Die gestörte Frakturheilung stellt nach wie vor aufgrund der limitierten Behandlungsoptionen eine große klinische Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund ist das klinische Phänomen bedeutsam, dass ein Schädelhirntrauma die Frakturheilung positiv beeinflusst. Mithilfe eines standardisierten und reproduzierbaren experimentellen Ansatzes konnten wir bislang zeigen, dass die Frakturheilung in operierten Mäusen mit kombiniertem Schädel-Hirn-Trauma (Controlled Cortical Impact Injury) und Femurfraktur mit Fixateur externe ebenfalls erhöht ist. Nach der Etablierung des Tiermodells konnten wir eine Reihe von in-vivo- und ex-vivo-radiologischen (Mikro-CT) und biomechanischen Experimenten durchführen, um den Effekt des SHT auf die Frakturheilung von WT-Mäusen zu untersuchen. Die radiologische Untersuchung zeigte eine erhöhte Kallusformation in den Tieren mit dem kombinierten Verletzungsmuster bereits 2 Wochen posttraumatisch sowie eine erhöhte Tendenz zur beschleunigten Frakturüberbrückung. Diese Ergebnisse waren entscheidend für die nächsten Schritte, denn die initiale Hypothese wurde bestätigt und beweist das Vorliegen des Phänomens auch in Tieren. Die konsekutive biomechanische Testung der Femora zeigte zusätzlich eine biomechanische Überlegenheit der Frakturen in der Gruppe der kombinierten Verletzung im Vergleich zu der Gruppe mit der isolierten Fraktur. Dieser Befund impliziert eine normale Kallusformation, die schlussendlich zu den beobachteten biomechanischen Eigenschaften führt. Nachfolgend wurde das Experiment mit leptin-defizienten Mäusen wiederholt, um den Effekt vom Leptin, als zentrales Hormon der Homöostase, auf das Phänomen zu untersuchen. Interessanterweise konnten die vorherigen Ergebnisse der erhöhten Kallusbildung nicht reproduziert werden. Die hohe Pseudarthroserate weist auf die wichtige Rolle von Leptin im Rahmen der Frakturheilung und der ossären Homöostase hin. Des Weiteren konnten diese Ergebnisse histologisch bestätigt werden. Die weitere Etablierung eines Polytrauma-Modells mit hämorrhagischem Schock und die beobachtete Stimulation der Frakturheilung bestätigen die Komplexität des Phänomens und die vielfältigen steuernden Mechanismen. Nachdem die zugrundeliegenden Mechanismen weiterhin unklar sind, sollen in zukünftigen Studien die zellulären und molekularen Grundlagen des beobachtenden Phänomens aufgedeckt werden. Wir werden umfassende Analysen der Genexpression, histologische und FACS-Untersuchungen neben Serum- und Urinmessungen durchführen, um die entscheidenden Zielorgane, Zellen und Signaltransduktionswege zu identifizieren, die an der gesteigerten Frakturheilung nach einem SHT beteiligt sind. Abhängig von diesen Ergebnissen werden vielversprechende Kandidaten und Signaltransduktionswege anhand von Zellkulturexperimenten mit Primärzellen oder Zelllinien näher charakterisiert. Abschließend erfolgt die Verifizierung der Funktion etablierter Kandidaten durch pharmakologische und/oder genetische Proof-of-Principle-Experimente. Die zelluläre und molekulare Charakterisierung der gesteigerten Frakturheilung vervollständigt die Erforschung der gestörten Knochenheilung und ist die Grundlage zum grundlegenden Verständnis der Knochenregeneration und zur Entwicklung jeglicher neuartiger Therapieformen für betroffene Patienten.