die explorative Ermittlung persönlichkeitsspezifischer Korrelate eines individuellen Darstellungsstils sowie die Beantwortung der Frage, ob der individuelle Erzählstil sich gleichermaßen in erfundenen Aussagen zeigt. Zu diesem Zweck wurde ein zuvor entwickeltes Ratingsystem zur Erfassung individuell stabiler Sprachmerkmale in zwei Stichproben (n1 = 57, je 3 wahre Aussagen pro Person; n2 = 100, je 3 wahre und 2 erfundene Aussagen) eingesetzt und die Häufigkeit dieser Merkmale mit verschiedenen im Selbstbericht erfassten Persönlichkeitseigenschaften korreliert bzw. Unterschiedstests zwischen wahren und erfundenen Aussagen berechnet. Die meisten Zusammenhänge wurden dabei mit den soziokulturellen Variablen Alter und Geschlecht gefunden. Unterschiede zwischen wahren und erfundenen Aussagen ergaben sich für die Merkmale „Wortanzahl“, „Indefinita und unpräzise Angaben“ sowie „Pointe“. Anhand ermittelter Zusammenhangsmuster wurde ferner eine Typologisierung in souveräne, vermeidende und präzise Erzähler vorgenommen. Souveräne Erzähler sind durch ein höheres Alter, höhere Werte in Extraversion, Aufmerksamkeitsfokussierung und teilweise Offenheit sowie lange und bewertungsreiche wahre Aussagen gekennzeichnet. Vermeidende Erzähler wiederum sind durch ein höheres Alter, ein höheres Ausmaß an Vermeidung und Selbstschutz sowie kürzere Schilderungen tatsächlicher Ereignisse in wahren Aussagen gekennzeichnet. Präzise Erzähler schließlich sind durch ein höheres Alter, emotionale Stabilität, zum Teil geringere Werte in Aufmerksamkeitsfehlern und Ärgerempfinden sowie durch weniger unpräzise Angaben (Merkmal Indefinita) und zum Teil weniger zurückhaltende Formulierungen (Merkmal Vorläufigkeit) in wahren Aussagen gekennzeichnet. Letztlich konnte festgestellt werden, dass sich das Erzählverhalten dieser Erzählertypen in erfundenen Aussagen zum Teil deutlich verändert, sodass eine Berücksichtigung des individuellen Darstellungsstils bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit sinnvoll erscheint.
The aim of this study was to explore possible relationships between narrative styles and underlying personality characteristics. Furthermore, differences in individually stable speech characteristics between true and fabricated accounts were examined. Transcribed statements of two samples (n1 = 57, each person related 3 true accounts; n2 = 100, each person related 3 true and 2 fabricated accounts) were coded for predefined linguistic categories and correlated with measures of different personality characteristics. Correlational patterns suggested the existence of three types of narrative styles. The experienced narrator is characterized by longer and more evaluative accounts, higher age, higher ratings in extraversion, focusing of attention, and to some extent higher ratings in openness. The avoidant narrator is characterized by shorter factual accounts, higher age, and higher ratings in avoidance and self-protection. The accurate narrator is characterized by the usage of less vague and tentative language, higher age, emotional stability, and in parts lower ratings in cognitive failures and sensations of anger. Differences between true and fabricated accounts emerged for the speech categories „word count“, „vague language“, and „punch line“. Consequently, two of three narrative styles were associated with a significant change in fabricated accounts, thereby suggesting the need to consider baseline information about individual depictive styles in deception detection.