The course of major depression during imprisonment – A one year cohort study
Background Prisoners show high rates of major depression at admission to penal justice systems. The course of depression during imprisonment has scarcely been investigated so far. First longitudinal studies in prisoners point to improvements of depressive symptoms during imprisonment. The aim of the present study was to assess the course of major depressive disorder during imprisonment and to identify factors influencing remission.
Methods Prisoners with major depressive disorder in a sample of consecutive admissions to the penal justice system in Santiago de Chile were reassessed after one year of imprisonment. Psychiatric diagnoses were established using the Mini-International Neuropsychiatric Interview (MINI); psychological symptoms were assessed with the Symptom-Check-List 90 Revised (SCL-90-R). Mean symptom scores were compared at baseline and follow-up using Student's t-test. Odds ratios (OR) of comorbid disorders and socio-demographic factors at baseline to predict depression at follow-up were calculated.
Results N=79 out of 80 inmates (99%) with major depression at baseline were included. Thirty-five prisoners (44%) had major depression at follow-up. High suicide risk was present in 37 prisoners (47%) at admission and in 11 (14%) at follow-up. During the year, n=15 (19%) had attempted suicide. The mean global severity score and all mean subscale scores of the SCL-90-R improved. However, psychological symptom levels remain on the level of ‘caseness’ for almost half of the sample. The comorbid diagnosis of PTSD (OR 6.3; p<0.001) at admission and having been previously imprisoned (OR 2.5; p=0.05) predicted major depressive disorder at follow-up.
Limitations The study could not account for temporary improvements between the assessments.
Conclusion Even though most prisoners with major depression at admission show improved symptom levels over time, almost half still fulfil the criteria for this severe mental health condition after one year of imprisonment. Major depression contributes to high suicide rates repeatedly reported for prison populations. Persistent major depression in prison populations gives rise to human rights concerns, especially in the South American context of poorly resourced prison systems. New interventions should target people with major depression and comorbid PTSD at admission.
Der Verlauf von Depressionen während des Strafvollzuges – Daten einer Verlaufsuntersuchung ein Jahr nach Aufnahme in Haft aus Santiago de Chile
Hintergrund Gefängnisinsassen zeigen häufig schwere Depressionen bei Aufnahme in Haft. Der Verlauf von Depressionen während des Strafvollzugs wurde bisher kaum untersucht. Erste longitudinale Studien weisen auf eine Verbesserung depressiver Symptome im Verlauf der Haft hin. Die vorgelegte Studie untersucht nach einjährigem Haftaufenthalt die Häufigkeit psychischer Störungen und Symptome von Gefängnisinsassen, die bei Aufnahme in Haft eine schwere Depression aufwiesen. Es werden Faktoren bei Aufnahme in Haft identifiziert, die Einfluss auf den Verlauf der Depressionen haben.
Methodik Insassen mit majorer Depression bei Aufnahme ins Gefängnis wurden nach einjährigem Haftaufenthalt ein zweites Mal untersucht. Psychiatrische Diagnosen wurden mit Hilfe des Mini-International Neuropsychiatric Interviews (MINI) erhoben, psychologische Symptome mit der Symptom-Check-List 90 Revised (SCL-90-R). Durchschnittliche Symptomwerte zwischen Aufnahmeuntersuchung und Verlaufsuntersuchung wurden mit dem Student’s t-test verglichen. Für die Vorhersage von Depression in der Verlaufsuntersuchung wurden Quotenverhältnisse (OR) komorbider Erkrankungen und soziodemografischer Faktoren bei der Aufnahmeuntersuchung berechnet.
Ergebnisse Von 80 Insassen mit majorer Depression bei Aufnahme in Haft konnten 79 (99%) in die Studie eingeschlossen werden. Nach einjährigem Haftaufenthalt hatten noch 35 Insassen (44%) eine Depression. 37 Insassen (47%) hatten hohes Suizidrisiko bei Aufnahme, 11 (14%) nach einem Jahr. Während des Jahres verübten 15 Insassen (19%) einen Suizidversuch. Die Mittelwerte des GSI (Global Severity Index) sowie der einzelnen Subskalen des SCL-90-R, mit Ausnahme der Subskala für Aggresivität und Feindseligkeit, sanken signifikant während des Jahres in Haft. Dennoch wiesen bei der Verlaufsuntersuchung über die Hälfte der Insassen eine im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutliche erhöhte psychische Belastung auf. Komorbide PTSD (OR 6.3, p<0.001) bei Aufnahme sowie vorherige Inhaftierung (OR 2.5; p=0.05) sagten ein Bestehenbleiben der Depression im Verlauf vorher.
Einschränkungen Vorübergehende Besserungen zwischen den beiden Untersuchungszeitpunkten können nicht ausgeschlossen werden.
Zusammenfassung Obwohl die meisten Insassen mit Depression bei Aufnahme in Haft nach einjährigem Haftaufenthalt weniger psychische Symptome haben als bei Aufnahme, erfüllt immer noch fast die Hälfte von ihnen die Kriterien für eine majore Depression. Depressionen sind bekannterweise der wichtigste Risikofaktor für Suizide von Gefängnisinsassen. Persistierende Depressionen in Gefängnispopulationen geben Anlass zu Sorge bezüglich der Menschenrechtssituation, besonders im ressourcenarmen südamerikanischen Kontext. Interventionen sollten ein besonderes Augenmerk auf Insassen mit schwerer Depression und komorbider PTSD haben.