Die europäische Integration ist nicht mehr allein ein politischer, sondern der Intention nach zunehmend auch ein gesellschaftlicher Prozess. Dies setzt die Frage nach einer europäischen Gesellschaft und einem europäischen Handlungsraum auf die wissenschaftliche Agenda. Die Intensität von Handlungsverflechtungen müsste sich auch in der Nachrichtenberichterstattung, insbesondere der Lokalberichterstattung spiegeln, denn Lokalnachrichten werden vor allem aufgrund von Relevanz (also auch Handlungsrelevanz) und Nähe ausgewählt. Der Artikel untersucht nun, in welchem Maße die Staatsgrenze Einfluss hat auf die Lokalberichterstattung von deutschen Zeitungen, die grenznah erscheinen. Dabei zeigt sich, dass Ereignisse aus dem angrenzenden Ausland mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit berichtet werden als Ereignisse im Inland. Dieser Befund gilt für alle deutschen Nachbarländer. Um die Stärke des Einflusses zu den unterschiedlichen Nachbarländern zu erklären, kommen drei Faktoren in Frage: die Intensität der Wirtschaftsverflechtung, die Dauer der EU-Mitgliedschaft und damit der Offenheit der Grenze und schließlich die Sprachdifferenz. Die Intensität der Wirtschaftsverflechtung und die Dauer der EU-Mitgliedschaft können die unterschiedliche Intensität der Auslandsberichterstattung jeweils nicht erklären. Dagegen gibt es einen Zusammenhang mit der Sprache: Je mehr Deutsche die Sprache des Nachbarlandes sprechen, desto intensiver ist auch die Lokalauslandsberichterstattung aus dem betreffenden Land. Die Integration der Menschen Europas über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg scheint demnach nicht allein von rechtlichen Hürden, sondern in starkem Maße von Sprache und kultureller Ähnlichkeit abzuhängen.