Ärztliche Entscheidungen in der präklinischen Notfallmedizin finden fast immer unter zeitkritischen und ungünstigen Bedingungen statt. Wenngleich Rettungsdienst Teamarbeit ist, handelt es sich doch in der Regel um Alleinentscheidungen des Notarztes, der sich im Gegensatz zum regulären Klinikalltag nicht mit anderen Kollegen konsultieren kann. Er kann im Zusammenhang mit seinen notärztlichen Entscheidungen durchaus in die Gelegenheit kommen, medizinrechtliche Grenzen zu erreichen und sogar zu überschreiten. Aufgabe der Notfallmedizin ist es, lebensbedrohliche Zustände und Erkrankungen zu erkennen und bei diesen wirksam zu intervenieren und zu versuchen, weitere schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. In diesem Kontext ist der Notarzt oftmals mit Fragen der Einleitung bzw. des Abbruchs von Wiederbelebungsmaßnahmen konfrontiert; dabei ist nicht auszuschließen, dass auch iatrogene Schäden durch Wiederbelebungsmaßnahmen verursacht werden. Ferner ist festzustellen, dass Patienten - ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmend - zum Teil konkrete Behandlungswünsche bzw. Unterlassungsanweisungen in Patientenverfügungen niederlegen und diese dann (noch) durch den Patient selbst bzw. durch Angehörige dem Notarzt zugänglich gemacht werden. Insbesondere vor dem Hintergrund von Reanimationsmaßnahmen erscheint es äußerst problematisch, wenn der Notarzt dann zu prüfen hat, ob und inwieweit die in der Patientenverfügung niedergelegten Wünsche des betroffenen Patienten auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und dann durch ihn umzusetzen sind. Er steht oftmals im Rahmen einer Pflichtenkollision vor dem medizinischen, ethischen und medizinrechtlichen Dilemma, mit Wiederbelebungsmaßnahmen im Interesse eines positives Erfolges beginnen zu müssen, statt Patientenverfügungen zu lesen, zu prüfen, zu interpretieren und letztendlich seine Entscheidung anhand dieser Patientenverfügung auszurichten. Insofern wird der Notarzt stets im Grundsatz „in dubio pro vita“ handeln (müssen); anderenfalls werden Reanimationsmaßnahmen nicht erfolgreich sein, denn ein längeres Suchen bzw. Lesen einer Patientenverfügung mit entsprechender Prüfung und Interpretation des konkreten Patientenwillens auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation wird einige Zeit in Anspruch nehmen; diese Zeit steht bei Reanimationsmaßnahmen nicht zur Verfügung. Hat hingegen der Notarzt Reanimationsmaßnahmen nicht eingeleitet bzw. diese abgebrochen, muss er anschließend den Tod des Patienten festzustellen und auf dem amtlichen Vordruck bescheinigen. Dies kann dazu führen, dass möglicherweise in einem Todesursachenermittlungsverfahren die Indikation und der Grund der Unterlassung einer Reanimationsmaßnahme bzw. von iatrogenen Schäden durch eine rechtsmedizinische Obduktion gesichert und anschließend die erhobenen Befunde bewertet werden müssen. Letztendlich kann durch den Notarzt ein Rechtsverstoß gegen die Bestattungs- und Leichenschaugesetze der Länder verwirklicht werden mit der Folge eines bußgeldrechtlichen Verfahrens. Insofern kann die Rechtsmedizin als Mittler zwischen Medizin und Recht einen eigenständigen Beitrag zur Medizinschadensforschung leisten.
Medical decisions in pre-clinical emergency medicine are usually made under time-sensitive and unfavorable conditions. Normally, these decisions are made exclusively by the emergency physician, which is in direct contrast to normal hospital protocol, who have the luxury of consultation with other colleagues. While making emergency-medical decisions, emergency physicians might reach or even cross medico-legal boundaries. The purpose of emergency medicine is to detect life-threatening conditions, intervene effectively and prevent further severe health issues. In this context, the emergency physician is often confronted with questions regarding the initiation and termination of resuscitation measures; as well as the possibility of medical mishaps caused by resuscitation. Furthermore, certain patients request specific treatments or DNR's in writing Advance Health Care Directive (AHCD) which the patients or their relatives then present to the emergency physician. However, it seems rather problematic that emergency physicians have to examine if and to what extent the patients’ requests apply to the current (resuscitation) situation - and then to act accordingly. They are often caught in a conflict of duties and encounter medical, ethical, and medico-legal dilemmas by having to initiate resuscitation measures immediately, instead of basing their decision on reading, verifying and interpreting an AHCD. The emergency physician will always (have to) act upon the principle of ’in dubio pro vita’ or else the resuscitation will not be successful. Studying a patient's AHCD will prove too costly in a resuscitation situation. However, if the emergency physician did not initiate or terminated resuscitation measures, he/she subsequently has to determine and certify the patient's death. This can potentially lead to investigation proceedings regarding the cause of death; indication and reasons for the non-resuscitation or medical mishaps have to be ascertained in a medico-legal post-mortem examination and collected findings have to be evaluated. Ultimately, the emergency physician could commit a statutory violation against the state’s burial and post-mortem examination laws entailing fine proceedings. Therefore, legal medicine, as a mediator between medicine and law, can substantively contribute to medical malpractice research.