This dissertation investigates in how far modality preferential motoric regions of the brain contribute to and are necessary for the processing of word semantics. Whereas classical models on the neural substrates of language processing attribute semantics to be handled in encapsulated modules in an entirely amodal format in perisylvian regions, recent theoretical approaches assume the meaning of words to be represented in a distributed fashion, extending over classical perisylvian areas but also involving sensory and action systems of the brain, depending on exact word semantics. While in recent years plenty of evidence could be collected in favor of the latter perspective, criticism has been raised that much of these supporting data is merely of correlative nature, leaving the possibility that modality- preferential systems’ involvement in semantic processing occurs entirely in an epiphenomenal fashion. Furthermore, it has been questioned whether grounded approaches can also be applied for abstract words, which lack transparent sensory or motor referents, as the majority of previous evidence has been collected for words referring to concrete entities or actions exclusively. To tackle both issues, two studies are presented in which neurological patients with focal brain lesions were tested on recognition of words with concrete action related semantics (like ‘hammer’) or abstract emotion semantics (like ‘love’) via a speeded lexical decision task. Here, results indicate modality preferential action systems in the brain to indeed hold a causal and necessary role in processing of word semantics of concrete hand action related tool and abstract emotion nouns. Using functional magnetic imaging it was investigated in a passive reading paradigm, whether contributions of the motor system to processing of abstract semantics is found exclusively for concrete and abstract emotion words or whether they can also be observed for abstract “mental” words like ‘thought’ or ‘logic’ which do not hold emotional content. Here, results show that activation patterns of hand and face motor systems dissociate between and are informative for concrete, as well as for abstract emotional and abstract mental semantic classes. Given the results of all three studies it can be concluded that a role of motor systems in semantic processing is not restricted to concrete words but extends to at least some abstract mental symbols previously thought to be entirely “disembodied” and divorced from semantically related sensorimotor processing. Motor systems were shown to hold a necessary role for undisturbed processing of semantics of concrete action related-, but also for abstract emotion words. Results can therefore not be reconciled with the idea that sensorimotor systems are somehow peripheral or “epiphenomenal” to meaning and concept processing. In contrast, the current observations are in line with models that assume the neural substrates of word semantics to resemble cell assemblies distributed over multi-modal perisylvian and also extrasylvian modality preferential systems, with their exact structure being shaped by correlational, Hebbian learning mechanisms, according to specific word semantics.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit modalitätspezifische motorische Regionen des Gehirns an der Verarbeitung von Wortsemantik beteiligt und notwendig sind. Klassische Modelle der neuronalen Grundlagen von Sprache nehmen an, dass die Bedeutung von Wörtern in einem komplett amodalen Format vorliegt und in separaten, abgekapselten Modulen verarbeitet wird. Im Gegensatz dazu stehen neuere Theorien, die Wortsemantik in weit verzweigten Netzwerken repräsentiert sehen, die sowohl die klassischen perisylvischen Sprachareale umfassen, aber auch, in Abhängigkeit von der genauen Wortbedeutung, motorische und sensorische Areale des Gehirns mit einbeziehen. Zahlreiche Studien konnten in den letzten Jahren Hinweise für dieses Modell sammeln, allerdings wurde von manchen Autoren kritisiert, dass die Evidenz für eine Rolle sensorischer und motorischer Areale für semantische Verarbeitung in vielen Fällen lediglich korrelativer Natur ist und die Möglichkeit offen lässt, dass diese modalitäts-spezifischen Areale lediglich epiphänomenal involviert sind, ohne tatsächlich an den eigentlichen semantischen Verarbeitungsprozessen beteiligt zu sein. Da sich ein Großteil der bisherigen Studien zumeist nur mit der Rolle von sensomotorischen Arealen für die Bedeutungsverarbeitung von Wörtern mit konkreten, physischen oder handlungsbezogenen Referenten befasste, wurde zuletzt zusätzlich in Frage gestellt, ob eine Verankerung von Wortsemantik in basale sensorische oder motorische Areale auch für abstrakte Wörter zutreffend ist, da diese über keine offensichtlichen konkreten Referenten verfügen. Um beide Fragestellungen zu erörtern, wurden im Rahmen dieser Arbeit zwei Studien durchgeführt, in denen mittels einer beschleunigten lexikalischen Entscheidungsaufgabe die Wortverarbeitung von Wörtern mit konkreter, handlungsbezogener Bedeutung (wie zum Beispiel „Hammer“), oder abstrakt-emotionaler Semantik (wie „Liebe“) bei neurologischen Patienten mit fokalen Läsionen untersucht wurde. Die Ergebnisse beider Studien deuten darauf hin, dass modalitäts-spezifische motorische Areale sowohl für Wörter mit konkreter Semantik, als auch für abstrakte Emotionswörter notwendig sind und eine kausale Rolle in deren Verarbeitung spielen. Mit Hilfe eines passiven Leseparadigmas unter funktioneller Magnetresonanzbildgebung wurde in einer dritten Studie untersucht, ob motorische Areale lediglich für abstrakte Emotionswörter eine Rolle spielen, oder ob sie auch in die Verarbeitung von abstrakt-mentalen Begriffen, ohne emotionale Konnotation, wie „Logik“ oder „Gedanke“, involviert sind. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass neuronale Aktivierungsmuster innerhalb von Arm- und Gesichtsmotorarealen nicht nur für konkrete, sondern auch für abstrakt-emotionale und abstrakt-mentale Wörter unterscheidbar und aussagekräftig sind. Angesichts der Ergebnisse aller drei vorgestellten Studien lässt sich auf eine Rolle des motorischen Systems bei der Verarbeitung von Wörtern mit konkreter Semantik, aber auch zumindest einiger abstrakter Bedeutungsklassen schließen, die zuvor als komplett unabhängig von basalen sensorischen oder motorischen Informationen betrachtet wurden. Es konnte dabei gezeigt werden, dass diese motorischen Areale tatsächlich notwendig für die ungestörte Verarbeitung von Wörtern mit konkreter und abstrakt-emotionaler Bedeutung sind. Die aktuellen Ergebnisse sind daher nicht mit Modellen in Einklang zu bringen, die diesen modalitäts-spezifischen Arealen lediglich eine periphere und epiphänomenale Rolle in der Verarbeitung von Wortsemantik zuschreiben. Im Gegensatz dazu sind die aktuellen Ergebnisse im Sinne von Theorieansätzen interpretierbar, die Wortsemantik in neuronalen Netzwerken realisiert sehen, welche sich über multi-modale persisylvische, aber auch extrasylvische modalitätsspezifische Hirnareale erstrecken, wobei ihre genaue Struktur durch korrelative, der Hebbschen Lernregel folgenden Mechanismen geformt wird.