Die Knochenheilung ist ein komplexer Vorgang, bei der die Reparation in einer vollständigen Rekonstruktion der ursprünglichen Struktur, Funktion und Belastbarkeit des Knochens mündet. Besonders die Heilung größerer Defekte langer Röhrenknochen ist dabei meist langwierig und nicht immer erfolgreich. Bei 5–10 % aller diaphysären Frakturen sind Heilungsstörungen zu erwarten. Sie können iatrogen durch falsche Osteosynthesewahl, Missachtung der Asepsis und zusätzlicher Traumatisierung bei der Osteosynthese verursacht und/oder patienten- (Alter, Gewicht, systemische Erkrankungen, Immunstatus) und frakturbedingt (Lokalisation: epi-, me-ta-, diaphysär; Konfiguration: einfach, gesplittert, zertrümmert, offen) sein (JACKSON und PACCHIANA, 2004; CALORI et al., 2007). Für den Menschen gelten diaphysäre Splitter-/Trümmerfrakturen mit einer Defektgröße über 140 % des Knochendurchmessers als Brüche, die nicht mehr natürlich und ohne ärztliche Intervention heilen (MATHON et al., 1998). In der Kleintiermedizin konnten dazu nur ganz allgemein Empfehlungen gefunden werden: „Besteht ein Knochendefekt oder können Bruchenden nicht korrekt reponiert werden, so ist die Lücke primär mit autogener Spongiosa aufzufüllen. Sekundär erfolgt die Spongiosatransplantation bei verzögerter oder ausbleibender Frakturheilung.“ Auch wenn in zahlreichen Dokumentationsanalysen zu Gliedmaßenfrakturen bei Hund und Katze die Inzidenz, Lokalisation und der Frakturtyp sowie die Osteosyntheseverfahren analysiert sind, fehlen Daten zur primären oder sekundären Behandlung mit autogenen Spongiosatransplantaten. Gemessen am Goldstandard „Spongiosatransplantation“ sollte zudem erstmals eine neuartige Polymermembran (BoneCure®) mit osteokonduktiven Eigenschaften geprüft werden, ob diese den knöchernen Durchbau von Frakturen, Korrekturosteotomien und Arthrodesen fördert. In den Jahren 2007–2014 wurden in der Kleintierklinik der Freien Universität Berlin 542 Hunde mit einer extraartikulären Fraktur eines der langen Röhrenknochen (Radius/Ulna, n = 193; Os femoris, n = 126; Tibia/Fibula, n = 112; Humerus, n = 111) zur Versorgung vorgestellt. 99 (18 %) der Frakturen waren gesplittert. Die Splitterfraktur wurde als Bruch eines langen Röhrenknochens mit mindestens drei Fragmenten definiert. 18 Splitterfrakturen waren offen. Die Patienten waren Tiere verschiedener Rassen, verschiedenen Alters, Geschlechts und Körpergewichts. Die Frakturen waren Folge verschiedener Traumata. Zur Stabilisierung der Frakturen wurden intra- und extramedulläre Osteosynthesetechniken genutzt. Prospektiv wurde bei 14 Hunden und Katzen der frakturierte, osteotomierte oder arthrodetisierte Bereich knochennah zunächst mit der osteokonduktiven Membran BoneCure® ummantelt und die Fraktur osteosynthetisiert. Der Heilungsverlauf wurde klinisch und röntgenologisch begleitet. Von den 99 extraartikulären Frakturen war das Os femoris mit 42 (42 %) vor Tibia/Fibula (n = 29; 29 %), Radius/Ulna (n = 24; 24 %) und Humerus (n = 4; 4 %) am häufigsten gesplittert. 40 der Hunde gehörten groß-, 34 mittel- und 25 kleinwüchsigen Rassen bzw. Kreuzungen an. Das Alter betrug zwischen 2 Monaten und 14 Jahren. Die Tiere waren zwischen 3–62 kg schwer. 51 Hunde waren weiblich und 48 männlich. Die Osteosynthese wurde 73-mal extramedullär mit einer Platte (n = 68) oder Fixateur externe (n = 5), neunmal intramedullär mit einem Markraum- (n = 8) oder Verriegelungsnagel (n = 1) und 15 extra-/intramedullär kombiniert im Verfahren „Plate and Rod“ (n = 13) oder „Tie in“ (n = 2) durchgeführt. Zwei Tiere wurden nicht durch die Kleintierklinik der FU Berlin osteosynthetisiert. Unabhängig von diesen Osteosyntheseverfahren wurde zur zusätzlichen Fixation eines Splitters eine Zug-/Stellschraube (n = 22) oder Draht-/Fadencerclage (n = 23) platziert. Nur einmal wurde zur Defektfüllung primär autogene Spongiosa transplantiert. Der Heilungsverlauf konnte von 79 Hunden (80 %) in der Klinik kontrolliert werden. Bei 57 Frakturen (72 %) (22-mal Os femoris, je 16-mal Tibia/Fibula und Radius/Ulna, dreimal Humerus) heilte der Bruch ohne Komplikationen (49-mal nach Platte, zweimal nach Fixateur externe, sechsmal nach Mark-/Verriegelungsnagel). Komplikationen erlitten 22 Frakturen (27,8 %), einige mehrfach: Implantatversagen (n = 6), Osteomyelitis (n = 