Thrombozyten spielen die wichtigste Rolle beim Wundverschluss im Rahmen der primären Hämostase. Bei einer Verletzung des Blutgefäßes adhärieren sie an das Subendothel, bilden durch Aggregation einen Thrombus und führen so zum Verschluss des verletzten Gefäßes. Patienten mit einer Störung der primären Hämostase leiden häufig unter Petechien, Hämatomen, Epistaxis, Menorrhagien oder können durch Blutungskomplikationen bei chirurgischen Interventionen auffällig werden. Die Störung der primären Hämostase kann durch eine verminderte Thrombozytenzahl (Thrombozytopenie) oder durch einen Defekt der Thrombozytenfunktion (Thrombozytopathie) bedingt sein. In diesem Zusammenhang sind zahlreiche Krankheitsentitäten bekannt. Zur Abklärung einer gestörten primären Hämostase stehen verschiedene Diagnostikinstrumente zur Verfügung. Trotzdem ist der Anteil unklarer Blutungsdiathesen hoch. Neben dem klassischen Blutausstrich sowie der Bestimmung von Thrombozytenzahl und MPV, gilt die Aggregometrie und der PFA-100® als Goldstandard. Bei Patienten mit Thrombozytopenien, Kindern und Neugeborenen steht jedoch oft nicht genügend Material zur Verfügung um eine Aggregometrie durchzuführen. Für durchflusszytometrische Analysen wird nur wenig Blut benötigt, trotzdem nimmt diese Methode bisher in der Praxis einen untergeordneten Stellenwert ein. In der vorliegenden Arbeit sollten die Vorteile der Durchflusszytometrie genutzt werden und ein aus mehreren Modulen bestehender Diagnostikalgorithmus entwickelt werden. Hierzu wurden im Labor bereits vorhandene Protokolle für die basale Analyse der Thrombozytenfunktion im 2-Farben-System, auf ein modernes Multi-Farben-System umgestellt. Durch die simultane Messung von 4-Farben konnten im Basismodul die wichtigsten Rezeptordefekte, wie der Morbus Glanzmann (CD41a/CD61) und das Bernard-Soulier-Syndrom (CD42a/b), sowie häufige Storage-Pool-Defekte mit geringen Zeit- und Materialaufwand diagnostiziert werden. Außerdem wurden auch die bisher wenig untersuchten β1-Integrine (CD29/CD49b,e,f) im Basismodul betrachtet. Zur Stimulation der Thrombozyten wurden im Basismodul die Agonisten ADP und TRAP6 verwendet und die Reaktivität der Thrombozyten anhand der Aktivierungsmarker CD62P, CD63 und der Bindung von PAC-1 evaluiert. Für die erweiterte Diagnostik wurden die Analyse der Calciummobilisierung, zur Beurteilung der Funktionalität früher Signalwege wie z.B. die Signaltransduktion über Rezeptoren, sowie der Mepacrin-Assay, zur Beurteilung der δ-Granula, etabliert. Die Funktionalität der Methode wurde anhand von Gesundspendern, als auch anhand verschiedener Patienten mit Störungen der primären Hämostase evaluiert. Durch die Analyse der Gesundspender konnten vorläufige Normwerte gebildet werden. In den Patientengruppen konnten mit den Methoden bereits bekannte Thrombozytopathien bestätigt werden und neue Defekte nachgewiesen werden. Außerdem zeigte sich eine generelle Verminderung des Fibronektin- und Lamininrezeptors bei allen untersuchten Patienten mit Thrombozytopenie. Durch die Etablierung der durchflusszytometrischen Thrombozytenfunktionsanalyse im Multi-Farben-System ist es nun möglich, Blut von Patienten mit unklaren Blutungsdiathesen und Thrombozytopenien in einem standardisierten Rahmen zu analysieren. Das schnell und einfach durchzuführende Basismodul kann je nach Bedarf durch verschiedene Module ergänzt werden. In Zukunft soll so die Zahl der unklaren Blutungsdiathesen verringert werden. Weiterhin soll Patienten mit Thrombozytopenien und Neugeborenen eine hinreichende Diagnostik möglich gemacht werden, um auch hier schneller zu einer gesicherten Diagnose zu kommen.
Platelets are the main actors in primary hemostasis. In injured vessels, platelets adhere to newly exposed subendothelial matrix proteins and form wound sealing aggregates. Patients with defects in primary hemostasis suffer from petechia, hematoma, epistaxis, menorrhagia or show overall prolonged bleeding tendencies especially after surgery. These defects are typically caused by reduced platelet numbers (thrombocytopenia) or platelet function defects (thrombocytopathy). In this context many etiologies are known and the availability of several distinct diagnostic tools help to find the underlying cause of disease. However, patients often present with an unclear bleeding diathesis. Gold standard in diagnostics are among blood smear analysis and platelet number determination the measurement of the mean platelet volume (MPV), aggregometry and platelet function tests like PFA-100®. In case of thrombocytopenic patients, infants and neonates material is too limited to perform aggregometry. Flow cytometry, in contrast, requires only small amounts of blood, but this method still plays a secondary role. In this thesis the advantages of multi-color flow cytometry have been exploited to develop a multiple module diagnostic algorithm for thrombocytopenia and thrombocytopathy. Due to the simultaneous measurement of four fluorophores in the basic module we are able to evaluate the most significant platelet defects like Morbus Glanzmann (CD41a/CD61), Bernard-Soulier-Syndrom (CD42a/b) and frequent Storage Pool Diseases in a material and time-saving manner. Additionally, less well characterized β1-integrins (CD29/ CD49b, e, f) were analyzed. Platelet reactivity was measured in response to agonists ADP and TRAP6 by neo-expression of activation markers CD62P, CD63 and binding of PAC-1 antibody to the high affinity fibrinogen receptor. For advanced diagnostics several additional modules were implemented: (i) early signal transduction by analysis of intracellular calcium concentration, (ii) a time-resolved mepacrine assay for the evaluation of δ-granules release and (iii) a module to measure additional agonists like U46619 or collagen. The methods was validated by analysis of blood withdrawn from healthy controls and patients with known defects of primary hemostasis. Preliminary standard values for all parameters were determined by analysis of blood withdrawn from healthy donors. Both already or newly diagnosed defects were examined and confirmed by multi-color- analysis. Unexpectedly, a general reduction of fibronectin- and laminin receptors in nearly all thrombocytopenic patients was found. By establishing the multi-color-flow-cytometry-analysis for platelet function tests we are now able to analyze minimal amounts of blood from patients suffering from bleeding diathesis and thrombocytopenia in a standardized manner. If needed the fast and easy basic module can be combined with the advanced modules. We hope that the number of patients with unclear bleeding diathesis can be reduced to some extent in the foreseeable future by this approach.