Einleitung Wirbelsäulenmetastasen stellen ein komplexes Krankheitsbild dar. Aufgrund des häufig multilokulären Geschehens ist eine vollständige Resektion (R0) selten möglich. Die Behandlungsstrategie dieses Krankheitsbildes richtet sich daher nicht nur nach onkologischen Aspekten aus, sondern vor allem nach funktionellen Aspekten wie Schmerzkontrolle, Stabilität und Selbständigkeit der Patienten. Diese Arbeit gibt einen demographischen Überblick über Patienten mit Wirbelsäulenmetastasen an der Charité und befasst sich mit der Anwendbarkeit präoperativer Scoringsysteme für das therapeutische Vorgehen in der Akutsituation, als auch mit dem Outcome insbesondere von älteren Patienten.
Material und Methoden Hierzu fand eine selektive Literaturrecherche und retrospektive Auswertung von 354 Patienten mit spinaler Metastasierung, die in der Klinik für Neurochirurgie der Charité Berlin am Campus Virchow und Campus Benjamin Franklin in dem Zeitraum von 2005 bis 2012 behandelt wurden, statt. Es wurden verschiedene Therapiestrategien sowie unterschiedliche Altersgruppen verglichen anhand von Parametern wie der visuellen Analogskala (VAS), dem McCormick Score und dem Karnofsky Performance Score (KPS).
Ergebnisse Es zeigte sich eine Prävalenz spinaler Metastasen bei Männern (62 %). Das mediane Erkrankungsalter lag bei 62 Jahren. Als Primärtumore waren v. a. Bronchial- (21 %), Prostata- (17 %) und Mammakarzinom (11 %) zu finden. Die Lebensqualität der Patienten war durch Schmerzen (84 %) und neurologische Defizite (73 %) eingeschränkt. Aus unserem Patientenkollektiv wurden 79 % einer operativen Therapie zugeführt. Die chirurgische Intervention zeigte gegenüber der konservativen Behandlung eine Überlegenheit. Ein Vergleich der prä- und posttherapeutischen Scoring-Werte zeigte nach Operation eine Verbesserung der Schmerzsituation (70 %), Mobilität (20 %), des McCormick, und des KPS (43 %). Die Outcomeparameter nach chirurgischer Intervention der Patienten unter 70 Jahren unterschied sich nicht signifikant von den über 70-Jährigen. Bezüglich der Prüfung der Anwendbarkeit der präoperativen Scoringsysteme für das therapeutische Vorgehen in der Akutsituation gab es retrospketiv in 50 % der Fälle eine Übereinstimmung der gewählten, operativen Strategie mit der Empfehlung des präoperativen Scoringsystems.
Zusammenfassung Die präoperativen Scoringsysteme waren nur eingeschränkt anwendbar, da in zeitkritischen Fällen entscheidende Informationen nicht zugänglich waren. Insgesamt kann die Schmerzkontrolle, Funktionalität und Lebensqualität mit einer Operation in der Mehrzahl der Fälle verbessert werden. Unsere Daten zeigen, dass auch bei älteren Patienten die operative Therapie eine sinnvolle Maßnahme in Bezug auf eine verbesserte Lebensqualität gemessen an VAS, McCormick und KPS, sowie erhöhte Lebensdauer darstellt. Die Behandlung spinaler Metastasen erfordert ein interdisziplinäres Zusammenarbeiten und sollte individuell, an die Gesamtprognose des Patienten angepasst, entschieden werden.
Introduction Spine metastases constitute a complex clinical picture. This work was aimed at determining a therapeutical standard process for the treatment of spine metastases by assessing the applicability of different scoring systems for the therapeutical approach in the acute situation as well as comparing outcomes in the case of elderly.
Materials and Methods A selective literature research and a retrospective evaluation of 354 patients affected by spine metastases that were treated and subject to treatment in the neurosurgical department at Charité Berlin from 2005 till 2012 were carried out. We compared different surgical approaches and age groups on the basis of outcome parameters that were measured with VAS, McCormick and KPS.
Results There was a prevalence of spinal metastases in men (62 %). The median age at diagnosis was 62 years. The primary tumors were in descending frequency bronchial (21 %), prostate (17 %) and breast cancer (11 %). The quality of life of the patients was impaired mostly by pain (84%) and neurological deficits (73 %). 79 % of the patients were conducted to surgical treatment. This study showed superiority of surgical treatment compared to conservative treatment in means of pain control, independency and neurological deficits. The functional and neurological outcome parameters after surgical intervention of patients under 70 years were not significantly different compared to patients older than 70 years. Preoperative scoring systems for the therapeutic approach were applicable in only 50 % of cases.
Summary Most of the preoperative scoring systems were not applicable because crucial information was not available in time-critical cases. Overall, pain control, functionality and quality of life can be improved with surgery in the majority of cases. Our data showed that even in the elderly surgical treatment is able to improve VAS, McCormick and KPS. But still treatment of spinal metastases requires interdisciplinary cooperation and should be considered individually.