6), verzögerte Frakturheilung (n = 5), Wundinfektion (n = 3), Pseudarthrose/Nonunion (n = 2), je einmal Heilung in Fehlstellung, Refraktur, transiente Radialislähmung, Tiefenschmerzverlust, Tod. Bei Implantatversagen wurden die gebrochenen/gebogenen Platten (n = 5) und Fixateur externe (n = 1) gegen stabilere ausgetauscht; bei Osteomyelitis antibiotisch (n = 6) therapiert in Kombination mit Debridement (n = 3), Implantatwechsel/-entfernung (n = 2) oder Rivanolverbänden (n = 1). Delayed und Nonunions wurden debridementiert (n = 6), in einem Fall zusätzlich das Implantat dynamisiert. Bei Refraktur wurde erneut osteosynthetisiert (n = 1), bei Wundinfektionen antibiotisch therapiert (n = 2) oder die Gliedmaße amputiert (n = 1). Bei Tiefenschmerzverlust wurde die Gliedmaße amputiert (n = 1), bei transienter Radialislähmung Physiotherapie (n = 1) angewendet. Siebenmal wurde sekundär autogene Spongiosa transplantiert: zweimal nach Plattenbruch (einmal davon mit Nonunion), einmal bei Osteomyelitis in Verbindung mit einem Sequester und viermal bei verzögerter Frakturheilung. Die BoneCure®-Membran wurde bei acht akuten, zwei verzögert heilenden, zwei nach Fehlwachstum korrigierten Frakturen und zwei Arthrodesen zur Beschleunigung der Knochenheilung eingesetzt. Bei sieben dieser Anwendungen (50 %) war die Heilung komplikationsbehaftet. Die Komplikationen – dreimal Implantatversagen, je zweimal Wundinfektion und Refraktur – sind nicht der Membran anzulasten. Allerdings konnte klinisch- röntgenologisch nicht nachgewiesen werden, dass BoneCure® die Frakturheilung beschleunigt. Diaphysäre Splitterfrakturen der langen Röhrenknochen beim Hund sind, wenn mehr als drei Fragmente zusätzlich zu den beiden Hauptbruchstücken vorliegen, trotz Osteosynthese enorm komplikationsgefährdet. Unter den Komplikationen ist die Mehrzahl – Implantatversagen (n = 6), Osteomyelitis (n = 6), Wundinfektion (n = 3) – wesentlich iatrogen (68 %) verursacht, während 32 % – Delayed (n = 5) und Nonunion (n = 2) – der Splitterung des Knochens anzulasten sind. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass in etwa 10 % der extraartikulären Splitterfrakturen der langen Röhrenknochen beim Hund eine primäre Transplantation autogener Spongiosa nützlich ist, die Fraktur zur Heilung zu bringen. Da beim Hund ausreichend große Spongiosadepots gegeben sind, besteht so gut wie nie die Indikation, die Osteosynthese einer traumatisch bedingten Fraktur durch Fremdmaterial mit z. B. osteokonduktiven Eigenschaften zu ergänzen.
Bone healing is a complex process and in a successful reparation, results in a complete reconstruction of its former structure, function and resilience. The healing of large defects of long bones is often protracted and not always successful. Problems in healing are to be expected in 5–10 % of all diaphyseal fractures. They can be caused iatrogenically by choosing the wrong type of osteosynthesis, disregarding asepsis and additional intraoperative traumatizing and/or be patient-related (age, weight, systemic diseases, immune status) and fracture-related (localization: epi-, meta-, diaphyseal; configuration: simple, comminuted, open) (JACKSON und PACCHIANA, 2004; CALORI et al., 2007). In humans, comminuted fractures with defects sized larger than 140 % of the bone diameter are considered as fractures that do not heal without medical intervention (MATHON et al., 1998). In small animal medicine, only general recommendations exist: „If there is a bone defect or if the bone fragments cannot be anatomically reduced, the defect should be filled primarily with autogenous cancellous bone. Secondarily, cancellous bone is transplanted in delayed or nonunions.” Although a lot of studies about limb fractures in dogs and cats analyse the incidence, localization and fracture type as well as osteosynthesis, there is no data on the primary or secondary treatment with autogenous transplantation of cancellous bone. Compared to the gold standard “cancellous bone transplantation” a new polymeric membrane (BoneCure®) with osteoconductive features is tested to identify if it can accelerate healing of fractures, corrective osteotomies and arthrodeses. From 2007–2014, 542 dogs with extraarticular fractures of a long bone (radius/ulna, n = 193; femur, n = 126; tibia/fibula, n = 112; humerus, n = 111) were presented for treatment at the small animal clinic of the Free University Berlin. 