Ferritische Stähle mit Chromanteilen bis 16 % finden Anwendung als Materialien für Verdampferwände oder Überhitzerrohre in Kraftwerken. Die Verbrennung der Energieträger, wie beispielsweise Kohle oder Biomasse, produziert heiße, korrosive Gase wie O2, N2, CO2, H2O aber auch SO2 und führt zu einer starken Materialveränderung und Korrosion der Bauteile. Durch die Bildung neuer Mineralphasen wird die Langlebigkeit der Bauteile negativ beeinflusst. Ziel dieser Arbeit ist es, die kombinierte Korrosion von Schwefel und Sauerstoff an Kraftwerksstählen näher zu untersuchen. Zum tiefergehenden Verständnis der vielseitigen Schädigung werden Korrosionsmechanismen in einem frühen Stadium von wenigen Minuten bis 500 h Auslagerungszeit betrachtet. Es wird ein vereinfachtes Modellsystem aus vier Eisen-Chrom-Modelllegierungen und SO2 als Korrosionsgas verwendet. Aufgrund des breiten Einsatzgebietes von Eisen-Chrom-Legierungen ist die Korrosion in SO2-haltigen Atmosphären zwar von Interesse, jedoch fehlt eine systematische Studie mit Modelllegierungen angelehnt an die verwendeten technischen Legierungen und einer prozessnahen Temperatur. Ablaufende Schädigungsmechanismen konnten bisher nicht eindeutig geklärt werden. Schwerpunkte dieser Arbeit sind die Korrosion nach ausgewählten Zeitschritten hinsichtlich qualitativem und quantitativem Phasenbestand, SO2-induzierte Ausscheidungen im Grundmaterial von Eisen mit 13 % Chrom sowie die Korrosion von den ersten Sekunden bis maximal 24 h, aufgezeichnet in situ in Schritten von 30 s bis 120 s mittels energiedispersiver Röntgenbeugung. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei neue Korrosionskammern konzipiert und eingesetzt, die es ermöglichten, die Korrosion nach sehr kurzen Auslagerungszeiten sowie in situ zu verfolgen und zusätzlich wichtige Informationen zu ablaufenden Schädigungsmechanismen zu erhalten. Die Ergebnisse der Korrosionsexperimente nach ausgewählten Zeitschritten und die Ergebnisse der in situ-Versuche ermöglichten eine exaktere und systematischere Analyse des Chromeinflusses auf die Korrosion in SO2-haltigen Atmosphären und der Rolle des Schwefels in der Korrosionsschicht. Die wesentlichen Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit sind, dass sich die Sulfide mit steigendem Chromgehalt zunehmend in Richtung Metallgrenzfläche verlagern, sich mehr Cr5S6-Ausscheidungen in den Korngrenzen des Grundmaterials bilden, der Hämatitanteil steigt und mehr Sauerstoff im Verhältnis zu Schwefel in der Korrosionsschicht gebunden wird. Aus den Ergebnissen wird deutlich, dass mehr Chrom in der Legierung nicht bedingungslos vorteilhaft für die Korrosionsresistenz in einer SO2-haltigen Atmosphäre ist. Mit steigendem Cr-Gehalt erhöht sich das Volumen an Ausscheidungen im Grundmetall, und die Rauheit der Metallgrenzfläche nimmt zu, was zu einer Änderung der mechanischen Eigenschaften des Bauteils führt.