Das Protein 5'-Nukleotidase (5'-NT) aus Escherichia coli hydrolysiert eine große Anzahl verschiedener Nukleotide und Polynukleotide, wobei die Katalyse abhängig ist von zwei Metallionen im aktiven Zentrum. Das bakterielle Protein dient als Modellenzym zum einen, um den Mechanismus der Zweimetallionen- Katalyse von Phosphoestern zu untersuchen und zum anderen, um die Funktionsweise des humanen Homologs Ekto-5�-Nukleotidase (CD73) zu analysieren. Die hier vorgelegte Arbeit basiert auf den Röntgenstrukturanalysen der 5'-NT, die gezeigt haben, dass das Enzym in verschiedenen Konformationen kristallisiert. Die Konformationen unterscheiden sich hinsichtlich der Rotation der kleineren C-terminalen Domäne des Proteins relativ zur größeren N-terminalen Domäne. Die größte bislang beobachtete Rotation entspricht einer Drehung der C-terminalen Domäne um 96,7°. Die Domänenbewegung lässt sich als eine Gelenkbewegung beschreiben, bei der die Reste an der Domänengrenzfläche entlang der Grenzfläche gleiten und nicht - wie bei einer typischen Schließbewegung - sich von der Grenzfläche entfernen (offene Konformation) oder sich ihr nähern (geschlossene Konformation). Um die funktionelle Bedeutung von Proteinbewegungen nachzuweisen, werden häufig die beweglichen Proteinfragmente über Disulfidbrücken unter der Annahme quervernetzt, dass unter oxidierenden Bedingungen das Protein inaktiv ist, durch Reduktion der Cysteine das Protein aber aktiviert werden kann. In der vorliegenden Arbeit gelang es, ein solches System für die 5'-NT zu entwickeln und sowohl strukturell wie auch biochemisch zu analysieren. Die Cysteine, die die 5'-NT in einer offenen Konformation (Substratbindestelle weit ent-fernt vom aktiven Zentrum) fixieren sollten wurden an den Stellen Serin-228 und Prolin-513 eingeführt (Protein SP) und die Cysteine, die das Protein in einer geschlossenen Konformation (Substratbindestelle dicht bei dem aktiven Zentrum) fixieren sollten, wurden an den Stellen Prolin-90 und Leucin-424 eingeführt (Protein PL). Es gelang, die derart modifizierten Gene zu exprimieren, die Proteine zu isolieren und zu kristallisieren. Das PL-Protein kristallisierte in einer tetragonalen Kristallform, das SP-Protein kristallisierte in zwei verschiedenen Kristallformen: einer tetragonalen und einer monoklinen. Die Strukturbestimmung dieser Proteine zeigte, dass das Protein trotz der eingebauten Disulfidquervernetzung noch erstaunlich flexibel ist. So zeigt ein Vergleich der SP-Strukturen, dass sich die C-terminalen Domänen trotz der Domänenquervernetzung um eine Rotation von 11,5° unterscheiden. Die Struktur des PL-Enzyms unterscheidet sich um eine Drehung von 43° gegenüber der anvisierten geschlossenen Struktur. Mit Hilfe theoretischer Berechnungen und kinetischer Daten wird gezeigt, dass das PL-Enzym trotz der Disulfidbrücke um diese 43° rotieren kann. Die strukturelle Integrität des Proteins wurde durch die Einführung der Disulfidbrücken nicht angetastet. Dies konnte strukturell mittels Überlagerungen zu den Wildtyp-Strukturen, der Koordination von Metallionen im aktiven Zentrum, sowie durch den Vergleich der Rotationsachsen, die alle in der gleichen Ebene wie die der Wildtyp-Strukturen liegen, gezeigt werden. Obwohl die quervernetzten Proteine sich als äußerst beweglich herausstellten, sind sie dennoch in ihrer Rotationsfreiheit stark eingeschränkt und konnten für kinetische und spektroskopische Untersuchungen eingesetzt werden. Die kinetischen Untersuchungen ergaben, dass beide Enzyme sich durch Reduktion aktivieren ließen, wodurch bewiesen werden konnte, dass die Rotationsbewegung wichtiger Bestandteil des katalytischen Mechanismus ist. Desweiteren konnte gezeigt werden, dass die Roationsbewegung auch ursächlich ist für das Phänomen der Substratinhibierung, die für das Wildtyp-Protein charakteristisch ist. Durch Vergleichende CD-spektroskopische Messungen des Wildtyp-Proteins mit den quervernetzten Enzymvarianten konnten dem Wildtyp- Protein Konformationen in Lösung zugewiesen werden. Auf diese Weise konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass die 5'-NT in Lösung in einer offenen Konformation vorliegt. Desweiteren wurde beobachtet, dass sich die Konformation des Wildtyps ändert, wenn Metallionen und Inhibitor anwesend sind, nicht aber wenn nur der Inhibitor ohne Metallionen anwesend ist. Durch die Strukturbestimmung der disulfidverbrückten Proteine evaluiert diese Arbeit die Methode der Quervernetzung kritisch, indem sie auf die hohe Beweglichkeit der quervernetzten Proteine aufmerksam macht. Gleichzeitig gelang es jedoch, diese Enzymvarianten einzusetzen, um wichtige biochemische Erkenntnisse zu gewinnen. Ausschlaggebend für eine sinnvolle Interpretation der biochemischen Daten war die Kenntnis der Struktur der Enzyme.
The enzyme 5'-nucleotidase from E. coli hydrolyses phosphoester and phosphoanhydride bonds of various nucleotides. Four different crystal structures of the enzyme revealed that the two domains of the monomeric protein can assume different conformations with a maximum rotation of 96° of the C-terminal domain relative to the N-terminal domain. In this thesis the two domains of the proteins were cross-linked via two genetically introduced cysteine residues that form a disulfide bridge. To trap the protein in both an open and closed conformation two double mutants were created: Ser-228->Cys, Pro-513->Cys (open conformation, referred to as SP-protein) and Leu-424->Cys (closed conformation, referred to as PL-protein). The modified genes could be expressed and the proteins could be purified. The PL-protein crystallised in a tetragonal crystal form, whereas two different crystal forms (one tetragonal and one monoclinic) of the SP-protein were obtained. Structure analysis revealed that the cross-linked enzyme variants were still very flexible. This is apparent from a comparison of the molecules within the two structures of the SP-protein that differ by 11,5° from each other. Moreover, the structure of the PL-enzyme differs by a rotation of 43,2° from the targeted closed conformation. Both kinetic data and theoretical calculations demonstrate that the PL-protein can indeed rotate more than 40° despite the movement constraining disulfide bridge. Introducing the disulfide bridge into the protein did not compromise its structural integrity. This conclusion is drawn on basis of structural superpositions and analysis of the metal ion coordination in the active centre where no differences in the mutant strucutres as compared to the wild-type structures could be found. Furthermore, the interdomain screw axes between the engineered proteins and the wild type protein were all located approximately in the same plane as all screw axes relating the wild-type conformations indicating that the enzyme was trapped in a conformation that belongs to the rotational landscape of the wild-type protein. Although the mutant proteins were unexpectedly flexible they could be used for kinetic and spectroscopic analysis. Both enzymes could be kinetically activated upon reduction of the disulfide bridges, which proved that the domain rotation is in integral part of the cataly-tic functioning of the enzyme. Moreover, the data show that the substrate inhibtion observed in the wild-type protein is linked to the domain rotation of the enzyme. The cross-linked proteins were also used as conformational reference states in CD- spectroscopy. With the help of these reference states it was possible to assign the wild-type protein to an open conformation. Furthermore, a conformational change has been observed for the wild-type protein after adding both inhibitor and metal ions. Taken together this thesis gives a detailed exemplary structural description on engineered disulfide bridges in proteins and shows that biochemical analysis of the cross-linked proteins provides valuable information on the interplay between protein movement and catalytic functioning in E. coli 5'-nucleotidase. The structural information greatly facilitated the interpretation of the biochemical data.