In der hier vorgestellten Arbeit werden die drei bekanntesten in Ferrara entstandenen Ritterepen Inamoramento de Orlando von Matteo Maria Boiardo, Orlando Furioso von Ludovico Ariosto und Gerusalemme Liberata von Torquato Tasso im Kontext ihrer Geschichtlichkeit untersucht. Drei Aspekte spielen dabei eine Rolle: Der Umgang der drei Autoren mit dem im Text verwendeten historischen Material, die Bezugnahmen im literarischen Text zum historischen Geschehen der Gegenwart der Autoren und die theoretischen Überlegungen zur Geschichtsschreibung in Humanismus und Renaissance. Bei allen drei Aspekten ist das Spannungsfeld zwischen historischer Faktizität und Fiktionalisierung von Belang, insbesondere da Dichtung und auch Geschichtsschreibung im kulturellen und politischen Umfeld des Fürstenhofs in Ferrara prinzipiell unter dem Einfluss der seinerzeit herrschenden Este-Dynastie zu betrachten sind. Anhand der drei Werke lassen sich die Beziehungen zwischen dem Geschehenen, dem literarischen Text und der Geschichtsschreibung herausarbeiten und darstellen. Es wird gezeigt, wie im Werk Ariostos, im Gegensatz zu dessen Vorläufer Boiardo, im Wechselspiel von aktuellen Fakten und historischen Fiktionen ein starkes Bewusstsein für die politische Krise der eigenen Gegenwart geschaffen wurde. Anschließend wird dargelegt, wie Tasso bei einer gewollten Scheidung zwischen Historischem und Fiktivem den gesellschaftlichen Zustand zum Ende des 16. Jahrhunderts zum Ausdruck kommen lässt.
In the here presented thesis the three well known Ferrarese chivalric poems, Matteo Maria Boiardo's Inamoramento de Orlando, Ludovico Ariosto's Orlando Furioso and Torquato Tasso's Gerusalemme Liberata, will be analyzed in the context of history. Therefore three aspects are of interest: The use of historical material as the subject of the books' stories, the mentionings of the historical events that took place at the times the authors were living and the theoretical view on historiography in humanism and Renaissance. For all three aspects the relationship between historical facts and fiction is of relevance, since it has to be considered that poetry and also historiography are to be seen under the circumstances of the cultural and political courtly life in Ferrara under the influence of the Este dynasty. Throughout the work on those three books the relations between the historical events, the literaric texts and the historiography can be described. It will be shown how Ariosto by playing with actual facts and fiction in his poem – unlike his predecessor Boiardo – creates a strong sense of awareness for the political crisis of his own present. Then it will be described how Tasso in spite of his apparent detachment of his historical subject from the own present expresses the state of society at the end of the 16th century.