99 (18 %) were comminuted fractures. A comminuted fracture was defined as a fracture of a long bone with at least three fragments. 18 comminuted fractures were open fractures. The dogs were of different breeds, age, sex and weight. The fractures were caused by different types of traumata. Intra- and extramedullary osteosynthesis was performed for stabilization. 14 dogs and cats with a fracture, corrective osteotomy or arthrodesis were prospectively treated with the osteoconductive membrane BoneCure® between bone and osteosynthetic material. The healing process was evaluated by means of clinical examination and X-rays. Of the 99 extraarticular, comminuted fractures, the femur (n = 42) was most often comminuted, followed by tibia/fibula (n = 29), radius/ulna (n = 24) and humerus (n = 4). 40 dogs were large-(cross)bred, 34 medium-(cross)bred and 25 small-(cross)bred. The age of the animals was between two months and 14 years. Weight was between three and 62 kg. 51 dogs were female and 48 male. Extramedullary osteosynthesis (n = 73) was performed in 68 cases by plating and in five cases by fixateur externe. Intramedullary osteosynthesis (n = 9) was performed by medullary nail in eight cases and by interlocking nail in one case. The combination of extra- and intramedullary osteosynthesis (n = 15) was performed by “plate and rod” in 13 cases and by “tie in” in two cases. Two dogs were operated elsewhere. In 22 animals screws, and in 23 animals cerclages (n = 23) were used for additional fixation of fragments. Autogenous cancellous bone was used for defect filling only once. The healing process could be accompanied by the clinic in 79 dogs (80 %). In 57 fractures (72 %) (femur: n = 22; tibia/fibula: n = 16; radius/ulna: n = 16; humerus: n = 3) healing occurred without any complications (plate: n = 2; fixateur externe: n = 2; intramedullary nailing: n = 6). Complications were detected in 22 dogs (27,8 %), some of them more than once: implant failure (n = 6), osteomyelitis (n = 6), delayed union (n = 5), wound infection (n = 3), nonunion (n = 2), malunion (n = 1), refracture (n = 1), transient paralysis of the radial nerve (n = 1), loss of limb sensitivity (n = 1) and death (n = 1). Treatment of implant failure included implant replacement. Osteomyelitis was treated with antibiotics (n = 6) as well as debridement (n = 3), implant replacement/removal (n = 2) or rivanol bandages (n = 1). Delayed and nonunions were treated with debridement (n = 6) and implant dynamisation (n = 1). Refractures were re-osteosynthetised and wound infections were treated with antibiotics (n = 2) or limb amputation (n = 1). Limb amputation was also performed in the patient with loss of limb sensitivity. Transient paralysis of the radial nerve was successfully treated with physiotherapy. Autogenous cancellous bone was secondarily transplanted in seven cases: two times after plate failure (one of them with nonunion), once after osteomyelitis in combination with a sequester and four times in delayed unions. The BoneCure® membrane was used for acceleration of bone healing in eight acute fractures, two delayed unions, two corrective osteotomies and two arthrodeses. Complications occurred in seven of these cases (50 %): implant failure (n = 3), wound infection (n = 2) and refracture (n = 2). This cannot be attributed to the membrane. Nevertheless, there is no clinical or radiological evidence that BoneCure® accelerates fracture healing. Diaphyseal comminuted fractures of long bones in dogs are prone to develop complications during healing, especially if more than five fragments occur. Most of the complications – implant failure (6x), osteomyelitis (6x), wound infections (3x) – are created iatrogenically (68 %), whereas delayed (5x) and nonunion (2x) are caused by the comminution of bone (32 %). From these results, it can be concluded that approximately 10 % of extraarticular comminuted fractures of long bones in dogs can benefit from primary transplantation of autogenous cancellous bone. Due to the large stocks of cancellous bone in dogs, supplementation of osteosynthesis with foreign material, e. g. osteoconductive membranes, is only rarely needed.