Einleitung: Die Abweichung tatsächlicher Schlafzeiten von der individuell unterschiedlichen inneren Uhr, dem Chronotyp, durch die Erfüllung sozialer Zeitvorgaben, führt zum Phänomen des Sozialen Jetlags (SJL). Dieser wird in der Literatur verknüpft mit negativen gesundheitlichen Auswirkungen auf psychischer, kognitiver (Depressionen, Substanzkonsum und schlechtere akademische Leistungen) sowie psychosomatischer Ebene (höherer BMI und metabolisches Risiko). Dabei ist unklar, inwieweit gesundheitliche Folgen des SJL vom gleichzeitig auftretenden Schlafdefizit getrennt werden können. In dieser Arbeit wird der Einfluss des SJL und zusätzlich des Schlafdefizits mittels subjektiver Fragebögen auf mehrere Parameter der psychischen Gesundheit überprüft. Methoden: Mit dem „Munich Chronotype Questionnaire (MCTQ)“ wurden in Phase I SJL, Chronotyp, Schlafdefizit, BMI und Substanzkonsum an 1308 Probanden erhoben. In Phase II wurden weitere Gesundheitsparameter mittels eines Stress- (PSS), Depressions- (PHQ9) und Schlafqualitäts- (PSQI) Fragebogens an 688 verbliebenen Probanden erfasst und die geographische Verbreitung des SJL mithilfe eines Urbanitätsindex ermittelt. Es wurde auf Normalverteilung der Variablen getestet und Analysen mit nichtparametrischen Verfahren durchgeführt. Mit Mann-Whitney-U-Tests bzw. Kruskal-Wallis-Tests wurde auf geschlechts- beziehungsweise altersspezifische Unterschiede getestet sowie Gruppenvergleiche zwischen SJL-Kategorien durchgeführt. Mögliche Assoziationen des SJL und des Schlafdefizits mit psychischen Auswirkungen wurden mittels Spearman-Rangkorrelationskoeffizienten und partiellen Korrelationen berechnet. Ergebnisse: Der SJL wurde geringer mit zunehmendem Alter. Ein Einfluss des Geschlechts konnte nicht gefunden werden. Bei größerem SJL zeigten sich ein späterer Chronotyp und ein stärker ausgeprägtes Schlafdefizit. Es konnte ein schwach signifikanter positiver Zusammenhang zwischen SJL und Urbanitätsscore festgestellt werden. Tendenziell konnten bei steigendem SJL höhere Werte der untersuchten psychischen Parameter gefunden werden, die mit Ausnahme eines höheren SJL bei Rauchern statistisch nicht signifikant waren. Zwischen Schlafdefizit und PHQ9, PSQI und BMI zeigten sich statistisch signifikante geringe positive Zusammenhänge. Schlussfolgerung: Die MCTQ-Daten unserer Stichprobe sind mit denen anderer Studien vergleichbar. Je urbaner unsere Probanden aufwuchsen, desto mehr SJL hatten sie. Die Relevanz des SJL zeigt sich unter Anderem in dieser gefundenen Assoziation zur Urbanität, da die Urbanisierung ein zunehmendes Phänomen der Gesellschaft darstellt. Probanden mit hohem SJL neigten zu Nikotinkonsum. Zudem sahen wir Trends zu weiteren psychischen Beeinträchtigungen bei höherem SJL, die jedoch keine Signifikanz erreichten. Grund dafür könnte das unausgereifte Konzept des SJL sein. Vor allem die Berechnungsmethode des SJL wird kontrovers diskutiert. Außerdem muss die eingeschränkte Repräsentativität unserer Stichprobe und die Nutzung subjektiver Fragebögen anstatt objektiver Untersuchungsmethoden kritisiert werden. Weitere Studien mit gut geplanten Designs zur Erstellung einer repräsentativen Stichprobe und alternativen Erhebungsmethoden des SJL sind wichtig, um mehr Klarheit zu schaffen, ob der SJL mit psychischen Einschränkungen zusammenhängt.
Background: The discrepancy between actual sleep times and the individual inner clock, the chronotype, results in a phenomenon called social jetlag (SJL), related to social obligations such as working hours. SJL is associated with negative health effects on a psychological, cognitive (depression, substance use, low academic performance) and psychosomatic level (obesity, metabolic risk). The question is raised if potential negative effects can be separated from sleep loss that often accompanies SJL. This work studies effects of SJL and sleep loss on parameters of mental health tested by subjective questionnaires. Methods: In Phase I SJL, chronotype, sleep loss, substance use and BMI are assessed in 1308 participants, using the “Munich Chronotype Questionnaire (MCTQ)“. In Phase II parameters of mental health are measured using stress (PSS), depression (PHQ9) and sleep quality (PSQI) questionnaires in 688 remaining participants. Distribution of SJL is assessed by an urbanity score. The variables were tested for normal distribution and non parametric tests were applied. The Mann-Whitney-U-Test and Kruskal-Wallis-Test were used to assess gender and age differences and to test for group differences in SJL categories. Spearman and partial correlations were computed to analyze associations between SJL, sleep loss and mental health. Results: SJL decreased with age. No sex differences were found. Later chronotypes and participants with more sleep loss presented a higher SJL. A significant association could be detected between SJL and urbanity score. Tendencies of more psychological impairments in participants with higher SJL were observed. However, they did not reach statistical significance except for SJL and smoking. Small positive significant associations between sleep loss and PHQ9, PSQI and BMI were detected. Conclusions: Our sample corresponded well with previous MCTQ studies. The more urban participants grew up, the higher was their SJL. This association underlines the relevance of SJL as urbanization is a growing phenomenon in our society. In this study participants with higher SJL tended to be smokers. Although trends were detected, no other significant association between higher SJL and mental health impairments was found. One reason could be the unformed concept of SJL. Especially the calculation method seems to be controversal. The limited representativity of our sample and assessment of parameters by subjective questionnaires can be criticised. More studies with well planned designs and alternative objective assessment methods are needed to assure better representativity of the sample and to further answer the question if SJL causes impairments of mental health.