Seit der Entdeckung der RIPs und der Aufklärung der enzymatischen Aktivität dieser Proteine sind einige Reviews veröffentlicht worden. Jedoch kam es im Laufe der Zeit zu Unstimmigkeiten bezüglich der Nomenklatur und Definition mancher RIPs. Für diese Arbeit wurde eine Übersichtstabelle erstellt, die diese Unstimmigkeiten beseitigen sollte und es konnte gezeigt werden, dass aktuell 193 Typ 1 RIPs und 88 Typ 2 RIPs existieren. Daneben existieren Proteine, die den klassischen RIPs sehr ähnlich sind, aber aufgrund struktureller oder funktioneller Unterschiede nicht als solche klassifiziert werden können und dementsprechend wurde ein Vorschlag unterbreitet wie diese Proteine klassifiziert und benannt werden könnten. Durch eine Affinitätschromatographie, bei der aufgereinigte Antikörper verwendet wurden, konnte ein Protein aus Agrostemma githago isoliert werden, welches in einer Echtzeit-Untersuchung eine gewisse Toxizität zeigte, die in Kombination mit dem Saponin SO1861 verstärkt wurde. Die Aminosäuresequenzen von fünf Peptidfragmenten wurden durch MALDI-TOF-MS erhalten. Dadurch war zum einen die Produktion von anti-Peptid Antikörpern möglich, mit deren Hilfe eine größere Menge Protein isoliert werden konnte. Zum anderen konnte eine Datenbank kreiert werden, um die Rohdaten der RNA-Seq auszuwerten. Darüber hinaus konnte die Masse des isolierten Proteins von 26963 Da ermittelt werden und aufgrund des Spektrums wurde die Vermutung aufgestellt, dass es sich bei dem isolierten Protein um drei Isoformen handeln könnte. Nach der bioinformatischen Auswertung der RNA-Seq-Rohdaten wurde eine erste Konsen-sussequenz erhalten, die eine Länge von 247 Aminosäuren und eine theoretische Masse von 27140 Da aufzeigte. Anhand dieser Sequenz konnten fünf weitere Peptidfragmente der MALDI-TOF-MS Untersuchung sequenziert werden. Durch einen Vergleich der MALDI-TOF-MS-Sequenzen mit der Konsensussequenz wurde aufgrund von Sequenzunterschieden einzelner Aminosäuren der Verdacht bestätigt, dass es sich bei dem isolierten Protein um drei Isoformen handeln musste. Außerdem wurde die erste Konsensussequenz revidiert und es wurde eine zweite Konsensussequenz erhalten mit einer Länge von 290 Aminosäuren und einer theoretischen Masse von 31900 Da. Durch in silico Untersuchungen konnte ein N-terminales Signalpeptid ausfindig gemacht werden, jedoch konnte die Massedifferenz der zweiten Konsensussequenz und des isolierten Proteins nicht im Detail erklärt werden und stattdessen wurde lediglich der Verdacht aufgestellt, dass bei der Isolierung des Proteins ein Peptid proteolytisch abgespalten wurde. Durch Vergleich der zweiten Konsensussequenz mit den Aminosäuresequenzen von anderen RIPs konnte gezeigt werden, dass die Konsensussequenz die konservierten Aminosäuren enthält, die für die enzymatische N-Glykosidase Aktivität verantwortlich sind. Damit wurde endgültig geklärt, dass es sich bei dem isolierten Protein um das Typ 1 RIP Agrostin handeln musste. Durch eine RACE-PCR konnte gezeigt werden, dass die mRNA für das Agrostin nicht nur in silico durch Auswertung der RNA-Seq-Rohdaten aufgezeigt werden konnte, sondern auch in vitro. Abschließend wurde für zukünftige Untersuchungen nicht nur die zweite, sondern auch die erste Konsensussequenz so weit präpariert, um eine Fremdexpression durchführen zu können. Dadurch soll unter anderem untersucht werden, ob es sich bei der ersten Konsensusse-quenz um eine Isoform des Agrostins handeln könnte.
Ribosomen-inaktivierende Proteine sind Enzyme, die über eine N-Glykosidase-Aktivität einen bestimmten Adeninrest ribosomaler RNA abspalten können, wodurch die zelluläre Proteinsynthese zum Erliegen kommt und es dadurch zum Zelltod kommt. Aus pharmazeutischer Sicht sind diese Proteine daher besonders in Kombination mit speziellen Antikörpern als zielgerichtete Toxine an Tumorzellen von Interesse. Auch in Kombination mit Saponinen sind diese Proteine interessant, da es in deren Anwesenheit zu einer synergistischen Zytotoxizität der Ribosomen-inaktivierenden Proteine kommt, wodurch die Toxizität um ein Vielfaches erhöht werden kann. Daher haben wir das Ribosomen-inaktivierende Protein Agrostin aus der Kornrade (Agrostemma githago L.), die u.a. auch einige Saponine enthält, isoliert und sequenziert.