Einleitung: Lebensbedrohliche Erkrankungen und Operationen bergen nicht nur medizinische Risiken, sondern beeinflussen auch Psyche, Körpererleben und Lebensqualität der Patienten. Das somatische Outcome kann auch durch psychosoziale Parameter moduliert werden. Die vorliegen-de Promotion beschäftigt sich mit dem psychosomatischen Outcome nach chirurgischen Interventionen bei Mammakarzinom-Patientinnen und Lebertransplantations-Empfängern. Der Fokus liegt neben der Lebensqualität auf dem Körpererleben der Patienten, insbesondere der „psychischen Integration“ des jeweils betroffenen Organs. Methodik: Im Rahmen der psychoonkologischen Versorgung im Brustzentrum der Charité wurde 2007 die Dokumentation psychoonkologischer Befunde standardisiert. Der Versorgungsbedarf wurde ermittelt (n=555). Mithilfe von Fragebögen wurde die psychosoziale Belastung von 104 Patientinnen erhoben. Zudem wurden das Körpererleben und die Integration des jeweils betroffenen Organs von 46 Mammakarzinom-Patientinnen sowie 22 Leberspende-Empfängern (12 Lebendspenden, 10 Totenspenden) mit dem Körpergrid untersucht. Die Lebensqualität der Patienten wurde mit der Short-Form-8-health-survey erhoben. Untersucht wurde die Frage nach Korrelationen zwischen den Lebensqualitätswerten und den Körpererlebensparametern. Ergebnisse: Postoperativ wiesen die Brustkrebspatientinnen eine erhöhte ängstliche Depressivität (Berliner Stimmungsfragebogen) und eine niedrigere Lebensqualität (Anamnestic Comparative Self Assessment) auf. Die körperlichen Beschwerden (Gießener Beschwerdebogen) sowie die Stresswahrnehmung (Perceived Stress Questionnaire) waren nicht erhöht. Postoperativ zeigte sich eine hohe Nachfrage nach psychosomatischer Grundversorgung (45-62%). 28% erhielten eine ICD10-F-Diagnose (n=154 von n=555). Ein Drittel der 46 mit dem Körpergrid untersuchten Brustkrebspatientinnen war mehrere Monate nach dem operativen Eingriff unzufrieden mit ihrem Körper. Je zufriedener die Patientinnen mit ihrem Körper waren, desto höher waren ihre körperliche und psychische Lebensqualität. Die Hälfte der Patientinnen war mit ihren Brüsten unzufrieden. Die Brüste waren häufig mit emotionalen sowie negativ-konnotierten Eigenschaften assoziiert. Je weniger die Brüste in den Körper integriert waren, desto weniger Freude an sexuellen Handlungen gaben die Patientinnen an. In beiden Gruppen der Lebertransplantations-Empfänger war die alte Leber nicht in den Ge-samtkörper integriert. Die neue Leber wurde von den Lebendspende-Empfängern ausgeprägter „idealisiert“ als von den Totenspende-Empfängern. Bei den Lebendspende-Empfängern war die Beschreibung des eigenen Körpers häufiger emotional gefärbt als bei den Totenspende-Empfängern. In beiden Gruppen wurde die neue Leber positiv, die alte negativ erlebt. Die psychische und physische Lebensqualität waren gleich. Die psychische Lebensqualität war umso höher, je höher die Zufriedenheit mit dem Gesamtkörper und je mehr die neue Leber in den Gesamtkörper integriert war. Diskussion: Die Untersuchungen mit dem wenig angewandten Körpergrid-Verfahren zeigten wenig untersuchte und bedeutsame Aspekte im Körpererleben von lebensbedrohlich erkrankten Patienten nach operativen Eingriffen. Implikationen für die psychosomatische Mitbetreuung der Patienten konnten abgeleitet werden. Eine regelhafte Anwendung des Körpergrids im klinischen Alltag erscheint unverhältnismäßig aufwendig.
Introduction: Life-threatening diseases and surgery do not only carry medical risks but also in-fluence mental health, body experience and quality of life of patients. This thesis deals with the psychosomatic outcome in breast cancer patients and liver transplant recipients after surgery. The foci are quality of life and body experience, especially the psychological integration of the affected organ.
Method: The documentation of psycho-oncological findings in the breast center of the Charité was standardized in 2007. The care requirements were established (n=555); a questionnaire survey for psychosocial stress of 104 breast cancer patients was conducted. Body experience and integration of affected organs of 46 breast cancer patients and 22 liver transplant recipients (12 living, 10 deceased donor recipients) were examined using the body grid. Quality of life was examined using the short-form-8-health-survey. The correlation between quality of life and body experience was investigated.
Results: Breast cancer patients showed more anxious depression (Berlin-Mood-Questionnaire) and a lower quality of life (Anamnestic-Comparative-Self-Assessment) than healthy controls. The physical complaints (Giessen-Subjective-Complaints-List) as well as perceived stress (Perceived-Stress-Questionnaire) were not increased. A high demand for psycho-oncological care is indicat-ed (45-62%). 28% of patients received an ICD10-F-diagnosis (n=154 of n=555).
A third of the 46 breast cancer patients examined with the body grid were unsatisfied with their body several months after surgery. The more satisfied the patients were with their body the high-er physical and mental quality of life was. Half of the patients were dissatisfied with their breasts which were frequently associated with emotional and negative traits. The less the breasts were integrated into the body, the less joy during sexual activities was reported.
In both groups of liver transplant recipients the old liver was not integrated into the body. The new liver was more “idealized” by living donor recipients and the description of their body was more often emotionally charged. In both groups the new liver was experienced as positive, the old one as negative. The mental quality of life was higher, the higher the satisfaction with the body was and the more the new liver was integrated into the body.
Discussion: The surveys with the little used body grid method showed scarcely investigated and meaningful aspects of the body experience of patients with life-threatening diseases after surgical interventions. Implications for the psychosomatic treatment of patients were inferred. A fixed and regular implementation of the body grid method in everyday clinical practice appears to be impractical.